Reisen, Kochen, Lesen - alles dabei
Der Hunger, endlich wieder in die Ferne zu reisen, war groß. Zwei Jahre hielten viele Länder auf meiner Reiseliste ihre Grenzen geschlossen und ich konnte mich nur zuhause in der eigenen Küche kulinarisch austoben. Doch dann, Anfang des Jahres, begannen die ersten wieder den Tourismus hochzufahren. Ich war bereit. Bereit, endlich wieder in fremde Kulturkreise einzutauchen, mich inspirieren zu lassen und in möglichst jeden Kochtopf zu schauen. Acht Länder sind es in diesem Jahr geworden. Nah und fern. Freunde, die zum Essen kamen, schauten mit wachsendem Staunen auf den unaufhörlich wachsenden Berg an Kochbüchern in meinen Regalen. „Willst du nicht langsam mal wieder aussortieren?“ fragten sie. Wollen schon, aber ich kann nicht. Wegen vielleicht ein oder zwei toller Rezepte kann ich mich nicht von einem Buch trennen. Trotzdem – nicht alle Neuanschaffungen in diesem Jahr verdienen es, erwähnt zu werden. Die besten aber schon. Und darunter ist auch ein ganz fantastisches Buch, das eigentlich in der Rubrik „Belletristik“ angesiedelt ist, worin jedoch mein neues Lieblingsgericht beschrieben wird, welches ich nie wieder missen möchte. Aber eins nach dem anderen.
Reisen
März: Island
Bei uns zeigten sich schon die ersten zarten Knospen an den Bäumen. In Island schneite und regnete es und die eindrucksvolle Landschaft hüllte sich in dichten Nebel. Warum es trotzdem unglaublich faszinierend war und was ich dort kulinarisch entdecken durfte, gibt es hier zum Nachlesen.
Eis, Schnee, Brot und Fisch – Momentaufnahmen und kulinarische Tipps aus Island
DILL – Islands einziger Michelin-Stern und die beste Beurre Blanc zu arktischem Seesaibling
März: New York
Big Apple – endlich sahen wir uns wieder. Die Frühlingssonne wärmte bereits und auf dem Plan standen ganz viele Restaurants, vorzugsweise chinesische, japanische und koreanische. Ich staunte nicht schlecht über die Preise, war die Stadt doch noch teurer, als sie es ohnehin schon war. Viele mussten in der Pandemie aufgeben. Und obwohl ich die Stadt, in der ich vor vielen Jahren einmal zwei Jahre lang gelebt habe, so gut kenne, wie kaum eine andere, gab es Neues zu entdecken. Ganz besonders da, wo ich bisher kaum gewesen war.
New York – was sich nach der Pandemie verändert hat und warum ich die Stadt trotzdem liebe
April: Albanien
Ausschlag für diese Reise war ein Kochbuch. Das Kochbuch von Bledar Kola aus dem Mullixhiu in Tirana. Er kochte einige Zeit im Noma in Kopenhagen und dann zog es ihn zurück in die Heimat. Ich durfte diesen wunderbaren Menschen kennenlernen, der sich so sehr den Menschen in seinem Land verpflichtet fühlt, dass es nicht nur selbstverständlich ist, seine lokalen (Klein)Produzenten zu unterstützen und sein Team in Zeiten der Pandemie nicht nach Hause zu schicken, sondern der auch unentgeltlich für Erdbebenopfer kocht wofür er mit dem höchsten albanischen Orden ausgezeichnet wurde. Außerdem habe ich ein ganz großartiges Agritourismo im Norden des Landes kennenlernen dürfen.
Mullixhiu, Tirana – ein Tag mit zwei albanischen Ikonen: Tefta Pajenga und Bledar Kola
Mai: Guernsey
Wanderungen entlang der Klippen, magisch schöne Strände und blühende Landschaften – so zeigten sich die Inseln Guernsey, Herm und Alderney. Kaum einer hat diese wundervollen Inseln auf seinem Radar und insgeheim – das gebe ich gern zu – wünsche ich mir auch ein bisschen, dass es so bleibt, denn diese Naturparadiese mit ihrer goldgelben Butter verdienen es, genauso überschaubar zu bleiben, wie sie sind. Trotzdem – man muss sie erlebt haben.
Traumziel Kanalinseln – Guernseys goldene Butter und warum die Insel ein Paradies für Gourmets ist
Traumziel Kanalinseln – Guernseys goldene Butter und warum die Insel ein Paradies für Gourmets ist
Juni: Devon, GB
Der große Fermentations-Guru Sandor Katz hält einen Kurs im River Cottage. Das durfte ich mir nicht entgehen lassen. Untergebracht in einem kleinen Guesthouse über einer Bäckerei (Entdeckung – die Briten können das mit dem guten Brot mittlerweile ganz fantastisch) habe ich eine Woche lang nicht nur fermentiert, sondern auch auf spektakulären Landsitzen und in großartigen Pubs gegessen, habe mich in Cider verliebt und die Schönheit von Devon entdeckt. Das Wetter war grandios.
Ein Tag im River Cottage mit zwei Meistern der Fermentation (Sandor Katz und Rachel de Thample)
Bezauberndes, köstliches Devon – luxuriöse Landsitze, große Küche und bestes Pub-Food
Oktober: Aserbaidschan
Seit Jahren steht die Kaukasusregion auf meiner Wunschliste ganz oben. Dann hatte ich zu Beginn des Sommers noch eine Flasche Wein aus Aserbaidschan bekommen, deren Inhalt mich absolut überzeugte und ein Besuch nahm konkrete Formen an. Ich erlebte ein aufregendes Land zwischen Moderne und Tradition, so manches Mal ein bisschen schräg und überraschend, doch ich verliebte mich in den großen Markt und habe den ersten Schnee in den Bergen erlebt.
Die Faszination von Aserbaidschans Hauptstadt Baku – und meine kulinarischen Tipps
Aserbaidschan – auf dem großen Markt in Baku
Aserbaidschan, Shamakhi – eine andere Welt hinter Baku
November: Korea
Noch habe ich gar nicht alle Eindrücke dieser Reise auf meinem Blog verarbeitet. Ich besuchte Seoul, wo ich endlich all jene Restaurants besuchen sollte, für die beim ersten Besuch 2016 keine Zeit mehr war und ich tauchte ein in die Foodmärkte der Stadt. Mit dem Bus ging es weiter aufs Land nach Cheongjiu, wo ich meine koreanischen Freunde besuchte. Als ich 2016 zur Recherche zu meinem Buch „MISO“ unterwegs war durfte ich die Daenjang (koreanisches Miso) Produktion von Haisoon Park kennenlernen. Der Kontakt blieb erhalten und es war wundervoll, sie und ihre Familie wieder zu sehen. Und ich habe endlich auch kapiert, warum die beim Essen immer wieder nachbestellt haben – ich hielt es für anständig, meinen Teller leer zu essen. Für sie war es die Aufforderung, nochmal nachzubestellen. Ich platzte fast und sie es meinten ja nur gut mit mir. Die Lektion habe ich jetzt gelernt.
Dezember: Kambodscha
Als ich auf Instagram und Facebook die ersten Bilder von Angkor Wat postete, fragte mich eine Bloggerkollegin ob ich einfach nur geschickt fotografieren könne, oder ob es wirklich so leer dort war. Es war so leer. Wo sich früher Menschenmassen durch die alten Tempel drängten, war es jetzt besuchermäßig sehr überschaubar. Über den wunderbaren Markt in Phnom Penh, die Pfefferplantagen im Kampot und Siem Reaps Highlights werde ich noch berichten. Und dann gibt es auch ein paar tolle Tipps.
Bücher
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Butter
Nicht erst seit Haruki Murakami hege ich eine große Liebe zu japanischer Literatur. Der Roman von Asako Yusuki ist nicht nur ein sprachliches Highlight, es geht darin um eine Reporterin, welche so gar keinen Bezug zu Kulinarik hat, jedoch eine Geschichte über eine Gefangene schreibt, die ihre Liebhaber umgebracht haben soll und darüber hinaus eine begnadete Köchin ist. Diese gibt ihr den Tipp doch mal frisch gekochten Reis mit Butter und Soja Sauce zu essen. Nicht nur die Protagonistin des Romans hat sich in dieses simple Gericht verliebt. Ich ebenfalls.
Butter – a Celebration!
Eine Hymne an das Kochen mit Butter von Olivia Potts. Derzeit gibt es das Buch nur in der englischen Originalfassung, doch schließlich geht es hier um Rezepte. Butter spielte in diesem Jahr gleich mehrfach eine wichtige Rolle. Als goldene Guernsey Butter, als Roman und nun eben in diesem Kochbuch. Im kommenden Jahr soll es wohl in übersetzter Auflage hier erscheinen.
Mushrooms
Martin Nordin ist freier Foodjournalist, Berater und Foodstylist in Malmö und vermutlich wird diese kurze Beschreibung seinem Können nicht gerecht. Er hat in diesem Jahr ein wirklich überragend schönes Buch mit Pilzrezepten herausgebracht. Wunderschön fotografiert und oftmals sind seine Rezepte asiatisch inspiriert. Dabei legt er den Fokus aber nicht auf Pilze aus dem Wald, sondern vorrangig auf Zuchtpilze, also Champignons, Shiitake, Kräutersaitlinge und Co. Das Buch ist ausgesprochen günstig (ca. 15 €) und jeden Cent wert. Wer jedoch die deutsche Übersetzung möchte, muss ein bisschen tiefer in die Tasche greifen. Es ist unter dem Titel „aus dem Wald“ auf Deutsch erschienen. Warum der Verlag das so genannt hat, ist mir schleierhaft, geht es doch um all jene Pilze, welche noch nie den Waldboden gesehen haben.
Gastro Obscura – Entdeckungsreisen zu den kulinarischen Wundern der Welt
Von allen sieben Kontinenten haben Cecily Wong und Dylan Thuras kulinarische Entdeckungen mitgebracht. Ein herrlicher Schmöker, der gerade für kulinarisch interessierte Menschen aufregende Entdeckungen bietet. Habt ihr gewusst, dass es in der Türkei einen besonderen (psychoaktiven) Honig „Deli Bal“ gibt, dessen Bienen sich von Rhododendronblüten ernährt haben oder was es mit Seepfirsichen in Alaska auf sich hat? Wo die beste Aalräucherei in New York zu finden ist und wann man in China das Fest der Doppeldotter feiert? Nach diesem Buch seid ihr schlauer. Unbedingte Empfehlung!
Alles außer Sushi, Tohru Nakamura
Für mein erstes Buch „MISO“ spendierte Tohru mir zwei Rezepte und so war ich mehr als gespannt auf sein erstes Buch. Und es hielt, was ich mir erhofft hatte. Seine unglaubliche Fähigkeit, die japanische Küche mit europäischen Einflüssen zu verschmelzen, beschert uns eine Reise in ganz wunderbare neue Dimensionen. Ein bisschen Sterneküche, eine Prise Neugier und ganz viel Umami. Wer den Miso-Flammkuchen daraus probiert, versteht, was ich meine.
Küchen
Ukrainisch kochen
Als zu Beginn des Jahres das Unfassbare passierte und Russland die Ukraine mit einem brutalen Angriffskrieg überzog, der bis heute andauert, blieb mein Blick an meinem Kochbuchregal hängen. Olia Hercules, Ukrainerin, hat eines der bezauberndsten Kochbücher „Summer Kitchen“ über die ukrainische Küche geschrieben. Sie lebt in London und organisiert viele Projekte, um ihre Landsleute in der Heimat zu unterstützen und so war es mir ein Verlangen, auf sie aufmerksam zu machen und mich der osteuropäischen Küche zuzuwenden.
Gefüllte ukrainische Kartoffelplätzchen „Draniki“ mit Knoblauch Joghurt
Köstliches aus der Ukraine Pilzbrühe mit Graupen, Wurzelgemüse und sauren Gurken
Eisgekühlte Sommersuppe mit Rote Bete, Joghurt und Kräutern
Khmer Küche
Was ging mir durch den Kopf beim Essen in Kambodscha? Das erste Wort, welches mir dazu einfiel war „liebevoll“. Nicht so scharf wie in Thailand. Rund und ausgewogen. Ich habe mich in Fisch Amok und Khmer Curry verliebt. Letzteres habe ich bereits einmal für meine Gäste gekocht. Sie waren begeistert.
Bald kommt es auf den Blog. Das Rezept dafür ist von einer kambodschanischen Köchin.
Wofür ich dankbar bin in diesem Jahr
Am allermeisten freue ich mich, dass meine Familie die Pandemiezeit gut überstanden hat. Dafür allein könnte ich in jedem Tempel aus Dankbarkeit sämtliche Räucherstäbchen abbrennen, so glücklich macht mich das. Ich bin dankbar, dass ich in diesem Jahr so viele neue Entdeckungen machen durfte, allein 4 neue Länder kennengelernt habe und, dass ich die Reisen auch gut überstanden habe (wenn man davon absieht, dass ich in Phnom Penh voll im Schlamm nach einem Regen ausgerutscht bin). Ich habe versucht so viel zu geben, dort wo es gebraucht wird. Hab einen der unterbeschäftigten Reiseführer (davon gibt es etwa 5000 in Siam Reap) für zwei volle Tage gebucht, hab Taschen aus Frauenprojekten (women in crisis) gekauft, ordentlich Trinkgeld gegeben und für diverse Projekte in der Ukraine gespendet. Morgen wird mein Blog ganze 12 Jahre alt. Die Leidenschaft dafür ist ungebrochen und ich freue mich schon auf das neue Jahr, wo es am 9. Januar mit einer Reise nach Spanien weitergeht. Ich bin euch dankbar fürs Mitlesen, Nachkochen und Kommentieren. Ihr, meine lieben Leser, seid mein Miso, meine Nussbutter, mein Steinpilzpulver und meine Shoyu – einfach alles, was mein kulinarisches Leben spannend macht – und dafür danke ich euch von Herzen.
Ich wünsche euch das allerbeste für das kommende Jahr. Möge es ein Füllhorn neuer kulinarischer Entdeckungen und glücklichen Momenten sein.
Eure Claudia
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