Woher kommt der Name Baku? Was bedeutet er, will ich wissen. Darüber gibt es mehrere Theorien. Die eine besagt, dass der Name von dem persischen Wort Bādkube (بادکوبه ) abgeleitet wurde, was so viel wie „Stadt der Winde“ heißt. Passenderweise weht auch gleich am ersten Tag ein kräftiger Wind. Hier, am westlichen Ufer des Kaspischen Meers, ist es Ende Oktober noch angenehm warm und selbst als die Wettervorhersage Regen ansagte, schien doch während der gesamten Reise jeden Tag die Sonne. Baku hat viele Gesichter, es ist protzig modern mit seinen außergewöhnlichen Bauten aber still und bescheiden in seinen kleinen Gassen der Altstadt. Es ist westlich mondän entlang der Promenade und doch auch orientalisch. Die Küche ist eine Mischung aus persischen, georgischen und armenischen Einflüssen, so manches, was man aus der türkischen Küche schätzt, begegnet einem in der einen oder anderen Form wieder und doch ist die Küche eigenständig, vielseitig, etwas fleischlastig aber auch mit herrlichen Gemüsen und vor allem Reis. Der Joghurt hier ist eine ganz eigene Welt und das Angebot reicht von traditioneller Küche bis zu aufregenden Neuinterpretationen und Fusionküche.
Aserbaidschan ist ein Land mit einem modernen, weltoffenen und säkularen Gesicht, wo jedoch noch immer alte Traditionen gelebt werden und eine Ehe damit beschlossen wird, dass der Vater der Braut dem angehenden Bräutigam zu seinem Tee Zucker anbietet oder nicht. Kein Zucker heißt Nein. Man ist stolz auf das Brot, das traditionell immer noch in Tandir-Öfen gebacken wird und wer einmal den frisch gepressten Granatapfelsaft gekostet hat, kommt davon nicht mehr los. Ich vermisse ihn schrecklich.
die Altstadt
Der alte Kern innerhalb der Stadtmauern, das sind blitzsaubere Gässchen, Souvenirläden, wo man ausladende Fellmützen kaufen kann (ja, ich gebe zu, ich hatte einen kurzen „Kaufen“-Impuls, der zum Glück vorbeiging), Restaurants aber auch ein Palast und alte Hamams, prächtige Palais, die in Hotels umgewandelt wurden oder alte Karawansereien. Dazwischen immer wieder Cafés, wo Menschen in der Sonne sitzen und einen Tee trinken. So sehr dies auch der vermeintliche Hotspot für Touristen aus aller Welt zu sein scheint, man geht damit gelassen um und man trifft auf der Straße sowohl windige Teppichhändler wie auch Angestellte aus den Restaurantküchen, die einfach mal in Ruhe eine Zigarette rauchen wollen. Junge Frauen leben hier ihren Traum eines Influencer-Lebens und so wird überall fotografiert und posiert. Das Licht hier ist wunderbar.
ein Hauch von Paris
Das Öl war es, was der Stadt ihren märchenhaften Aufschwung bescherte. Die Ölbarone konnten sich nicht einigen, ob es nun Wien, Paris oder Berlin sein sollte, dessen Architektur hier das Stadtbild außerhalb der Stadtmauern prägen sollte. Es ist ein bisschen von allem. Aber vor allem Jugendstil. In jeder Ecke, trifft man auf eine andere Welt. Unser Guide berichtet von herzzerreißenden Liebesgeschichten der ehemaligen Bewohner dieser prächtigen Stadtpalais und auch von dem abrupten Ende dieser Ära, als die Sowjets die High Society einfach enteigneten, um der Stadt ihren sozialistischen Stempel aufzudrücken.
Faig Ahmed – Kunst, Teppiche und Mathematik
Faig Ahmed ist ein zurückhaltender Mensch, keiner, der sich ins Rampenlicht drängt und das obwohl er einer der gefeiertsten Teppichkünstler der Welt ist. Er präsentierte seine Teppiche schon auf der Biennale in Venedig und in vielen Ländern. Ständig ist er unterwegs. Ich habe Glück, ich darf ihn in seinem kleinen Atelier in Baku besuchen. Hier stehen die Webstühle auf denen seine Kunstwerke entstehen. Teppichkunst heißt für ihn, die Tradition zu sprengen, er will 3D Elemente in die Teppiche einbauen, ebenso wie kontemporären Stil in traditionelle Muster. Wenn er spricht, redet er am liebsten über Wissenschaft, Mathematik und die Quantentheorie. Er ist sowohl Rechts- wie Linkshänder und hat ein Faible für Computerwissenschaft wie auch für die Bilder von Escher. Es ist keine leichte Kost, seinen Ausführungen zu Heisenberg zu folgen und doch muss ich immerfort an ein Buch denken, das ich in den Achtzigern gelesen habe (und nur teilweise verstanden) „Gödel, Escher, Bach – die endlose Schleife“. Dabei geht es um Axiome aus der Mathematik, die verschachtelten Bilder Eschers und die Musik von Bach, die sich mathematisch darstellen lässt. Faig Ahmed wäre sicherlich begeistert von diesem Buch. Während ich ihm zuhöre, knabbere ich Granatapfelkerne. Ich hätte gerne einen Teppich von ihm. Vermutlich ist so einer unbezahlbar.
Tea Time vor dem Palast
Es scheint die Sonne noch so schön und meine Füße brauchen eine Pause. Das ist der perfekte Moment für einen Tee. Tee ist aus Aserbaidschan nicht wegzudenken. Er wird nicht nur dort angebaut, er ist vor allem Ausdruck der Gastfreundlichkeit. Gäste werden mit Tee begrüßt, den man hier mit Marmelade serviert. Ja, richtig gelesen. Zum Tee gibt es immer Marmelade. Die kann man einfach so dazu essen oder man gibt sie gleich in den Tee. Ich trinke einen aromatischen Schwarztee mit Maulbeermarmelade. Das ist grandios und ich danke dem Himmel, dass eine große Kanne vor mir steht. Das werde ich auf jeden Fall zuhause weiterpraktizieren.
Architektur
Elchin T. Aliyev ist einer der beteiligten Architekten eines der bedeutendsten Gebäude nach einem Entwurf der Stararchitektin Zaha Hadid – dem Kulturzentrum Heydar Aliyev und er erzählt gerne von diesem Gebäude. Eingebettet in die wenig sinnliche monumentalistische Architektur der Sovjet-Ära, besticht dieses Gebäude durch seine Fluidität. Hier gibt es keine geraden Winkel. Es erinnert an einen Windkanal, wie auch an ein utopisches aus Lava geformtes Gebirge mit Tälern und Höhen.
Ebenfalls ein Wahrzeichen und dominierend für das Bild der Stadt sind die Flame Towers, die nachts hell erleuchtet sind. Irgendwie sind sie immer im Bild. Sie sind omnipräsent.
Natürlich gibt es noch viele andere Gebäude, die durch eine außergewöhnliche Architektur bestechen, oft stehen sie direkt nebeneinander, passen zusammen oder auch nicht, aber sind immer ganz besonders.
Grandiose Restaurants (mit aserbaidschanischer Küche)
Essen! Endlich. So viel habe ich bereits über die Stadt geschrieben, doch noch kein Wort über die Küche. Dabei ist die Küche allgegenwärtig. Essen und Essengehen scheint die liebste Beschäftigung der Azerbaijani zu sein. Und das ist keine stille Angelegenheit. In Baku ist Essen immer ein bisschen wie ein Fest. Es spielt Musik, gerne auch live und noch lieber etwas laut. Das soll jetzt aber nicht abschrecken. Das gehört einfach dazu. Die Küche ist ein fantastisches Potpourri aus Orient, Kaukasus und Asien. Frische Kräuter sind ebenso unverzichtbar, wie Eingemachtes, das immer zum Auftakt eines Menüs serviert wird. Joghurt ist hier nicht einfach Joghurt, es gibt dünnen, wässrigen Joghurt und alles dazwischen bis zu einem fetten cremigen Joghurt und nein, mit Saurer Sahne hat das rein gar nichts zu tun. Auch nicht mit Crème fraïche. Auch hier kommt der Joghurt von Kühen und trotzdem schmeckt er ganz anders als bei uns. Gegrilltem Gemüse, allem voran die Aubergine, gilt eine besondere Aufmerksamkeit. Aubergine ist in unendlich vielen Formen in der Küche präsent. Als Salat, gegrillt, cremig zermanscht und herrlich gewürzt oder gebacken oder mit Fleisch geschmort. Quitten liebt man hier ebenso wie Sauerkraut, das man mit Roter Bete, Minze und Kümmel würzt. Ein beliebtes „Streetfood“ sind Qutab (Kutaby) – hauchdünne Weizenfladen mit Spinat oder Fleisch gefüllt und mit Sumach bestreut. Überhaupt ist Sumach (Essigbeere) eines der wichtigsten Gewürze des Landes neben Safran.
Kein Menü ist jedoch komplett ohne eins der vielen Pilaf (Reis) Gerichte. Das herausragendste Reisgericht ist Shah Pilaf (Shakh plov), wo Reis in hauchdünnen Teigfladen (Lavash) mit getrockneten Früchten, Safran und Kastanien gebacken wird. Am Tisch wird das Öffnen des Reis-Kokons kunstvoll zelebriert. Obwohl es viel Weizen gibt, der für Teige verwendet wird, gibt es erstaunlich wenig Nudeln in der aserbaidschanischen Küche. Dafür umso mehr Fleisch, besonders Lamm, Hammel und Rindfleisch. Auch Omeletts mit Tomaten oder vielen Kräutern sind besonders beliebt. Es fällt mir nicht leicht zu bestimmen, was von all den köstlichen Gerichten mir nun am besten geschmeckt hat. Vielleicht die würzige Joghurtsuppe (Dovga) mit Dill und Koriander, oder die Lammleber mit Quitten, mit dabei sind auf jeden Fall auch die vielen Pickles. Bei den Reisgerichten hätte ich mir manchmal ein bisschen mehr Sauce gewünscht. Und dann gibt es natürlich noch Dolma, die gefüllten Weinblätter, die hier eher eine Kugelform haben. Wir kennen sie aus der griechischen und türkischen Küche. Hier sind sie ein bisschen anders gewürzt.
Art Club Restaurant
(viele vegetarische, teils auch vegane Optionen. Moderne, aserbaidschanische Küche)
11 Asaf Zeynally street, Icherisheher, Baku 1001, Aserbaidschan
artclub.az
The Cheese
(modern, Lounge-Atmosphäre, westliche Küche von exzellentem Niveau)
5B, Heydər Əliyev pr. 5A, Baku 1033, Aserbaidschan
www.the-cheese.club
Chayki Restaurant
(aserbaidschanische Küche) unbedingt gegrillte Auberginen und Lammkoteletts probieren
Neftçilər prosp. 24/1 AZ1000 Baku, Aserbaidschan
ginza.ru/baku/restaurant/chaykirestaurant
Mugam Club
in einer alten Karawanserei (tolles Ambiente, aserbaidschanische Küche)
Haqiqat Rzayeva str.9, Baku, Azerbaijan
facebook.com/mugamclub
Sizvansah
(Museum & Restaurant) von außen eher unscheinbar aber von innen ein Erlebnis
Salatin Asgerova, 86, Baku Azerbaijan
facebook.com/shirvanshahmuzeyrestoran
Jazz
Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) und dem Tod Josef Stalins (1953) war Jazz in Aserbaidschan verboten. Doch irgendwie schaffte er es trotzdem in einer ganz eigenen Form internationale Aufmerksamkeit zu bekommen. Einer dieser herausragenden Jazzpianisten war Vagif Mustafazadeh. Er verband Mugam – aserbaidschanische Volksmusik – mit Elementen und Rhythmik des Jazz und schuf somit Mugam Jazz. Seine Tochter Aziza trat in seine Fußstapfen und ist heute eine der bedeutendsten Jazzpianistinnen. Ihre Musik begleitet mich schon seit vielen Jahren. Ich habe sie zweimal in Deutschland live erleben dürfen. Und nun auch ein drittes Mal in Baku. Es war atemberaubend. Spannend auch zu sehen, dass Jazz in Aserbaidschan nicht so „verkopft“ ist wie bei uns. Dort scheint jeder Jazz gut zu finden und die Stimmung im ausverkauften Konzertsaal war fast schon ein bisschen ausgelassen. Zu spät kommen ist dort übrigens überhaupt kein Problem, auch rumlaufen und der Künstlerin zwischendurch Blumen auf die Bühne legen nicht.
Übernachten
sämtliche internationale Ketten wie Marriott, Hyatt, Fairmont & Co. sind hier vertreten. Persönlich würde ich mich jedoch für eines der Boutique Hotels z.B. Art Club entscheiden.
Im nächsten Bericht geht es raus aus Baku entlang der alten Seidenstraße. Und es gibt endlich auch Wein!
Offenlegung: Die Reise wurde unterstützt vom Azerbaijan Tourism Board. Danke für die unglaubliche Gastfreundschaft.
die Bilder wecken mein Interesse an Land, Kultur und Küche.
Ich glaube Asebaidschan wäre wohl eine Reise wert
Das freut mich, liebe Renate.
Aserbaidschan ist einfach total vielfältig und das hat mir besonders gefallen.
Ich würde auch gern noch mehr davon kennenlernen.