26. August 2022

Bezauberndes, köstliches Devon – luxuriöse Landsitze, große Küche und bestes Pub-Food

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Devon – das ist Dartmoor, Küste, manchmal ein bisschen verwunschene Natur, beeindruckende alte Gemäuer und das Ganze beginnt mit der Erkenntnis, dass ich zwar schon oft in den verschiedenen Ländern Linksverkehr ausgesetzt war, jedoch noch nie in einem Auto, das man auch mit der linken Hand schalten muss. Vermutlich zweifelte der junge Mann bei der Autovermietung an meiner Fahrkompetenz, als ich ihn fragte, ob Kupplung und Bremse ebenfalls unterschiedlich angeordnet sind. Nachdem das geklärt war, konnte das Abenteuer beginnen. Vier Tage lang wollte ich Devon entdecken. Warum ich das mache? Weil ich mich für einen Kurs im River Cottage angemeldet habe. Der Farm von Hugh Fearnley Whittingstall, bekannter Fernsehkoch, ganz besonders in Großbritannien. Und weil man ja nicht nur eben mal so nach Bristol oder Exeter fliegt nur um einen Kochkurs zu besuchen, war dies die perfekte Gelegenheit, die wunderschöne Landschaft und die Küche der Grafschaft Devon zu entdecken. Sofern ich das mit dem Linksfahren und Linksschalten auf die Reihe kriegen sollte. Hätte ich ja auch früher draufkommen können, dass das eventuell nicht so easy wird. Auf nach Colyton also, meiner Ausgangsbasis für die nächsten Tage.

Bear & Bread Bakery

Radar Love, der Rock-Klassiker von Golden Earring tönt aus den Lautsprechern in der kleinen Bäckerei. Radar heißt der auch der Hund von Sharon und Colin. Die beiden betreiben die Bäckerei und deshalb heißt ihr Hund auch wie ihr Lieblingssong. Beide wirken ein bisschen wie Hippies, doch vermutlich waren sie noch im Kindergarten, als Golden Earring 1973 mit dem Song die Charts stürmte. Colin ist ein Sauerteig-Fan und ich habe noch nie in England so fantastisches Brot gegessen, wie in dieser Bäckerei, die eben auch zwei kleine Zimmer vermietet. Morgens wache ich auf und es riecht nach frischem Brot. Unten in der Bäckerei Sharon macht mir einen wunderbaren Cappucino, während Colin ein bisschen traurig ist, dass er mir kein full-english-Breakfast machen darf. Ich habe leider nicht so viel Hunger am Morgen. Aber die tollen Würste vom großartigen Metzger müsse ich doch unbedingt probieren. Und die Eier habe er heute Morgen frisch vom Bauern bekommen. Also gut. Ein Rührei und ein Würstchen. Die beiden sind allerliebst. Colin ist Koch und kennt sich gut aus. Von ihm bekomme ich die besten Tipps. Und ein Scone mit Cranberries als Snack für unterwegs.

thecolytonbear.uk

Fish’n Chips in Colyton

An meinem ersten Abend, nach einer etwas nervenaufreibenden Fahrt mit meinem neuen Mietwagen, will ich auf dem kurzen Weg was zu essen. Ich habe keine hohen Erwartungen. „Das King Fisher Pub nebenan ist sehr gut“, meinen meine Vermieter. Der Besitzer bekommt jeden Tag frischen Fisch und hinter dem Haus gibt es einen schönen Garten. Schnell wird klar, dass ich mir meinen Cider an der Bar abholen muss. Das ist hier ganz zwanglos. Ich bestelle Fish’n Chips. Der Cider kommt natürlich aus der Region und schmeckt, wie ein guter Cider schmecken soll – knackig, frisch und nicht süß. Bis der Fisch kommt, hole ich mir noch ein zweites Glas. Ich war auf alles gefasst, aber vermutlich nicht, dass ich die besten Fish’n Chips seit langem bekommen sollte. Der Fisch war in einem Tempura-artigen Teig frittiert. Er war superdünn, sehr knusprig und sein Geschmack hob die Frische des Fischs auf eine höhere Ebene. Was das für ein Fisch sei, wollte ich wissen. „Das ist Whiting“, eine Dorschart, bei uns Wittling genannt. Die Erbsen waren nichts Besonderes aber der Fisch und Fritten waren eine echte Sensation. Pub-Food. Es wird nicht mein letzter Besuch sein.

The Kingfisher Public House
Dolphin St, Colyton EX24 6NA, Vereinigtes Königreich

The Pig at Combe

Das Prinzip der Küche heißt „25 Mile Menue“. Alles, was auf den Teller kommt, stammt aus dem Umkreis von 40 Kilometern. Eigentlich ist „The Pig“ sogar eine Kette. Vermutlich war es die letzte Chance des verarmten Adels ihre Heizkosten fressenden alten Prachtgemäuer in die Hände einer Hotelgruppe zu geben, deren Programm es ist, bis ins Detail, die Besonderheiten dieser Gebäude herauszuarbeiten und das Thema Nachhaltigkeit so transparent wie nur möglich umzusetzen. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Mit Ehrungen und Preisen überschüttet, verfolgen die „Pigs“ konsequent ihren Weg. Hier esse ich grandiosen Black Pudding zu Roter Bete und junge Möhrchen mit einem würzigen Couscous. Das Haus in Combe sieht aus, als wäre es einer Folge aus Harry Potter entsprungen, es ist diese Mischung aus Mystik, Düsternis und Grandezza, welche das Anwesen so einmalig macht. Auch nach dem Essen sitze ich noch lange im Garten auf einer Schaukel. Es ist wundervoll hier.

Willkommen, ihr Muggel!

The Pig at Combe
Gittisham, Honiton, EX14 3AD
www.thepighotel.com/at-combe

am Beer Beach

Genau genommen hat Devon zwei Küstenlinien. Eine im Norden und eine im Süden. Ich konzentriere mich auf den Süden und fahre nach Seaton an den Beer Beach, wo hübsche Badehäuschen den Strand säumen. Und jetzt fragt hoffentlich keiner, warum der Strand Beer Beach heißt. Von Bier ist hier nix zu sehen. Es ist ein herrlicher Sommertag am Meer.

Große Küche im Lympstone Manor

Ein luxuriöses Landhaus mit Blick auf die Bucht, eine ausgezeichnete Küche (1* Guide Michelin) – das sollte es sein. Zum Lunch wohlgemerkt. Vier Gänge, mit Amuse, Petit Four und Tee von Küchenchef Michael Caine kosten 95 GBP und das will ich mir gönnen. Während ich noch auf der Terrasse im Schatten sitze und an den Canapées knabbere, landet ein Hubschrauber auf der Wiese. Irgendwelche Mitlieder der königlichen Familie (wie ich später erfahre) huschen über die Wiese ins Innere des Hauses. Noch bevor ich beim Dessert angekommen bin, hebt er schon wieder ab.

Hier ist es nobel und wer das Glück hat, einen Platz am Fenster zu bekommen, der kann Licht und Aussicht genießen. Die Küche ist im Kern französisch mit Akzenten aus der indischen Küche.

Zum Auftakt gibt es eine elegante Gazpacho mit Piment d’Espelette. Etwa 4 Löffel – man muss hier bescheiden bleiben. Der zweite Gang ist mit Kabeljau auf einem Kartoffel-Vanille Püree (außergewöhnlich) mit einer Jus aus Verbena und Huhn. Und auch der nächste Gang ist mit Fisch, diesmal Seeteufel mit Blumenkohl, Vadouvan, einer indischen Gewürzmischung, und Trauben mit Verjus. Das ist ein schönes Zusammenspiel aus Röstaromen und Bockshornkleenoten.

Zum Dessert wähle ich das Himbeer-Soufflé, eine ausgezeichnete Wahl. Ein Hauch von Himbeere, perfekt gemacht. Ich bereue meine Entscheidung nicht, hergekommen zu sein, auch wenn von Übersättigung keine Rede sein kann. Das mit dem Vadouvan nehme ich als Inspiration mit, denn das war es vermutlich, was mir fehlte um diese Gewürzmischung endlich richtig in Szene zu setzen. Auch wenn das Erlebnis vielleicht ein wenig steif war,  es  hat  sich  gelohnt.

Lympstone Manor
Courtlands Ln, Exmouth EX8 3NZ, Vereinigtes Königreich
lympstonemanor.co.uk

hier gibt es auch ein paar Rezepte: lympstonemanor.co.uk/category/recipe/
die Karottensuppe klingt toll.

Lyme Bay Winery

Mittlerweile ist es nicht mehr so exotisch, englischen Wein zu trinken – und davon gibt es hier reichlich – doch der eigentliche Grund für meinen Besuch in der Lyme Bay Vinery ist nicht der Wein sondern der Met. Zwar gibt es auch ein respektables Sortiment an diversen Fruchtweinen, die in England eine lange Tradition haben, doch hier ziere ich mich ein wenig. Die letzte Kopfwehattacke nach einem Schlehenwein ist mir noch in guter Erinnerung.

Der Ingwer Met hier hat es mir angetan. Schön gekühlt kann ich mir den wunderbar zu einem asiatischen Essen vorstellen.

 
Lyme Bay Winery
Shute Rd, Axminster EX13 7PW, Vereinigtes Königreich
lymebaywinery.co.uk

A La Ronde – ein Haus mit 16 Ecken

Das Haus ist ein Highlight. Gebaut für zwei unverheiratete Schwestern Ende des 18. Jahrhunderts, besteht der Grundriss aus einem Polygon mit 16 Ecken. Der Garten und vor allem der Ausblick auf den Fluss Exe, der nicht entfernt ins Meer mündet, ist beeindruckend. Idealerweise kommt man hier an einem Wochentag, damit man die Ruhe im Garten genießen kann. Für jene, die Hunger bekommen, steht oben am Parkplatz ein Food Truck.

A La Ronde
Summer Ln, Exmouth EX8 5BD, Vereinigtes Königreich
www.nationaltrust.org.uk/a-la-ronde

Mitbringsel aus Devon

Cider und Met mussten in den Koffer. Ich hatte in der Absicht, alles mitzunehmen, was mir gefällt, den größten Koffer gewählt. Auf dem Hinflug wog er noch 12 Kilo, als ich ihn zum Heimflug wieder auf das Kofferband stellte, zeigte er einen properen Zuwachs von weiteren 12 Kilo an. Dabei hatte ich im Handgepäck noch ein großes 4L „Kilner“ Einmachglas, das ich zwar durchaus auch hier in Deutschland hätte bestellen können, doch es war quasi ein Schnäppchen. Da schleppt man dann gerne mal ein bisschen mehr. Seither mache ich darin meinen Kombucha.

Mehr über den Tag in der Cookery School vom River Cottage gibt es hier: Ein Tag im River Cottage mit zwei Meistern der Fermentation

 

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