25. Dezember 2023

Lunch mit dem schwedischen Autor Martin Nordin, sein neues Kochbuch und ein Lieblingsrestaurant in Malmö

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Ein paar Wochen vor meiner Reise nach Südschweden entdeckte ich es plötzlich auf Instagram – das neue Kochbuch von Martin Nordin. Kålkokbok heißt es. Kohl Kochbuch. Ich liebe Kohl. Und ich liebe die Kochbücher von Martin Nordin, allem voran sein Buch über Pilze. Er kombiniert kühn die verschiedenen Küchen der Welt und entwickelt spannende Kombinationen, die er auch noch wirkungsvoll in Szene setzt. Ein kurzer Check ergibt, dass das Buch bisher nur auf Schwedisch und nur in Schweden erhältlich ist. Aber ich fahre ja bald nach Schweden. Vielleicht ergibt sich ja eine Möglichkeit, dieses Kochbuch zu bekommen. Bei Kochbüchern ist es mir ja auch eher egal, in welcher Sprache sie sind – Rezepte lassen sich immer übersetzen. Selbst meine koreanischen Kochbücher waren kein allzu großes Hindernis, dank Übersetzungs-App.
Ich entdecke, dass Martin Nordin in Malmö seine Agentur hat und ich werde definitiv in Malmö sein. Ich schreibe ihm. Frage, ob er Lust habe, sich mit mir zu treffen, um über das neue Kochbuch zu plaudern. Ganz ehrlich – bekäme ich eine solche Mail, ich würde fünfmal überlegen, ob das eine gute Idee wäre. Ich könnte ein völlig durchgeknalltes Groupie sein. Gut, vielleicht haben Schauspieler damit eher zu kämpfen (ob Stanley Tucci, der ebenfalls ein Kochbuch geschrieben hat, eine solche Mail überhaupt lesen würde?) und weniger Kochbuchautoren. Trotzdem. Doch es dauert keinen Tag, dann schreibt er zurück, dass es ihm eine Freude wäre. Und ich freue mich riesig, ihn kennenzulernen.
Alles was noch fehlt, ist die Organisation der Reise, so dass ich auch wirklich die Zeit für dieses Treffen haben werde. Alfred, mein Ansprechpartner von Visit Skåne zeigt Verständnis, so dass ich schon am Vorabend anreisen kann und den Vormittag dann für das Treffen hätte. Doch dann kam alles anders, denn dann kam der Schnee, besser gesagt das Schneechaos, welches den Münchner Flughafen lahmlegen würde. Am Abend vor meiner Abreise erfahre ich, dass alle Flüge gestrichen wurden. Ich kann erst einen Tag später sehr spät am Abend fliegen. Das ganze Programm muss umgestellt werden. Und ich muss einen Tag verlängern. Und obwohl ich ja nichts für dieses Schneechaos kann, fühle ich mich unwohl, als ich unser Treffen absagen muss und um eine Verschiebung bitte. Dann nehme ich halt einen Tag mehr Urlaub. Hauptsache, das mit dem Treffen klappt. Und glücklicherweise war es auch möglich, den Rückflug umzubuchen. Wir treffen uns am letzten Tag, wenige Stunden vor meinem Abflug.
Zwar meinte Martin, dass es schade sei, sich an einem Montag zu treffen, da einige seiner Lieblingslokale geschlossen seien, doch sein allerliebstes Lokal habe geöffnet und er hole mich um 11:00 Uhr an meinem Hotel ab. Und dann steht er da. Sein großer schwarzer Pick-Up. Passt, denke ich. Und ja, man braucht nur Sekunden, um zu wissen, ob einem jemand sympathisch ist oder nicht. Und Martin Nordin ist sehr sympathisch. Wir fahren zum Hafen in die „Saltimporten Canteen“. Wo früher Speicher waren, sind heute Agenturen und Ateliers. Das Restaurant, das jeden Tag nur zwei Gerichte anbietet, mit Fleisch oder Fisch oder vegetarisch, ist sehr beliebt und hat eine riesige Fensterfront auf den Pier. Es ist noch früh und wir holen uns erst einmal einen Kaffee.

Bevor wir über sein neues Kochbuch sprechen, frage ich ihn, wie er eigentlich zum Kochen gekommen ist. „Das war während meiner 18-monatigen Militärzeit, da war ich auf einem Eisbrecher in der Kombüse und so ein Eisbrecher ist schon was Besonderes“, erklärt er. Generäle und selbst gekrönte Häupter besuchten per Helikopter den Eisbrecher, da war man natürlich in der Küche vorbereitet. Es gab nur das Beste. Und weil selten mehr als für 50-60 Personen gekocht werden musste, wurde alles frisch zubereitet. Seit dieser Zeit lässt ihn das Kochen nicht mehr los. Trotzdem schlug er einen anderen Weg ein. Er ging in die Werbung. Seine Laufbahn führte ihn bis an die Spitze, als kreativer Leiter des Food-Bereichs von IKEA. 2013 entschied er sich, seinen eigenen Weg zu gehen. Seitdem entwickelt er für verschiedene Kunden Marketing Konzepte und schrieb drei Kochbücher. Sie sind alle auch auf Deutsch erschienen. Vegetarische Burger, Grillgemüse, und eben jenes über Pilze, welches der deutsche Verlag als „aus dem Wald“ betitelte, wobei Nordin im Vorwort darauf hinweist, dass es in seinem Buch mit wenigen Ausnahmen nur um Zuchtpilze geht, also Austernpilze, Champignons, Shiitake und Kräutersaitlinge. Wie konnte der deutsche Verlag es dann „aus dem Wald“ betiteln, will ich wissen. Grundsätzlich dürfe beim Kauf einer Lizenz nichts am Inhalt geändert werden, erklärt er. Bei der Titelgestaltung habe der Lizenznehmer jedoch freie Hand. Trotzdem wundern wir uns beide. Seine Bücher setzen ganz auf vegetarische und vegane Gerichte. Bist du Vegetarier, frage ich. Nein, sei er nicht, seine Tochter esse gar kein Fleisch, er esse Fleisch eher selten. Sein Sohn hingegen, der liebe Fleisch.
Heute ist einer der seltenen Tage, denn wir bestellen beide den Schweinebauch mit Grünkohl, Apfel und Belugalinsen. Schmeckt großartig!


Und dann endlich liegt auch das, worum es in seinem neuen Kochbuch geht, vor uns auf dem Teller. Kohl. Grünkohl in diesem Fall. Und die Geschichte, die sich hinter dem Buch verbirgt, ist grandios. Die Idee dazu habe er schon ganz lange gehabt, meint er. Doch die Produktion hat mehr als 6 Jahre in Anspruch genommen. Als er vor einigen Jahren dem bekannten Fotografen Pelle Bergström von seiner Idee, ein Kochbuch über Kohl zu schreiben, erzählte, war dieser sofort Feuer und Flamme und meinte, das wolle er unbedingt begleiten. Und weil beide so überaus beschäftigt sind, haben sie sich immer in den folgenden Sommern für zwei Wochen in Pelles Ferienhaus getroffen. Haben gekocht, fotografiert und so wurden es immer mehr Rezepte. Zu einem späteren Zeitpunkt gesellte sich dann noch die Foodstylistin Victoria Nordström dazu. War es dann schwer, irgendwann einen Punkt zu bestimmen, wo man wirklich fertig ist, will ich wissen. Irgendwie sei das schon so, meint er. Und doch waren dann über siebzig Rezepte zusammen und das Buch ging in Druck. Es sei schade, meint er, dass ich die Geschichten im Buch dazu nicht lesen könne, denn es ist ja auf Schwedisch. Ich werde es versuchen, verspreche ich.
Da weiß ich noch nicht, dass Google Translator sich als herbe Enttäuschung erweisen sollte und schon beim Wort Spitzkohl scheitert. Trotzdem gelingt es mir, mit etwas Eifer, in die Rezepte reinzukommen. Auch sein Stil ist mir mittlerweile vertraut. Miso, Dashi, Gochujang sind alles keine Unbekannten für ihn. Die Rezepte sind ein wunderbares Potpourri aus verschiedenen Länderküchen. Es wird mit frischen und fermentierten Kohlsorten gearbeitet. Er hatte mir zu seinem Treffen auch ein Glas seines Weißen Kimchis mitgebracht. Und weil der Koffer schon brechend voll war, musste ich später mit Engelszungen den freundlichen Herrn an der Sicherheitskontrolle überzeugen, dass es sich dabei auf gar keinen Fall um eine Flüssigkeit handelt, was auch tatsächlich geklappt hat.
Zum Abschied schenkt er mir noch sein Kohlkochbuch, signiert es und fährt mich zurück in die Stadt, wo er mir noch den Tipp für einen wirklich tollen Küchenladen gibt. Ich umarme ihn zum Abschied. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Martin Nordin ist ein beeindruckender Mensch, der viel zu erzählen hat.
Während des Rückfluges blättere ich in seinem Buch und setze erste Markierungen. Für mein erstes Rezept aus seinem Buch habe ich mich dann für ein mehr oder weniger ganz klassisches Rezept entschieden. Im Ofen gegarter Spitzkohl mit einer sahnigen Sauce und scharf angebratenen Pilzen. Und ja – es schmeckt fantastisch.

Gebackener Spitzkohl mit Pilzen nach einem Rezept von Martin Nordin

Für Zwei
ein kleiner Spitzkohl
1 El Butter
1 Schalotte
2 Zehen Knoblauch
1 TL Weißweinessig
100 ml Weißwein
100 ml Pilzbrühe oder Gemüsebrühe
200 ml Sahne
100 g frische Pilze (Steinpilze im Originalrezept oder Shiitake oder Champignons)
1 EL Rapsöl oder neutrales Pflanzenöl

1 EL Olivenöl
nach Belieben frische Kräuter wie Oregano und Thymian (auch Petersilie passt gut)
Meersalz
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

Den Ofen auf 175° vorheizen.

Den Spitzkohl halbieren. Die Butter in einer Pfanne aufschäumen lassen und den Spitzkohl mit der Schnittseite nach unten 5 Minuten sanft anbraten. Aus der Pfanne nehmen und beiseitestellen.

Schalotte und Knoblauch fein hacken und in der Pfanne bei niedriger Temperatur dünsten. Mit dem Weißweinessig ablöschen. Weißwein, Brühe und Sahne dazugeben und auf die Hälfte einkochen lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Den Spitzkohl in etwa 2 cm dicke Scheiben schneiden, in eine ofenfeste Form mit der Schnittseite nach unten setzen und mit der eingekochten Sahnesauce übergießen. 30 Minuten im Ofen garen.

Die Pilze in Scheiben schneiden. Bei hoher Hitze im Rapsöl scharf anbraten.
Die Pilze zusammen mit etwas Olivenöl und frischen Kräutern zum Spitzkohl geben.

Meine Empfehlung: Baguette und Bier dazu.

Unser Restaurant in Malmö:

SALTIMPORTEN CANTEEN

Geöffnet Montag–Freitag 11–14 Uhr

Hullkajen, Grimsbygatan 24, Malmö

hej@saltimporten.com

+46 706-51 84 26

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