Butter mit kostbarem Eiswein zu verfeinern ist dekadent. Doch was, wenn nicht ich das tue, sondern der Chefkoch eines Weinguts? Dann wäre es bei weitem verwerflicher, diese Butter nach dem Essen nicht mit nach hause zu nehmen, um noch etwas Leckeres damit zu machen. Sicherlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, Eiswein in einem Topf zu reduzieren, damit sein Aroma sich Sirup artig verdichtet, um es dann ganz geschmeidig mit flockigem Meersalz und weicher Butter zu verrühren.
Die Vorstellung, dass nach dem Dinner diese köstliche Butter mit allergrößter Wahrscheinlichkeit entsorgt werden würde, verursachte mir beinahe körperliche Schmerzen. Mit Welpenblick bewaffnet, fragte ich vorsichtig und hatte kurz darauf ein hübsches Weck Glas in der Hand. Dieses wanderte nahezu ohne Umwege in meinen Kühlschrank. Eisweinbutter. Allein das Wort schmilzt schon auf meiner Zunge. Es löst diesen Instant-Genussreflex aus, der mich immer wieder dazu verleitet, ein Stück Brot damit zu bestreichen und mich danach mit einem wohligen Gefühl im Bauch anderen Dingen zu widmen. Immer wieder.
Doch wartete da nicht noch dieses herrliche Stückchen Stör in meiner Tiefkühltruhe auf mich? Welches mir der Küchenchef des „Sollo“ in Málaga, Diego Gallegos, geschenkt hatte. Weswegen der Bus zum Flughafen auf mich warten musste, weil ich es in tausend Lagen Zeitungspapier gewickelt erst in meinen Koffer packen musste. Und das seitdem auf seinen glamourösen Auftritt wartet. Die Entscheidung, dass dieser grandiose und rare Fisch ganz hervorragend zu meiner Eisweinbutter passen könnte, fiel noch am Abend des Winzer-Dinners.
Ich bin immer ein klein wenig nervös, wenn ich zuhause mit Zutaten koche, die so leicht nicht mehr zu beschaffen sind. Der nächste Eiswein liegt in weiter Ferne, der Stör immerhin tummelt sich nur tausend Kilometer entfernt im sonnigen Granada.
Natürlich kann man diese Butter auch mit weniger Edlem aromatisieren. Dessertweine sind bereits in moderaten Preislagen erhältlich und somit schmerzt es weniger, wenn man es in den Topf kippt. Denn auch wenn ich eine große Anhängerin von Wolfram Siebeck bin und seinen Standpunkt teile, wonach der Wein, welcher zu Essen getrunken wird, durchaus auch in die Soße sollte, bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass der Wert und Geschmack einer Soße sich nicht exponentiell mit dem Wert des Weines steigern lassen.
Einen Cos d’Estournel, St Estèphe in die Sauce zu kippen ist und bleibt eine Sünde.
Wer sich also für diese Butter interessiert, dem kann ich jede Trockenbeerenauslese mit frischer Säure nur wärmstens ans Herz legen. So was macht Eindruck als Auftakt eines Menüs. Ein paar kleine selbstgebackene Kürbisbrötchen dazu und die Ouvertüre ist perfekt.
Ich habe mir zu meiner Komposition aus Stör und Eisweinbutter den hübschesten, kleinen Hokkaido Kürbis ausgesucht, der auf dem Markt zu bekommen war. Ich habe das buttrige Püree mit Zurückhaltung gewürzt, um ganz dicht an den eigentlichen Aromen zu bleiben und habe ein paar „grüne“ Frische-Highlights mit Winter-Portulak gesetzt.
Dazu habe ich – ja richtig, die Vermutung liegt nah – Eiswein getrunken. Dekadent eben. Aber mit großem Glücklichmach-Potential.
Für Zwei
Eisweinbutter
100 ml Eiswein (alternativ Trockenbeerenauslese)
100 g Butter, zimmerwarm
Fleur de Sel
Kürbis Pürée
1 kleiner Hokkaido Kürbis
2 EL Butter
Mark von einer halben Vanille Schote
je eine Messerspitze Curry und Zimt
eine Messerspitze Quatre Épices
Salz, frisch gemahlener Pfeffer und eine Prise Zucker
1 TL rosa Pfefferbeeren, im Mörser grob zerstoßen
2 Filet vom Stör à 80 g
Für die Eisweinbutter den Wein in einem kleinen Topf auf ein Drittel reduzieren und abkühlen lassen. Mit weicher, zimmerwarmer Butter mischen und mit Fleur de Sel abschmecken.
Den Kürbis waschen und halbieren. Die Kerne mit einem Löffel entfernen und das Fleisch mit der Schale grob würfeln. In einem Topf 2 EL Butter mit dem Curry, Zimt, Zucker und Quatre Épices aufschäumen lassen und die Würfel dazugeben. Kräftig umrühren 2 EL Wasser dazugeben, die Temperatur zurücknehmen und bei geschlossenem Deckel etwa 6 Minuten weich schmoren lassen. In eine Schüssel umfüllen und mit dem Pürierstab glatt pürieren. Mit Salz und Vanille abschmecken.
Den Stör in einem EL Butter anbraten, kurz ruhen lassen , salzen.
Einen großzügigen EL des Pürees in die Tellermitte setzen, den Stör darauf legen und einen TL Eiswein Butter auf den Fisch geben.
Die rosa Pfefferbeeren und noch ein paar Salzflöckchen darüber streuen, ein paar Blatt Portulak daneben legen und servieren.
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Mmmmh, ein Eiswein-Gedicht, liebe Claudia… Nach Deiner Beschreibung kann ich sie regelrecht riechen und schmecken, die kostbare Butter auf dem kostbaren Fisch (was für eine abenteuerliche Transport-Logistik ;-) ).
Wow, das klingt echt lecker. Das mit der Butter kommt mir gerade recht, bekomme am WE Besuch und wollte vor dem Essen etwas Brot mit einer extravaganten Butter reichen. Da probiere ich dein Rezept gleich mal. Danke!
Doreen
Liebe Doreen,
Dann wünsche ich viel Erfolg!
Unsere Vorräte an kanadischem Ice Wine (Inniskillin) sind leider aus … sniff ;-)
… dabei wäre das so ein schönes Rezept!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Ich seufze mit, Andy – das ist bedauerlich. ;-)
Direkt von dort mitgebracht oder hierzulande gekauft?
liebe Grüße aus München
Claudia