Yotam Ottolenghi, der große Kochbuchautor ist in München. Ganze zwei Tage. Natürlich hat er sein neues Kochbuch mitgebracht. Darum geht es bei seinem Besuch. Der Verlag Dorling Kindersley, der die deutsche Übersetzung verlegt, hat eine kleine, feine Runde Blogger eingeladen, die ihn befragen dürfen.
Der 46jährige, der in London fünf erfolgreiche Restaurants und Delis betreibt, ist ein umtriebiger Mensch. Bevor er sich zum Koch ausbilden ließ, studierte er Literatur und Philosophie und reist viel.
Vielleicht ist es dem deutsch-italienischen Hintergrund seiner Eltern zu verdanken, dass der der junge Ottolenghi schon früh mit dem besten beider Küchen vertraut gemacht wird. Essen spielte immer eine große Rolle. Hinzu kommen die Aromen der jüdischen und arabischen Küche. Er hat in Tel Aviv studiert.
Ich besitze alle seine Bücher, stets griffbereit liegen sie in meiner Küche. Auf sein allererstes Buch war ich so neugierig, dass ich es nicht erwarten konnte, bis die deutsche Übersetzung erschienen ist, so dass ich es mir einfach in England bestellt habe. Geht ja heutzutage problemlos.
Genau dieses erste Buch habe ich mir unter den Arm geklemmt, als ich mich auf die Suche nach dem von außen völlig unscheinbaren, aber innen sehr stylishen Hotel „Flushing Meadow“ im Glockenbach Viertel in der Münchner Innenstadt mache, wo ich ihn treffen werde. Ich weiß ehrlich nicht genau, warum ich dieses Buch genommen habe. Vielleicht habe ich etwas gebraucht um mich daran festzuhalten.
Das erste, was an dem großen, schlanken Ottolenghi auffällt, ist sein strahlendes Lachen. Völlig entspannt macht er sich auf dem Sofa bequem und schaut erwartungsvoll in die Runde. Das Licht im Raum ist ungünstig – Schatten der Lampe tanzen durch sein Gesicht – für Fotos ist es ein bisschen zu dunkel. Er muss schmunzeln, als das mit den Fragen nicht so richtig in Gang kommt. Wie das sein könne, fragt er. Vor ihm sitzen doch Blogger. Aha, denke ich und schaue auf die anderen in der Runde. In dem Moment tröstet es mich, dass es den Damen vom Privatfernsehen nicht viel besser geht.
Was ihm an der deutschen Küche besonders gefalle, wird gefragt. Die Würste, grinst er. Diese unglaubliche Vielfalt der Würste. Für jemand, der sich mit so viel Hingabe der vegetarischen Küche widmet, kommt diese Antwort sicherlich ein wenig unerwartet. Und Rotkohl und Knödel, legt er nach.
Ich will wissen, wie das alles anfing mit dem Kochen. Das will ich eigentlich immer gern von Menschen erfahren, die sich mit Leidenschaft dem Essen und Kochen widmen. Genau kann er das gar nicht sagen, es war irgendwie schon immer da und auch schon immer „interesting“. Er erzählt von seinem Elternhaus, wo essen immer eine wichtige Rolle gespielt hat. Ob es denn eine Lieblings-Zutat gäbe, frage ich. Ja, unbedingt – die Zitrone. Von der sei er ziemlich besessen. Die Zitrone sei in all ihren Varianten eigentlich fast in allen seinen Rezepten zu finden. Er liebe es mit Salzzitronen zu kochen, mit den getrockneten Limetten, wie es in der persischen Küche üblich ist, mit den Zesten der Schale zu würzen. Die Zitrone, ohne die ginge es nicht.
Es sei ja mittlerweile fast üblich, dass viele der großen Köche ihren eigenen Gemüsegarten haben, ob er auch einen Garten habe? Schließlich geht es in seinem neuen Kochbuch wieder um vegetarische Küche – viel Gemüse also. Da läge doch der Gedanke nah, dies selbst anzubauen. Leider nicht, meint er und schaut ein wenig ratlos auf seine Hände. Er habe absolut keinen grünen Daumen. Keine „green fingers“. Er lässt gärtnern. Ihm ist dieses Glück nicht beschert. Wir lachen beide, denn das klingt sehr vertraut. Soviel also zum Gärtnerglück. Ab heute kann ich also jedem erzählen, der mitleidig meine Balkonkräuter betrachtet – es geht mir genau wie Ottolenghi.
Welche Länderküchen ihn denn noch faszinieren? Asien, meint er. Ganz besonders Malaysia und Indien. Dort ist er auch schon gereist. Die Gewürze und Zubereitungen aus diesen Ländern beeinflussen seine Küche mehr und mehr. Und am liebsten kombiniert er sie alle. Arabischer Reis mit Linsen gehört zu seinen Lieblingsgerichten.
Und in die andere Richtung? Richtung Amerika, respektive Südamerika? Da muss er bedauernd mit dem Kopf schütteln. Da kenne er sich wenig aus. Er fühle sich der asiatischen Küche irgendwie näher, das aber vermutlich nur, weil er noch nichts von der südamerikanischen Küche kenne. So viele reden ja gerade darüber. Da gäbe es noch viel zu entdecken für ihn. Er grinst abenteuerlustig.
Wir sprechen noch ein wenig über seine Lieblingsgerichte aus dem Buch, dann geht die Fragerunde auch schon ihrem Ende entgegen. Zeit also, die Kochbücher fürs Signieren zu zücken und dann noch ein paar Fotos. Die bitte in einer anderen Ecke des Raumes, wo es heller ist. Es war ein langer Tag für ihn. Von einem Interview zum nächsten. Jetzt habe er wirklich großen Hunger. Ob er schon weiß, was es zum Abendessen geben wird. Traditionell bayerisch!, meint er und strahlt voller Vorfreude. Seine Agentin bestätigt das mit einem Nicken. Die Aussicht auf Knödel und Fleisch scheint ihn sofort wieder zu beleben. Essen ist einfach schön.
Eine letzte Umarmung, dann ist das Kurz-Interview auch schon vorbei. Mit je einem Kochbuch unterm Arm stehe ich im Aufzug. Und dann plötzlich, als habe jetzt endlich irgendwo im Hirn einer den Hahn aufgedreht, fallen mir plötzlich noch ganz viele Fragen ein. Zuerst spielten sie mit mir Verstecken und dann stürmen sie alle auf einmal auf mich los.
Lieber Yotam Ottolengi, wie Sie also sehen, müssen Sie unbedingt noch ein Kochbuch schreiben, damit ich die dann alle beim nächsten Mal stellen kann! Ja?
Aber bei der Leidenschaft, die ihn antreibt, seiner großen Neugier und seiner „neverending passion for cooking“, dürfte das wohl nur eine Frage der Zeit sein.
Das Wochenende ist jedenfalls schon mal reserviert für das neue Buch. Davon werde ich dann morgen berichten. Nur so viel – es wurde noch am gleichen Abend gespickt mit Lesezeichen.
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6 Kommentare
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Ha! Auf der Pirsch nach einem leckeren Rezeptchen für heute Abend auf Deinem werten Blog sticht mir unvermittelt die Botschaft NEUES BUCH VON OTTOLENGHI in die Fänge… haha, von anno 2014!
Trotzdem sofort gelesen und … sehr genossen.
Dieser Yotam bzw. mein erstes Kochbuch von ihm hat mein Leben, das kann ich ruhig und ohne weiteres so sagen, direkt verändert; das war zunächst mit PLENTY MORE, für einen eingefleischten Vegetarier (und Hausgärtner) einfach die geniale Hinleitung zu – ähem – einem bedeutenderen solchen.
Mittlerweile bilden 3 stolze, schöne und so gut geschriebene wie konzipierte Ottolenghi-Bände mehr oder weniger die Basis meiner Küchenpraxis.
Und ich wundere mich keineswegs, hier eine frühe Ode an den Mann zu finden – es will mir gerade so scheinen, als könne die weite Welt tatsächlich so „klein“ sein, wie man manchmal sagt.
Auf ein Gutes Neues auch
-p
Oh, das muss toll gewesen sein, mit Yotam Ottolenghi zu plaudern! Wie schön, dass Du uns daran teilhaben lässt, liebe Claudia. Mein Lieblingsbuch von ihm zusammen mit Sami Tamimi ist Jerusalem, nicht nur wegen der Rezepte, sondern auch wegen der Stories.
Liebe Claudia!
Was für ein toller Bericht!!!
Du bist wirklich zu beneiden. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, so einen tollen Koch und Menschen im wahren Leben zu treffen.
Ich glaube, ich hätte vor Aufregung gar kein Wort heraus bekommen :-)
Ganz liebe Grüße
Nicole
Liebe Nicole, ich hatte ja auch ein bisschen meine Anlaufschwierigkeiten.. Aber er ist ein so reizender Mensch.. wenn man erstmal lachen muss, ist das Eis ja meist auch schon gebrochen.
Und ich musste ihm natürlich beichten, dass ich seine Süßkartoffeln mit Feigen über alles liebe.
hab ein schönes Wochenende
Claudia
Wow, ich beneide dich soooo sehr für diese Erfahrung! Ottolenghi lieben wir doch alle. ;) Sein neues Buch muss ich mir auch unbedingt noch anschaffen, allein die wunderbaren Fotos machen mich schon ziemlich glücklich. ;)
LG Nele
Liebe Nele,
ja, das war wirklich was Besonderes und ich bin sehr dankbar für diese Gelegenheit. Er ist wirklich super sympathisch. Bin gespannt, was du zu dem Buch sagen wirst….
Liebe Grüße
Claudia