6. Januar 2023

Cheongju zur „Kimchi-Zeit“, Reisschnaps, edles Hanwoo Rind und ein Paradies für Teigtaschenliebhaber

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Was für einen Grund sollte man haben, das großartige Seoul zu verlassen und Cheongju, eine koreanische Stadt ohne nennenswerte Highlights mit etwa 800.000 Einwohnern, zu besuchen? Entweder keinen oder den allerbesten Grund – ich besuche Freunde. 2016 war ich zum ersten Mal hier und durfte der wohl bekanntesten Daenjang (koreanisches Miso) Produzentin des Landes über die Schulter schauen, von ihr lernen und dabei sie und ihre ganze Familie ins Herz zu schließen. Und das, wobei sie kaum ein Wort Englisch spricht und mein Koreanisch sich auf mehr oder weniger ein Wort begrenzt – Danke (Gamsahamnida). Dieses einzige Wort habe ich so unendlich viele Male ausgesprochen, denn Haisoon Park, die Daenjang Produzentin, fuhr mit mir durchs halbe Land, damit ich „ihr“ Korea kennlernen durfte. Es war großartig. Und trotz Sprachbarriere und Dank Google Übersetzer, blieben wir in Kontakt und ich konnte es kaum erwarten, sie alle wiederzusehen. Dass ich ganz besonders an der kulinarischen Kultur des Landes interessiert bin, war ihnen klar und sie hatten Pläne gemacht, was ich dieses Mal kennenlernen sollte.

Kimjang

Spätherbst ist die Zeit des Kimchi-Machens. Riesige Chinakohlköpfe werden geerntet, man bekommt alle Zutaten wie Rettich, Knoblauch, Frühlingszwiebeln und natürlich Chili (Gochugaru) auf dem Markt und macht zusammen mit der Familie oder Freunden eine große Menge Kimchi, für die eigentlich jeder koreanische Haushalt einen eigenen Kühlschrank hat. Dieses gemeinsame Zubereiten von Kimchi nennt man Kimjang.

Ein Bauer schenkt mir einen gigantischen Kohlkopf, weil er sich freut, dass da so eine Deutsche aus dem Auto springt und ihn und seine Arbeiter bei der Kohlernte fotografieren will. Ich würde ihn so gern mitnehmen diesen Kohlkopf, doch von all den verrückten Dingen, die ich schon von meinen Reisen mitgebracht habe, wäre ein riesiger Kohlkopf sicher das Bescheuertste. Schweren Herzens übergebe ich ihn später Haisoon. Zum Ausgleich dafür schenkt sie mir eine große Tüte mit Gochugaru, das koreanische Chilipulver (über das ich das mit dem Beamten in der Sicherheitskontrolle eine halbe Stunde diskutieren durfte) und eine große Tüte mit getrockneten Garnelen. Schließlich soll ich zuhause klassisches Kimchi machen. Damit jeder zur Kimchi-Zubereitung richtig ausgestattet ist, bestimmen große Plastikwannen, Plastikplanen und stapelbare Kimchibehälter in allen Größen die Auslagen der Haushaltswarengeschäfte.

 

die Meisterin des Soju

Auf dem Weg zu ihrem Haus im Umland von Cheongju, machen wir einen kleinen Umweg, damit ich eine Freundin von Haisoon kennenlerne. Sie hat nicht vergessen, wie verrückt ich nach Makgeolli, dem koreanischen, eher rustikalen Reiswein war und stellt mir die kleine Manufaktur Sinseonju von Junmi Park vor, die in siebter Generation Reiswein und Reisschnaps nach alter Tradition herstellt. Die Gründung geht zurück auf das Jahr 1449 und 2020 wurde Junmi Park als „Master of Korean Food“ die höchste Ehre erwiesen. Natürlich spricht auch sie kaum ein Wort Englisch und so ist es einzig der Geschmack und die Bilder, die mich auf eine Reise durch die vielen Wurzeln und Kräuter führen, die den Geschmack des koreanischen Sake prägen. Die Bezeichnung Reiswein ist eigentlich falsch, denn entweder handelt es sich um etwas Gebrautes oder um ein Destillat. Gleich drei Flaschen bekomme ich von ihr geschenkt, für die ich in meinem Koffer einen Platz finden muss. Es ist erst Tag 4 meiner Reise und schon jetzt wird es eng mit dem Platz und dem zulässigen Gewicht.

der Soju reift in solchen Amphoren

mit dem Schimmelpilz Aspergillus Oryzae infizierter Reis mit Gerste

Junmi Park „Master of Korean Food“

Kräuteressenzen für die Liköre

Wurzeln und Blüten für das Aroma

die alte Destillieranlage

Es ist ein herrlicher Herbsttag und was gibt es Schöneres, als Reisschnaps auf nüchternen Magen und dann eine zünftige Mahlzeit mit fetten Rippchen und Brühe und jeder Menge Kimchi?

Cheongju Sinseonju Leum 1449

Cheongju Sangdang-gu 5, Chungcheongbuk-do

sinseonju.com

ein einfaches Restaurant, wo es herrlich reichhaltige Suppen gibt

BBQ Deluxe mit Hanwoo Rind

Ich hatte ja keine Ahnung, dass meine Erziehung „iss deinen Teller leer“ in Korea der Garant dafür ist, viel zu viel zu essen, denn ständig wird nachbestellt. Als ich das endlich begriffen hatte, war es eigentlich schon zu spät. Ich war kurz vor dem Platzen. Eine Platte nach der anderen mit herrlichem marmoriertem Hanwoo-Rind, das koreanische Äquivalent zum Waguy (welches jedoch nicht exportiert wird) wird an den Tisch gebracht und auf den kleinen Grill, der vor uns im Tisch eingelassen ist, gelegt. Messer oder so gibt es hier nicht. Man darf sich nicht wundern, wenn auf dem Esstisch immer eine Küchenschere liegt, mit der man größere Stücke auseinanderschneidet, damit man sie mundgerecht mit Stäbchen essen kann. In Korea liegen Löffel und Stäbchen auf dem Tisch. Mehr nicht. Ich liebe das. Bestimmt war ich in einem früheren Leben mal Koreanerin, denn am liebsten esse ich mit Löffel und Stäbchen.  Ich bin von unzähligen Schüsselchen und Schälchen umgeben mit Pickles, natürlich Kimchi und einer herrlichen Sauce. Wir trinken Makgeolli und Bier. Auf der Rückfahrt schlafe ich im Auto ein, an solche Fleischorgien ist mein Organismus nicht mehr gewöhnt.

Yukgeori Markt

Schon 2016 habe ich mich in diesen Markt verliebt. Ältere Damen stellen die anbetungswürdigsten Teigtäschchen her gefüllt mit Hackfleisch, Kimchi oder Gemüse. Käme ich jeden Tag auf diesen Markt, wäre ich ernsthaft gefährdet, einem Teigtäschchen-Koma zu erliegen. Ich kann natürlich nicht umhin, mir allerlei Unbekanntes in den Korb zu legen und komme auch am Küchenladen nicht vorbei. Reisschälchen mit Deckel müssen sein.

Teigtäschchen Liebe

Man muss sie einfach lieben und sobald ich in Korea, China oder Japan bin, muss ich so schnell wie nur möglich, meiner Liebe zu Teigtaschen frönen. Bei meinem letzten Besuch entdecke ich mit Kimchi gefüllte Teigtaschen und dieses Mal stellte ich mich auch in die Schlange vor dem Stand, wo eine ältere Dame Teigtaschen aus Buchweizenteig mit Bohnenmus gefüllt briet. Sie hatten ein herrliches Aroma.

Ginseng, Ballonblumenwurzeln, knubbelige Rettiche

Mit dem Ginseng haben sie es hier ganz besonders. Gleich als ich angekommen bin, drückt mir meine Freundin Haisoon ein kleines Fläschchen mit Ginseng-Extrakt in die Hand. Damit ich wieder zu Kräften komme nach so einer langen Reise. Schmeckte so na ja aber wenn es der Gesundheit zuträglich ist, dann nehme ich auch noch eine zweite Portion.

Auch solle ich regelmäßig Ginsengschnaps trinken, das sei ebenfalls gut, meinte sie. Sie drückt mir gleich einen ganzen Armvoll kandierte Ginsengwurzeln in die Hand. Viel hilft wohl auch hier viel. Ich kann ja notfalls 3 Pullover übereinander tragen auf dem Rückflug. Wegen dem Platz und Gewichtsproblem.

endlich wieder guter Tofu

Nach der Hanwoo-Überdosis ist fleischlos angesagt und ein traditionelles Tofu-Restaurant steht auf dem Plan. Anders als in Japan, mögen sie hier den Tofu zum Teil auch richtig schön bunt. Wieder gibt es jede Menge Pickles und Kimchi dazu. Der Salat mit dem Kürbisdressing ist ein Hit.

Übernachten in Cheongju

Dass Cheongju nicht gerade der Nabel der Welt ist, kann man auch an den Preisen für Hotelzimmer erleben. Die  Penthouse Suite in der obersten Etage mit Balkon und mit grandioser Aussicht über die Stadt kostet gerade mal 120,00 €. Ein schickes Bad, viel Holz und Stein – alles ziemlich stylish – und ein großes Bett mit sensationeller Matratze sind da drin. Einziger Wermutstropfen: ich habe nie das köstlich aussehende Frühstücksbuffet genießen können, denn ich war immer noch vom Abendessen so satt, dass ich eine lange Anlaufzeit gebraucht habe, bis sich wieder der erste Hunger einstellte.

Hotel Museo Cheongju

41-20, Garosu-ro 1164 beon-gil, Heungdeok-gu, 28377 Cheongju, Südkorea

hotelmuseo.co.kr 

Soja Sauce und koreanisches Miso reifen hier vor dem Haus von Haisoon Park

 

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