Viel Grün, türkisblaues Meer und viel Freiheit am Meer. Guernsey ist vielfältig und vor allem eins - wunderschön!
Die Luft ist frisch und klar, und dann das Licht, das sich über die Insel ergießt, als wolle es alles in Gold tauchen, üppiges Grün wohin man schaut. Sofort nimmt mich diese Insel gefangen, hüllt mich ein und umschmeichelt mich. Ich will nicht übertreiben, aber von dem Moment an, wo ich auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel meinen Kopf aus dem Auto gestreckt habe, gierig darauf, die ersten Eindrücke zu sammeln, wusste ich, dass ich und Guernsey für einander gemacht sind. Warum ich mir da sicher bin? Weil ich es spüren kann. Entzückende Cottages säumen die schmalen Straßen, alles ist hier eher im „slow-Mode“ und die üppige Pracht, mit der alles hier wächst, legt sich wie Balsam auf Großstädternerven. Und dabei habe ich noch nicht einmal die Strände und das Meer gesehen.
- St. Peter Port, die Hauptstadt und ein paar Fakten zu Guernsey
- Wo Renoir begann, die Nackten zu malen
- Durch das Meer führt ein Weg – ein Ausflug nach Lihou Island
- Endlich wieder Fish’n Chips!
- Biere mit lustigen Namen und ein sagenhafter Gin mit Yuzu
- Warum es hier goldene Butter gibt (und man von ihr nicht genug kriegen kann)
- Noch mehr Fisch und grandiose Küche
- Hedge Veg – von Gemüse über Kuchen zu Eiern
- Little Chapel, eine Kirche, die man gesehen haben muss
- mit dem Tuk-Tuk an der Küste unterwegs
- Guernsey Goodies
- Wie kommt man nach Guernsey und ist Guernsey teuer?
- Adressen und Tipps
St. Peter Port, die Hauptstadt und ein paar Fakten zu Guernsey
„Business“, das ist es, was Guernsey reich gemacht hat. Glücksspiel und Financial Services in der Neuzeit, Handel in früheren Zeit mit allem, worauf auf dem Festland saftige Steuern erhoben wurden. Guernsey gehört nicht zu Großbritannien, obwohl die Queen das Staatsoberhaupt ist. Guernsey gehört zum Commonwealth, hat seine eigene Währung (Euro und britische Pfund sind ebenfalls willkommen). Bis zum Ende der deutschen Besatzung 1945, welcher die ganzen unsinnigen Bunker auf den Inseln zu verdanken sind, war die Insel mehr französisch geprägt als britisch. Was auch kein Wunder ist, denn das französische Festland kann man von hier aus mit bloßem Auge sehen. Victor Hugo (klick für einen Beitrag auf ARTE) hatte hier ein Haus, lebte im Exil und verfasste hier seine größten Werke. Er widmete sie den „Menschen des Meeres“, wie er die Menschen auf Guernsey nannte. Guernsey ist streng, was den Erwerb von Immobilien angeht, nur ein kleiner Teil wird auf dem sogenannten „Open Market“ angeboten, wer jedoch Einheimischer ist, der hat eine größere Auswahl zu einem erheblich niedrigeren Preis.
St. Peter Port ist das Herz der Insel und seine Hauptstadt. Hier an der Uferpromenade flackert noch die Noblesse vergangener Zeiten, es gibt keine Fastfood Buden, das goldene „M“ sucht man hier zum Glück vergeblich und es ist einfacher, einen Tee Salon zu finden, als eine Butze mit miesem Touristenessen. Wer nach Guernsey kommt, will genießen. Und vielleicht in den hübschen kleinen Geschäften in der Stadt shoppen (tax free).
Wo Renoir begann, die Nackten zu malen
Kaum einer kann mehr über die Insel und ihre Bewohner zu erzählen als Gill Girard, mit der ich am ersten Morgen unterwegs in der Altstadt und dem Hafen bin. Wenn man am Hafen hinaus zu den Anlegestellen der Fähren läuft, hat man einen guten Blick auf die Stadt und die früheren Badebecken, denn Baden im Meer galt im 18. Jahrhundert als unschicklich. Das Baden in den Becken war streng nach Geschlechtern getrennt, wobei die Frauen dabei wegen der aufwändigen Badekleidung im 18. Jahrhundert viel schlechter wegkamen als die Männer. Irgendwann war es dann vorbei mit den Klamotten und die Freikörperkultur etablierte sich, was den Maler Auguste Renoir zu so manchen seiner Bilder inspirierte. Noch heute gibt es einen Pfad, wo leere Rahmen exakt den Blick auf jene (landschaftlichen) Motive freigeben, die der große Künstler in seinen Werken verewigt hat. Man kann also nachvollziehen, wo er gestanden hat, als er diese Bilder malte. Nur Nackte sitzen da keine mehr rum. Aber wofür hat man Phantasie?
Durch das Meer führt ein Weg – ein Ausflug nach Lihou Island
Die Zeit drängt, denn das Zeitfenster ist nicht groß. Gill, unser Guide, mahnt zur Eile. Nur bei Ebbe kann man rüber nach Lihou Island laufen. Dazu empfehlen sich ordentliche Schuhe, denn es kann glitschig werden. Überall kleben jetzt die Seepocken und kleinen Schnecken an den Felsen, die Algen liegen erschöpft in den Tümpeln. Wer hier nicht nur ein Auge für das Ziel hat (die kleine Insel), sondern sich auch für den Mikrokosmos zu seinen Füßen begeistern kann, der kann hier viel entdecken. Als ich den dicken Riemen Tang sehe, bekomme ich Hunger und muss an Misosuppe mit Kombu Alge denken. Hatte mir ein englisches Frühstück verkniffen. Jetzt bereue ich es.
Endlich wieder Fish’n Chips!
Das Wandern zur Insel ist aber schnell vorbei, denn die Flut ist schon wieder im Anmarsch. Es ist Zeit für das Mittagessen. Und eigentlich ist jetzt schon klar, was ich haben will. Ich bin am Meer, die Kultur ist britisch also bleibt nur eine Wahl – Fish’n Chips! Und die sind auf der Terrasse des Imperial Hotels einfach sagenhaft gut. Ein riesiges Stück Fisch, in knusprigem Bierteig, der nach frischem Fett schmeckt und goldgelbe Fritten (ohne Essig) machen mich sehr glücklich. Dazu ein Rocquette Cider. Dieser hier hergestellte Cider hat nix mit dem eher süßlichen Cidre, den man aus Frankreich her kennt, zu tun. Das hier ist der richtige Stoff – knackig, herb und trotzdem fruchtig. Ein Spitzen-Cider!
Biere mit lustigen Namen und ein sagenhafter Gin mit Yuzu
Ausgesprochen süffig ist auch das Bier, das hier auf der Insel gemacht wird. Sie hören auf Namen wie Betty, Nigel oder Alfie. Alfie ist die fast alkoholfreie Variante der Little Big Brew Company, während Betty das samtige Amber Ale ist. Die Brauerei ist mitten in St. Peter Port, man kann einfach so vorbeischauen und sich ein Gläschen oder eine Besichtigung gönnen.
Natürlich hat die Insel auch ihren eigenen Gin. Wer hat den heutzutage nicht? Doch dieser hier ist etwas ganz Besonderes. Im hübschen Hotel Bella Luce, einem historischen Manor, wird er gebrannt. Die Brennanlage kommt aus dem Schwarzwald und wird liebevoll „Bella“ genannt. In ihren glänzenden Kupferkesseln werden Gin und gewürzter Rum gebrannt. Der Rum ist eine Reminiszenz an die früheren Handelstage der Insel. Sehr dichter Stoff mit einer deutlichen Cannabis Note. Mein Herz verliere ich aber an den Gin, welcher mit Yuzu, Zitronengras und grünem Tee gewürzt ist. Natürlich bin ich skeptisch. Yuzu – die japanische Zitrone, das soll aus lokalen Zutaten sein? Ich wittere Schwindel. Doch tatsächlich stammen die Yuzu für diesen Gin direkt von der Insel. Zwei ältere Damen haben ein Gewächshaus und geben alles für ihre Zitronen. Und weil in dem milden Klima der Insel ja eh alles so gut wächst. Daher – Yuzu aus Guernsey. Wo die beiden Ladies zu finden sind, erfahre ich aber leider nicht. Vermutlich hatte der Besitzer Sorge, dass es dann aus sein könnte mit den Yuzu für seinen Gin….
Warum es hier goldene Butter gibt (und man von ihr nicht genug kriegen kann)
Kommen wir endlich zur Butter. Meinem persönlichen Highlight meiner Reise. Echt jetzt? Butter? Ja, denn ich hatte bei meinen vorherigen Recherchen zu Guernsey die Pedigree Cow nicht auf meinem Radar. Diese Rasse liegt zwar milchmengen-ertragsmäßig weit hinter unseren Kühen, doch sie geben eine ganz besonders reichhaltige, goldgelbe Milch, aus der man herrlich goldgelbe Butter macht. Sogar die Sahne hat einen goldgelben Ton. Das liegt daran, dass eine Menge Betacarotin an die Milch abgegeben wird. Und sie ist irgendwie fetter und cremiger. Die Kühe führen ein Leben auf der Weide und somit kann man eigentlich schon ahnen, dass es so gut wie unmöglich ist, diese Butter außerhalb von Guernsey zu bekommen. Es gibt einfach nicht genug. Gleich am ersten Tag also laufe ich in den Supermarkt und kaufe mir 1,5 Kilo (!) Butter. Die dürfen dann bis zur Abreise im Kühlschrank liegen. Es empfiehlt sich also, nicht ohne eine kleine Kühltasche auf die Insel zu reisen. In den kommenden Tagen werde ich noch rüber auf die Insel Alderney fliegen und dort sind sie der Meinung eine noch bessere Butter zu haben. Schwer vorstellbar aber ich werde das natürlich testen.
Noch mehr Fisch und grandiose Küche
Wer jetzt vielleicht glaubt, dass es keine große Küche auf der Insel gibt, weil so rein grundsätzlich die (etwas veraltete) Vorstellung von englischer Kochkunst und großer Küche nicht recht zusammenpassen, der darf sich gerne überraschen lassen. Denn wenn hier die Nähe Frankreichs zu spüren ist, dann auf jeden Fall auf dem Teller. Einmal Fish’n Chips ist super, zweimal auch, aber großartig wird es, wenn alle Schätze der Insel, allem voran die Gemüse und Algen in Erscheinung treten.
Beide spielen sowohl im Gastropub des Bella Luce wie auch im Restaurant Octopus (im Hafen) eine große Rolle. Während man im Octopus gerne auch asiatische Themen interpretiert, setzt man im Bella Luce ganz auf die feine schnörkellose Küche mit viel (Guernsey)Butter und knackigem Gemüse.
Vorgeschwärmt wurde mir auch von einem indischen Restaurant an der Küste. Generell ist die Dichte der gehobenen Gourmet-Restaurants bemerkenswert. Immer dann, wenn es aus Zeitgründen mal nur ein Sandwich gab, stand ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch, weil mir klar war, dass ich gerade etwas Außergewöhnliches verpasse. In dieser Zeit hätte ich mich dem Lunch Menü des besten Restaurants der Insel „Le Nautique“ (£25 für 3 Gänge) hingeben können. Ich MUSS wiederkommen!
Hedge Veg – von Gemüse über Kuchen zu Eiern
Hedge Vegs sind kleine Boxen, die jeder auf Guernsey vor seinem Haus aufstellen kann, um etwas zu verkaufen. Vorrangig Gemüse aus dem eigenen Garten. Doch auch Eier, Topfpflanzen, Gebasteltes und Gebackenes sind dabei. Daneben steht immer ein kleines Kässchen, in welches man sein Geld legt. Das Ganze basiert auf Vertrauen und dieses scheint auf der Insel groß zu sein. Mittlerweile gibt es sogar eine Webseite, wo man sich als Anbieter registrieren lassen kann, um gefunden zu werden. Und das Interesse daran ist groß, denn wann immer ich an einem der Heg Vegs vorbeigefahren bin, waren sie meist schon leer. Um ganz ehrlich zu sein, bin ich am letzten Tag unserem Fahrer vermutlich ziemlich auf die Nerven gegangen, weil ich unbedingt einen voll bestückten Hedge Veg finden wollte. Und alle, bis auf den mit den Eiern waren leergekauft.
Little Chapel, eine Kirche, die man gesehen haben muss
Im Allgemeinen ist eine Kirche nicht das Erste wonach ich suche, wenn ich unterwegs bin. Ich schaue sie mir gern mal von außen an, so „en passant“ aber nicht zielgerichtet. Bei der Little Chapel mache ich eine Ausnahme. Diese winzige Kirche, gebaut von einem französischen Mönch, ist spektakulär. Keiner würde vermuten, dass sie über drei Stockwerke geht, dass alle Wände außen und innen mit Scherben aus Porzellan verziert sind und selbst der Garten drumherum so allerliebst ist, dass man diese Kirche unbedingt gesehen haben muss. Das, was dieser Mann nach dreimaligen Anlauf und unermüdlicher Arbeit geschaffen hat, ist ein Kunstwerk, das es verdient, besucht zu werden. Der Eintritt ist frei.
mit dem Tuk-Tuk an der Küste unterwegs
Ich habe noch nicht über die ausladenden Strände und das türkisgrüne Wasser gesprochen und auch nicht über die herrlichen Wanderwege rund um die Insel. Denn eigentlich sind diese allgegenwärtig. Einige der Strände liegen ein bisschen versteckt, wie der Petit Bot Beach zum Beispiel. Und noch sind die meisten fast leer um diese Jahreszeit. Und das obwohl über die Feiertage im Mai fast alle Hotels der Insel ausgebucht waren. Vielleicht weil die Besucher hier lieber wandernd die Insel erkunden und nicht so aufgeschlossen gegenüber frischen Wassertemperaturen sind. Ich bin da auch eher ein Frosch und schiele neidvoll in den Norden, wo sie sich auch bei 15° Wassertemperatur in die Fluten werfen. Für meine Bekannte aus Island, die jeden Tag Sommers wie Winters im Meer schwimmt, wäre das hier das volle Warmduscher-Programm. Mir fehlt dieses Gen. Aber ich schmelze dahin, wenn ich türkisfarbenes Wasser sehe. Wer es ausgefallen mag, der bucht sich eine Tour mit dem Tuk Tuk an die Küste. Bei strahlendem Sonnenschein geht es im gemütlichen Tempo an die tollsten Plätze.
Guernsey Goodies
Ich habe meinen großen Koffer mitgebracht, denn natürlich werde ich die Insel nicht verlassen, ohne die ganz besonderen kulinarischen Erinnerungen. Und ich kaufe mir eine Strickmütze bei einer der letzten beiden Strickereien auf der Insel, welche die Wolle von Guernsey Schafen verarbeiten. Bei Le Tricoteur in der Rocquaine Bay kann man sogar zuschauen, wie auf den alten Flachstrick-Maschinen die Pullis gestrickt werden. Die Wolle dieser Schafe ist dicht und hält sehr warm. Und so ein Pullover übersteht vermutlich mehr als eine Generation.
Butter, Sahne und Gin waren ja bereits gesetzt, doch ich wollte unbedingt noch was mit den Äpfeln und dem Seetang. Also wanderten noch Apple Cider Essig und ein Spicy Apple Chutney in den Koffer. Und Salzkaramell. Außerdem noch verschiedene Gewürzmischungen mit Algen von Guernsey Seaweed Food Company. Das Schöne – man bekommt alles bei Guernsey Bisquit, einer lustigen Mischung aus Tante Emma Laden für Besonderes und himmlischen Fudges und Scones.
Wie kommt man nach Guernsey und ist Guernsey teuer?
Anreise aus Deutschland:
Idealerweise mit einem günstigen Flug nach London Gatwick ( z.B. EasyJet: MUC-LGW)
Weiter mit der Aurigny Air Services, Guernseys Airline, deren Maschinen auch zwischen Inseln hin und her hüpfen
Wer von der Normandie aus mit der Fähre kommen möchte, für den starten die Fähren in St. Malo. Vorteil der Fähre – man hat ein Auto. Braucht man das auf der Insel? Eher nicht, denn das Busnetz auf Gerunsey ist toll.
Teuer ist natürlich subjektiv. Viele der Hotels auf der Insel bieten Pakete an. Eine Nacht in der Nebensaison in einem hübschen Manor oder komfortablen Hotel kostet um die £ 120. Die Preise fürs Essengehen unterscheiden sich nicht von den Preisen in München. Busse und Fähren sind günstig.
Adressen und Tipps
Gill Girard – die wohl beste Tour Guide der Insel. Sie weiß alles, spricht jedoch nur Englisch.
Email: gillstours@gmail.com
Tuk Tuk Guernsey
www.tuktukguernsey
Little Big Brew Company
23 St. George’s Esplanade, Guernsey GY1 2BG, Guernsey
www.littlebigbrewco.com
Übersicht der Hedge Vegs: hedgeveg.gg
Hotels & Restaurants
St Pierre Park Hotel, Spa & Golf Resort
Rohais, Guernsey GY1 1FD, Guernsey
www.handpickedhotels.co.uk/stpierrepark
Bella Luce Hotel
(sehr gutes Restaurant und hier wird der Gin gemacht)
La Fosse, St Martin Guernsey, GY4 6EB, GY4 6EB, Guernsey
bellalucehotel.com
Christies Brasserie (sehr gute Lobster Bisque)
43 The Pollet, Channel islands, Guernsey GY1 1WQ, Guernsey
www.thechristiesgroup.gg/christies/
Octopus Bar & Restaurant
Havelet Bay, St. Peter Port GY1 1AX, Guernsey
octopusgsy.co.uk
Im nächsten Bericht nehme ich euch mit auf die kleine Insel Herm, wo gerne auch mal an einem der herrlichen Strände geheiratet wird…
Offenlegung: Die Reise wurde unterstützt durch VisitGuernsey. Ich danke ganz herzlich dafür, dass ich jetzt – und das ist meine eigene Meinung – ein neues Lieblingsreiseziel habe.
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