12. Juli 2014

In der Küche mit Alex Atala

3 Kommentare

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Derzeit schreiben sie alle über Alex Atala. Seine Amazonas Küche ist der Liebling aller Restaurant-Rankings, er wird gefeiert und in die ganze Welt eingeladen.

Seit ich im vergangen Jahr zur Buchmesse dazu aufgerufen hatte, brasilianische Rezepte einzureichen und sein zu dem Zeitpunkt gerade in der Übersetzung erschienenes Buch als einer der Hauptpreise vergeben habe, beschäftigt mich diese Küche und der Mensch Atala.

Wer sein Buch kennt, wird schnell stutzig, denn die darin erwähnten Zutaten sind exotisch und entweder nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Amazonas-Formicas, die Ameisen, die nach Zitronengras schmecken zum Beispiel.

Sieben Wochen im Voraus hatte ich mir einen Platz reserviert (was angesichts seines Ruhms und der Tatsache, dass sich zu dieser Zeit in Brasilien alles nur um die Fußball WM dreht, ein verwegener Einfall sein sollte).

Man hat mich auch gleich darauf hingewiesen, dass es nicht sicher sei, dass er an diesem Abend da sein werde. Das nehme ich in Kauf. Ich habe nicht oft die Gelegenheit nach São Paulo zu reisen. Und wenn es nur wegen der Ameisen ist – ich musste hin.

In Brasilien isst man spät. Wer um acht Uhr abends erscheint, der schaut auf leere Tische. Ich will genau das. So kann ich die Atmosphäre besser erspüren, kann noch in Ruhe einen Drink nehmen. Die Küche ist vom Hauptraum heraus voll einsehbar und es herrscht ein geschäftiges Treiben in diesem winzigen Schlauch. Keine Spur von Alex Atala.

Unser Tisch ist im ersten Stock, gleich neben dem beeindruckenden, sicher 6 Meter langen und bis an die Decke reichenden Weinkühlschrank. Auf dem großen Tisch liegen Pfeile der Amazonas-Ureinwohner. Das Licht ist gedämpft. Wir entscheiden uns für das „kleine“ Degustationsmenü von 5 Gängen mit Weinbegleitung. Auf diese bestehe ich ausnahmsweise, denn ich bin gespannt, was passend zu diesen aufregend exotischen Zutaten gereicht wird. Wir haben eine Vegetarierin mit dabei, das wird entsprechend beim Menü berücksichtigt. Wer sich jetzt schon mal vorab an der Karte ergötzen will, der wird wenig finden, was den Gaumen vor Vorfreude tanzen lässt. Da steht nur Fisch. Und Fleisch. Und so weiter. Sei gespannt, heißt die Message. Ich bin gespannt. Und wie.

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Menü (mit Wein):

  • Jakobsmuschel mit Kokosmilch und Paranuss (Pinot d’Alsace Metiss 2011/Domaine Botty-Geyl/Alsace – France)
  • Geröstete Palmherzen mit Anchovis (Cheverny La Caillère 2011/Clos Du Tue Boef/Loire – France)
  • Königsmakrele mit Palmherzen, sautierten Pilzen, einem besonderen Honig der Amazonas Indianer « Jatai » (Quartz „Les Cailloux du Paradis“ 2006/Claude Courtois/ Loire – France)
  • Amazonas Fomricas (Ameisen) mit Ananas
  • Langoustine mit einer Creme aus Rucola und Kale (Matiz Alvarinho 2011/Hermann/ São Joaquim – Brasil)
  • Baby Pork Ribs in Malbec und Maniok (Via 1986 Gerant/Viapiana/ Flores da Cunha – Brasil)
  • Aligot
  • Paranusstorte mit Whisky Eiskrem, Curry, Schokolade, Salz, Rauke und Pfeffer (Licor de Jabuticaba)

 

Dann plötzlich, nach dem cremigen Aligot, steht er Alex Atala an unserem Tisch. Natürlich fragt er, wie es uns gefällt, erzählt ein bisschen, doch dann kommt er nochmal auf mich zu und meint „komm doch nachher noch runter in die Küche“, so als sei das das normalste der Welt. Eine Einladung in die Küche lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Und als die anderen nach weiteren zwei Stunden glücklich und satt ihre Serviette auf den Tisch legen, freue ich mich schon darauf, in die Gluthitze der Küche einzutauchen. Im Grunde genommen ist es kaum vorstellbar, dass in dieser winzigen Küche all diese unglaublichen Kreationen ihren Ursprung haben.

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Jedem der Köche steht höchstens ein Quadratmeter zur Verfügung. Über allem prangt die Flagge der Seleção. Auch eine Deutsche arbeitet derzeit in seiner Küche. Kathrin, eine Schwäbin, mit dem sicher strahlendsten Lachen der ganzen Küche. Sie erklärt mir auch jeden Posten. Auf meine Frage, wie das alles platztechnisch zu schaffen sei, lächelt sie nur und meint, das sei kein Problem, ein paar Sachen würden in der weitaus größeren Küche seines „Zweitrestaurants“ nebenan vorgekocht. Das erklärt alles. Trotzdem. Wie ein Präzisionsuhrwerk arbeiten hier alle nebeneinander. Alex erzählt mir von seinen Reisen und dass er bald wieder in Deutschland sein wird. Seit er im vergangenen Jahr den „ECKART 2013 für kreative Verantwortung und Genuss“ für sein Engagement um Nachhaltigkeit, welche über das Verwenden von regionalen Zutaten hinausgeht, bekommen hat, ist er ein gefragter Redner. Und er ist ein ganz besonders herzlicher Mensch. Einer der sich für den Menschen, mit dem er redet interessiert. Der nichts zu verbergen hat. Er hat an diesem Abend noch eine lange Nacht vor sich. Eine Feier in seinem zweiten Restaurant steht noch an, er zwinkert. Es ist bereits nach Mitternacht. Dann lässt er es sich nicht nehmen, mir noch einige seiner Ameisen mitzugeben. Er lässt sie einschweißen und drückt sie mir in die Hand. „Für dich und deine Freunde daheim“. Man kann nicht anders, als ihn für sein großes Herz zu mögen.

Ich freue mich schon sehr darauf ihn wieder zu treffen. Irgendwo. Er ist ja überall. Und an diesem Abend war er da. Ich habe großes Glück. Und ein klitzekleines Problem, denn noch ist nicht klar, wie ich jetzt vor meiner Reise nach Lima und der Rückreise nach Deutschland die Ameisen durchgehend gekühlt halten kann.

Auf jeden Fall war dies ein Abend mit großem Nachhall.

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Anmerkung (jetzt, da ich wieder zurück bin) – das mit der ununterbrochenen Kühlkette hat funktioniert. Dem Amazonasessen steht nun nichts mehr im Wege.

Wer mehr über Alex Atala und seine Küche lesen möchte, dem empfehle ich sein Kochbuch (Affiliate Link):

Und noch mehr empfehle ich natürlich einen Besuch in seinem Restaurant in São Paulo.

D.O.M. Rua Barão de Capanema, 549

Jardins, São Paulo , Brasil

http://domrestaurante.com.br/

 

3 Kommentare

  1. Ich war ein paar Tage nicht in der Blogosphäre unterwegs und sehe, dass Du in der Zwischenzeit ein wahres Südamerika-Feuerwerk entfacht hast. Großartig, liebe Claudia – und was für eine Ehre, von Alex Atala in die Küche eingeladen zu werden. Auf Dein Ameisen-Rezept bin ich schon sehr gespannt. Lieben Gruß!

    Antworten
  2. Vielen Dank für diesen wunderbaren Einblick und den schönen Bericht. Ich werde wohl nie die Gelegenheit haben selber einen Blick in diese Küche zu werfen. Dank dir fühlt es sich aber zumindest so an, als sei man dabei gewesen :-)

    Viele Grüße,
    Maja

    Antworten
    • Liebe Maja,
      sag niemals nie. Wer weiß, wann sich die Gelegenheit dazu ergibt. Ich hätte es auch nicht gedacht und dann wurde ich plötzlich nach Sao Paulo geschickt. Und konnte so das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Es gibt unglaubliche Zufälle, glaub mir.
      liebe Grüße
      Claudia

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