27. Oktober 2014

Und ewig der Stör – ein Besuch in der Küche des „Caviar-Chefs“ Diego Gallegos

1 Kommentar

Sollo-1-4„Sollo“ – Stör, so heißt das kleine Restaurant von Diego Gallegos. Es ist eine antike Bezeichnung für diesen Fisch, der einmal hier zuhause war. Für den spanischen Spitzenkoch mit brasilianischen Wurzeln ist das nicht nur ein Name, es ist das ganze Konzept. Fast alles was hier auf den Teller kommt, hat mit dem Stör zu tun. Sein Degustations Menü umfasst zwölf Gänge. Er ist selbst an der Aufzucht der Fische in der Nähe von Granada beteiligt. Er will wissen, was er verarbeitet.

Ich besuche Diego Gallegos in Benalmádena Pueblo, etwa zwanzig Autominuten entfernt von Málaga. Es ist ein kleines Dorf oben am Berg. Sein Restaurant bietet genau 5 Tische. Geöffnet ist es an 4 Abenden in der Woche. Und immer ist es lange im Voraus ausgebucht.

Bevor Gallegos vor einem knappen Jahr das Restaurant eröffnete, reiste er durch die ganze Welt. Arbeitete bei Alex Atala im D.O.M. in Sao Paolo, in San Sebastian und anderen renommierten Häusern. Seine Frau, die auch im Restaurant arbeitet, stammt aus Granada. Und so kam er zurück und zum Stör. Ich denke natürlich sofort an Kaviar, doch für ihn ist dieser Fisch viel mehr. Es ist nicht genug, dass er den ersten Bio zertifizierten Kaviar anbietet, er verwendet alles von diesem Fisch. „Nose to Tail“.

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Komm, trink erst mal einen Cava, sagt er und schnappt sich ein Glas, als ich am Tresen in der Küche Platz nehme. Dazu kann ich nicht Nein sagen.

Seine Küche ist offen und nur unwesentlich größer als meine eigene zuhause. Zum Auftakt bekomme ich den ersten Löffel mit Kaviar. Es ist ein essbarer Löffel. Gebettet auf einem Schnee von Wodka und Limone. Ich habe noch nicht oft echten Kaviar genießen dürfen und so muss ein Moment der Andacht schon sein, bevor ich ihn runterschlucke.

Während er mir erzählt, wie lange es dauert bis so ein Stör überhaupt geschlechtsreif wird und woher die ersten Störe, die im Süden des Landes angesiedelt wurden, kommen, bereitet er mir einen russischen Salat zu. Darauf legt er etwas das aussieht wie Krupuk (asiatische Krabben Chips). Es ist fluffige Störhaut, die zuerst getrocknet und dann wie Chips frittiert wurde. Natürlich wieder mit etwas Kaviar. Als sein Kollege damit beginnt, eine kleine Tranche vom Stör Filet für mich zu braten,  nimmt er eine schwarze Kugel aus dem  Kühlschrank, die sehr an einen Schokoladentrüffel erinnert.

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Das ist eine Morcilla, eine Blutwurst aus Störblut. Blutwurst ist in Spanien weit verbreitet. Ich liebe sie für ihren wunderbar würzigen Geschmack, jedoch aus Störblut habe ich sie noch nie gegessen. Als Kontrast gibt er ein wenig Ananas-Gelee und Thymian auf die kleine Kugel. Es ist wirklich ein atemberaubend feiner Geschmack, der nun in meinem Mund schmilzt.

In der Zwischenzeit ist auch die kleine Tranche vom Stör fertig gebraten und wird mit einer rauchig-scharfen Tomatenmarmelade und Kimchi Espuma angerichtet. Dazu schenkt er mir ein Glas 2013 Cloe Chardonnay von Chincilla ein. Später werde ich versuchen diesen Wein im Netz zu finden, doch es hätte mich gleich stutzig machen müssen, dass die Flasche handschriftlich nummeriert wurde. Sie ist selbst auf der Home Page des Weinguts nicht zu finden. Das tendenziell eher feste Fleisch des Störs wird mit der Marmelade zu einem Erlebnis, dass stark an BBQ erinnert. Wäre da nicht noch diese leichte Espuma, die alles noch mehr in die Höhe hebt.

Ob ich schon mal in San Sebastian gewesen sei, will er wissen. Ich schüttle den Kopf. Ich kann grad nicht sprechen. Ich genieße den gebratenen Stör. Oder auf der Madrid Fusion? Wieder schüttle ich mit dem Kopf. Da musst du hin. Da sind sie alle.

Dann erzählt er mir von seinen Reisen nach Asien und fragt, ob ich Dashi Brühe kenne. Natürlich kenne ich Dashi. Algen und Bonito Flocken. Er schmunzelt und zeigt mir etwas, das aussieht wie ein altes Stück Kohle. Ich korrigiere – ein Stück Kohle mit der Maserung von Thunfisch. Es ist Thunfisch. 12 Monate lang wurde es geräuchert. Für sein Dashi wird er auf einer speziellen Reibe hauchfein geraspelt. Das sei außerhalb von Japan gar nicht zu bekommen, meint er stolz. Das habe er von einem befreundeten japanischen Koch. In diese Dashi Brühe legt er ein Gyoza, ein Teigtäschen. Die Füllung sollte spätestens jetzt jedem klar sein. Richtig. Eine Farce vom Stör. Unter einem gebratenen Reisnetz wird es serviert.

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Dann gibt er mir noch ein Macaron mit einer Morcilla Creme und ein Dessert, das aussieht wie bunter Sand. Das weckt Erinnerungen an ein Dessert in Lima. Bunt, bröselig, mit cremigem Sorbet, Blattgold und Kakao. Ein fröhlicher Abschluss.

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Was ich hier von Diegos Küche probieren durfte, gehört zweifellos mit zu dem Außergewöhnlichsten, was ich je in der Küche erlebt habe. Keiner Küche eindeutig zuzuordnen. Es ist, als kreise die Küche der ganzen Welt um diesen Fisch, als sei Südamerika und Japan in der andalusischen Küche gelandet. Es ist eine leidenschaftliche Küche von einem noch jungen Koch. Auf höchstem Niveau.

Und ein Erlebnis, das man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen sollte. Aber dass es jeden Abend ausgebucht ist, hatte ich bereits erwähnt. Obwohl, meint er, in der Winterzeit könne es mal vorkommen, dass einer der Tische leer bleibe. Fragt sich nur wie lange noch.

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Sollo
Restaurante
Calle Santo Domingo 9
Benalmádena Pueblo
www.sollo.es

 

 

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1 Kommentar

  1. Unglaublich! Ich versuche mir vorzustellen, wie das alles geschmeckt haben mag und werde ganz atemlos dabei. Blutwurst vom Stör und zwölf Monate geräucherter Thunfisch, das muss ganz großes Kino sein.

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