15. Juli 2023

Capbreton – ein Paradies für Surfer und Gourmets und wo man die besten Restaurants und Armagnac findet

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Ferien, wie Ferien an der französischen Atlantikküste sein sollten

Im Flur der Wohnung meiner Großeltern hing ein kleines Bild, welches mein Großvater aus Biarritz mitgebracht hatte, lange bevor es mich überhaupt gab. Das Ölgemälde zeigt einen Strand an der Atlantikküste und ich habe es immer sehnsuchtsvoll betrachtet. Viele Jahre später stehe ich nun am Strand an der Atlantikküste und es fühlt sich an, als wäre ich endlich wieder da, wo ich vor langer Zeit immer meine Ferien verbracht habe. Ich war noch nie zuvor hier, wie kann es also sein, dass sich alles um mich herum so vertraut anfühlt, es kann eigentlich nicht sein und doch ist es da dieses Gefühl. Es ist da, als ich mein Auto vor dem Hotel direkt an der Marina abstelle und es wird stärker, je näher ich dem Strand komme. Ich laufe auf den Steg, der zum Leuchtturm führt. Wolken ziehen über den Himmel, die Wellen schlagen gegen die großen Steine. In einer Stunde kann das Wetter schon wieder ganz anders sein. Der Wind flüstert, warum hast du so lange gebraucht, um endlich herzukommen? Ich atme die salzige Luft ein und antworte – jetzt bin ich ja da.

Stimmungen am Meer

Endlos lange, breite Sandstrände, in der Ferne die Pyrenäen, und wenig Menschen am Strand. Es mag daran liegen, dass am Nachmittag Wolken aufgezogen sind. Im Wasser sehe ich fast keine Schwimmer, die meisten paddeln auf einem Board der nächsten Welle entgegen. So warm sei der Atlantik noch nie gewesen um diese Jahreszeit, erfahre ich. Beinahe 22° C. Das klingt nach einer erfrischenden Badetemperatur und so sieht es wohl auch die Seniorengruppe am nächsten Morgen, die zu früher Stunde ihre Aquagymnastik im mittlerweile wieder ruhigen Meer macht. Wo noch ein paar Stunden früher die Wolken über den Himmel jagten, ist jetzt nur Blau, das mit dem Blau des Horizonts verschmilzt. Ich stapfe durch die Dünen, laufe über den warmen Sand und stelle mich ans Wasser. Gerne hätte ich jetzt davon berichtet, wie eine sanfte, kleine Welle meine Knöchel umspielt, doch die kleine Welle ist tückisch – sie knallt mit voller Wucht gegen meine Beine. Meine Hose ist von oben bis unten nass.

auf dem Fischmarkt in Capbreton

Früh am Morgen sind es keine hundert Meter, die mich von meinem Hotel und dem Fischmarkt trennen. Ich habe die Fischerboote schon in der Nacht gehört, als die Türen in meinem Zimmer weit geöffnet waren. Sie fuhren hinaus und brachten all die Fische mit, die jeden Morgen hier angeboten werden. Auf Wunsch werden die Fische auch gleich filetiert. Ich freue mich darüber, die Menschen zu beobachten, welche Fische sie kaufen. Ich würde selbst gerne Fisch kaufen aber ich habe keine Küche. Ich werde diesen wunderbaren frischen Fisch nur in Restaurants essen und ich freue mich darauf.

kulinarische Highlights und beste Restaurants

Gleich am ersten Tag, kurz nach meiner Ankunft in Capbreton, besuche ich die Pêcherie Ducamp. Seit 70 Jahren gibt es dieses Restaurant, das im vorderen Teil eher einem Fischgeschäft ähnelt. Überall Becken mit Fischen und Hummern. Hierher kommt man, wenn man besten Fisch und Meeresfrüchte will. Zwei ältere Herren am Nebentisch teilen sich eine Étagère mit Hummer, Austern und Garnelen. Ich bestelle mir eine Fischsuppe mit Rouille (diese süchtigmachende Knoblauch-Safran-Mayonnaise) und danach ein „Daube de Poulpe“ eine Art Curry mit Oktopus. Die Suppe ist sämig und hat diese süßen Noten von gekochten Garnelen- und Hummerkarkassen. Das geröstete Brot, das ich zuerst in die Rouille und dann in die Suppe dippe, ist sättigend. Schließlich bekomme ich ja noch ein Curry. Ein Curry, das mich in die Welt der Gewürze der Insel Mauritius eintauchen lässt. Hier sind Kurkuma, Kokos, ein Hauch von Macis und Lorbeer im Spiel.

Pêcherie Ducamp
4 rue du Port d’Albert
40130 Capbreton
www.pecherieducamp.fr

Den Nachmittag verbringe ich in den Pinienwäldern auf einem Rad. Bewegung ist jetzt das Beste und die Radwege hier sind traumhaft. Das muss sein, denn ich werde im Maison Gustout erwartet und als ich am Abend das kleine Restaurant im Hafen betrete, ahne ich bereits, dass dies etwas Besonderes ist. Schon die Gläser und die Keramik auf den Tischen sind einzigartig. „Die hat eine Keramikkünstlerin extra für uns gemacht“, erfahre ich. Ich lasse mir besser nicht ihre Adresse geben. Das ist zu verführerisch. Ich werde schnell schwach, wenn es um schöne Keramik geht.

Chefkoch Charles Gouillou hat für mich ein Menü zusammengestellt. Es beginnt mit einer Krabbenbrühe mit Kräutern und Gemüsestreifen. In der kleinen Tasse steckt so viel Umami, sie ist so dicht und beinahe fettig, obwohl ich keinerlei Fett entdecken kann und es hätte mich kaum etwas so Schlichtes und doch überwältigend Gutes auf das, was noch kommen würde, besser vorbereiten können. Denn kaum ist die Suppe abgeräumt kommen immer mehr kleine Tellerchen und Schälchen. Eine luftige Krokette mit dem berühmten Kintoa-Schinken, eine Art Poke vom Weißfisch, welche jedoch nur mit Dill, Zitrone und dicken Bohnen serviert wird und marinierte Anchovis mit Brotstäbchen, einem floralen Olivenöl und Zitrone. Die Gerichte sind klar fokussiert auf einen Geschmack, es gibt nichts, was davon ablenkt und es ist immer gerade so viel, dass es nur ein kurzer Ausflug in eine Aromenwelt ist. Nach den Vorspeisen gibt es frisches, noch warmes Sauerteigbrot mit einer geräucherten Butter. Immer dann, wenn ich mir fest vornehme, weniger Brot zu essen, macht genau so eine grandiose Kombination alle guten Vorsätze zunichte.

Der Oktopussalat mit rauchiger Paprika und überbacken mit knusprigen Bröseln ist eine Wucht, zart und doch so eindringlich intensiv, dass jeder Bissen eine Freude ist. Ich erfahre, dass hier das getrocknete Corail der Jakobsmuschel dazu verwendet wurde, das Öl zu aromatisieren. Es folgt noch ein gegrillter Knurrhahn mit einer seligmachenden Sauce Béarnaise. Ich schicke in diesem Moment einen Gedanken an Julia Childs, die große amerikanische Köchin, die immer lustvoll seufzte, wenn viel Butter im Spiel war. Zum Abschluss gibt es verschiedene Desserts. Eine samtige Crème Anglaise mit Rhabarber, Schokolade und Pfeffereis und Meringue mit Kiwisorbet und Erdbeeren. Das Pfeffereis war herausragend. Danach unterhalte ich mich noch mit Küchenchef Gouillou, denn er muss wissen, wie inspirierend ich seine Küche finde. Derweil geht vor mir im Hafen die Sonne unter. Das alles ist ein bisschen magisch.

GOUSTUT
Quai de la Pêcherie
40130 Capbreton
www.goustut.fr

Aber auch die eher einfache Bistroküche, wie sie im „Le Bistrot“ in Vieux-Boucau, einem kleinen Ort unweit von Capbreton serviert wird, ist einen Besuch wert. Ich bestelle nur etwas gegrillten Oktopus und einen Salat – beides ist geschmacklich schön ausbalanciert und ansprechend angerichtet.

Restaurant le Bistrot Vieux-Boucau
2 Grand Rue
Place de la Mairie
40480 Vieux-Boucau
facebook.com/restaurant.le.bistrot.vieux.boucau

Ganz frisch und gerade erst neueröffnet ist die l’Auberge de la Pointe in Soustons. Das Restaurant mit Hotel liegt direkt an einem entzückenden kleinen See. In der Küche wird klassisch französisch gekocht, es gibt zur Vorspeise ein pochiertes Ei in einer Sauce Hollandaise mit Speck, dann ein saftiges Filet vom Merlu mit Sauce Vierge und einer schwarzen Polenta. Alles hier schmeckt nach Ferien.

l’Auberge de la Pointe
63 Avenue de Galleben
40140 Soustons
www.laubergedelapointe.fr

Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage offen, was man eigentlich so am Strand zu essen bekommt. Und da kommt „Lou Cabana“ ein Strandrestaurant ins Spiel. Hier ist alles ganz relaxed. Man bestellt sich sein Essen an der Bar, sitzt wahlweise in Liegestühlen oder weichen Kissen am Tisch und genießt den Blick aufs Meer. Ich habe mir Nudeln mit Garnelen bestellt, die mit knackigem Gemüse und wirklich grandios guten Garnelen serviert wurden.

Lou Cabana
952 Bd Front de Mer, 40150 Soorts-Hossegor
www.loucabana.com

ein Weingut am Meer – Domaine de la Pointe

Seit dem 13. Jahrhundert wird in Capbreton Wein angebaut. Es ist ein schwieriges Terroir. Viele haben aufgegeben. Napoleon der Dritte verbannte die Reben und ersetzte sie durch Pinien. Doch seit einigen Jahren gibt es frischen Wind in der Winzerszene an der Küste. 2018 beschloss Cyril Laudet, von der Domaine Laballe, die Domaine de la Pointe und damit den letzten verbliebenen Weinberg von Capbreton, zu übernehmen. Das kleine Weingut ist auf dem besten Weg, sich an der Küste zu etablieren. Doch nicht nur der Wiederaufbau des jungen Weinguts beschäftigt den Önologen Alan Lesbordes, es ist auch der Klimawandel, der ihn vor neue Herausforderungen stellt. Und so arbeitet er mit Talg, den er austrägt um die Hitze besser zu reflektieren. Außerdem bestreut er den Boden mit gehäxeltem Holz, damit nicht so viel Feuchtigkeit verdunstet. Er arbeitet mit Chardonnay, Gros Manseng, Chenin Blanc, Tamat, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Die Weine tragen den Namen „les Pieds dans le Sable“ – „die Füße im Sand“. Es sind frische, gefällige Weine, in deren Aromenspektrum auch Jod und Salz zu finden sind. Den meisten Wein verkaufen sie hier direkt ab Hof. Im Sommer schauen jede Menge Besucher für eine Verkostung vorbei, auch Führungen werden angeboten. Hier kann man gemütlich unter Bäumen sitzen und die Weine probieren. Sollte man unbedingt machen, wenn man in der Gegend ist.

wunderbare Radwege bis zum Weingut

den habe ich mitgebracht – wunderbar süffig

kräftig, würzig mit weichem Tannin

die Verkostungshütte

Das Glück ist ein Armagnac

Armagnac ist etwas aus der Mode gekommen. Zumindest in Frankreich. Das ist ein bisschen wie mit dem Sake in Japan. Dort trinkt man auch weniger als früher, doch die Exporte steigen kontinuierlich. Armagnac ist ein distinguiertes Getränk für Kenner. Richtig toll wird er, wenn er viele Jahre reifen durfte, was aus ihm kein Schnäppchen macht, vergleicht man jedoch die Preise mit 20 Jahre altem Whisky dann wird schnell deutlich, dass sich der Armagnac weit unter seinem Wert verkauft. Vielleicht ist Armagnac mit seinen 43% (Rebsorten: 90% Ugni Blanc – 10% Baco) nicht das perfekte Sommergetränk, doch er eröffnet einen Moment des Eintauchens in den Genuss, er wärmt und offeriert ein weites Spektrum an Nuancen.

Distillerie Havion

(wo es auch ganz tollen Rum gibt)
9 rue des artisans
40480 Vieux-Boucault

Château de Laballe

(den besonderen Armagnac aus reinen Baco Trauben bekommt man auch im Hofverkauf des Weinguts Domaine de la Pointe)
Chemin de la Pointe, Capbreton
domainelapointe.fr

 

Markttag in Vieux-Boucau und weitere kulinarische Adressen zum Einkaufen

Donnerstags ist Markttag in Vieux-Boucau. Hier gibt es nicht nur frisches Brot, Käse, Schinken, Wein, Gemüse und Armagnac zu kaufen, man kann auch die Küche der Insel La Réunion entdecken.

auf dem Markt in Vieux-Boucault

Wer dann noch auf dem Rückweg im Hofladen des Bauernhofs Darrigaude vorbeikommt, kann sich mit Foie Gras, Pasteten und weiteren Köstlichkeiten eindecken. Ganz besonders ist das Cassoulet, welches anstelle von Bohnen mit selbst angebauten Erdnüssen gekocht wird.

Unterwegs in der Natur

Wer die Ruhe in der Natur sucht, für den ist ein Besuch im Naturreservat Marais d’Orx unbedingt zu empfehlen. Man kann rund um den Polder laufen oder sich auf eine Bank setzen und einfach nur dem Wind in den Pappeln lauschen und die Vögel beobachten. Die Wege sind liebevoll angelegt. Der Eintritt ist frei.

ein Ausflug auf den Markt nach Biarritz

und dann musste ich es zum Abschluss natürlich doch noch tun. Nach Biarritz fahren. Ich wollte auf den Markt. Das lebhafte Biarritz war nach den ruhigen Tagen in Capbreton fast zu viel für mich. Zu viele Menschen, zu viel Verkehr. Schon als ich zwischen den wirklich opulent gefüllten Ständen flanierte, spürte ich die Sehnsucht nach „meiner Küste“. Nach Capbreton. Nach den Pinienwäldern und dem Meer. Natürlich gibt es auch hier Meer. Doch es ist mondäner. Urbaner.

Ich kaufe in einem Küchenladen noch eine Schale aus dem typisch baskischen Porzellan und verlasse die Stadt. Am Flughafen treffe ich zwei Surfer, die ich bereits auf dem Hinflug kennengelernt habe. Wir berichten uns gegenseitig, was wir in dieser Woche alles erlebt haben. Und in meinem Fall ist das wirklich jede Menge. Wir hatten auch genug Zeit bis zum Abflug. Kaum sitze ich im Flugzeug, wird die Sehnsucht nach der Küste wieder größer. Bis bald Pays Basque!

Übernachten

Hôtel Océan
85, avenue Georges Pompidou
40130 Capbreton
www.hotel-ocean-capbreton.com

 

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Offenlegung: die Reise wurde unterstützt von Nouvelle-Aquitaine Tourisme. Merci beaucoup! Es sind meine Eindrücke und meine Worte.

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