Ich bin im Reich von Methi, Tulsi und Kadhi Patta – im Reich der indischen Gewürze. Hinter diesen Namen, denen ich hunderte Male in Indien begegnet bin, verbergen sich Bockshornklee, süßes Basilikum und Curryblätter. Ich bin auf Schloss Elmau, beeindruckend residiert dieses nicht erst seit dem letzten G7 Gipfel berühmte Haus vor einem überwältigend schönen Bergpanorama, und darf in die Küche.
Um einem mehrfach ausgezeichneten, indischen Chefkoch über die Schulter zu schauen. Küchenchef Rajiv Vatsyayan ist im Rahmen der kulinarischen Festwochen für zwei Wochen aus dem 5 * Hotel The Oberoi in Gurgaon angereist. Ich kenne Gurgaon, es liegt zwischen dem internationalen Flughafen und dem Moloch Dehli, eine Finanz- und Geschäftsstadt, wo wie überall in Indien, die Welten dicht beieinander leben. Kühe auf der Straße, opulente Pracht, versteckt hinter Mauern. Einmal luden mich meine indischen Geschäftspartner in das prachtvolle 5* Hotel Trident in Gurgaon zum Essen ein, ich platze fast vor Vorfreude auf indische Hochküche, und es gab – Pizza! Damals das Nonplusultra an kosmopolitischer Kulinarik. Nun gut. Ich war in Indien. Fairerweise muss ich gestehen, dass die Pizza sehr gut geschmeckt hat.
Mein erstes indisches Kochbuch kaufte ich mir bereits Ende der achtziger Jahre, es hatte keine Bilder, bot jedoch ein umfassendes Spektrum der verschiedenen Zubereitungsarten dieses riesigen Landes. Ich kochte mich tapfer durch Curries, Samosas, Parathas und seidige Bohnenklößchen. Färbte alles, einschließlich meiner Finger gelb mit Kurkuma und war stets auf der Suche nach frischen Curryblättern. Da wundert es keinen, dass ich sie tütenweise aus Indien mitgebracht habe. Immer wieder.
Die Einladung, mit Rajiv in der Küche von Schloss Elmau zu stehen, lockte noch mehr als die berauschende Aussicht auf die Berge. Moderne Küche aus Südindien ist der Plan. Und nach einer kurzen Führung durch die wunderbaren Hallen und Gärten (man ist ausgebucht, doch auch das merkt man nicht, so weitläufig ist es hier) werde ich mit der kleinen Gruppe, die mich begleitet und meiner Bloggerfreundin Petra, schon in der Küche erwartet.
Namasté, ein Glas mit herrlichem Blanc de Blancs von Bassermann-Jordan und schon heißt es Schürzen anziehen. Zum Auftakt erklärt Rajiv uns die Gewürze. Ich kenne sie alle. Heimspiel, denke ich, doch bereits nach dem ersten kleinen „Apptithäppchen“, einem säuerlich schaumigen Gebäck mit Senfkörnern und Kurkuma, das ohne Hefe und Gluten zubereitet wurde, wird mir klar, dass es die kunstvolle Portionierung selbiger ist, welche ihre mächtige Ausdruckskraft zum Vorschein bringt. Dieses „Gebäck“ ist vollendet gewürzt. Sparsam und dennoch von subtiler Fülle.
Während draußen die Gäste am Pool verweilen, kühlen wir uns mit einem selbstgemachten Joghurt mit Bockshornklee, schwarzer Senfsaat und frittierten Curryblättern. Es wirkt, es kühlt.
Dann erklärt uns Rajiv einige grundlegende Dinge, welche die südindische Küche prägen, allem voran die Kokosnuss. Auf Schloss Elmau werden täglich mehrere Kilo Kokosnüsse frisch aufgeschlagen, geschält und dann geraspelt. Die frischen Kokosraspeln werden zusammen mit grünem Spargel und Möhren, etwas Salz und wieder schwarzen Senfsamen im Wok gebraten. Zum Hauptgang, einem Fischcurry, zu dem Küchenchef Rajiv die Zwiebeln und den Knoblauch sehr sanft anschwitzt, mit Kurkuma, Tomaten, fein geschnittenen Frühlingszwiebeln und Kokosmilch würzt, hat die Sommelière des Hauses Marie-Helen Krebs, eine besondere Überraschung für uns. Darauf bin ich wirklich gespannt, war ich doch noch nie in einem indischen Restaurant, dessen Weinangebot auch nur ansatzweise als interessant, geschweige denn korrespondierend, zu bezeichnen war. Was also passt zu Kurkuma und Fisch? Eine Flasche Halenberg Riesling 2008 GG von Emrich-Schönleber wird geöffnet. Traumhafte, geradezu tropisch, füllige Fruchtnoten, kontrapunktieren die medizinische Schärfe des Kurkumas. Das ist grandios! Ein Glücksmoment.
„Das ist nicht der Wein, den ich dafür vorgesehen habe“, meint die charmante Marie-Helen. Das Weingut stimmt, doch es sollte der Monzinger Halenberg Riesling R 2008 von Emrich-Schönleber sein. Die Flasche wird geholt. Zu spät. Ich habe bereits mein Herz vergeben. Auch der zweite Wein ist ein Gedicht, doch es sind die tropischen Früchte, die mich verzückt immer wieder zum ersten Wein zurückkehren lassen. Was für ein Geschenk dieser Wein. Was für eine atemberaubende Kombination.
Und auch wenn diese Kombination eindeutig der Höhepunkt des heutigen Tages ist, wird es noch einmal spannend, als Rajiv plötzlich anfängt, im großen Wok Speck zu braten. Speck? Moment, da war doch was? Richtig, in Südindien ist es eher unwahrscheinlich, dass einem Speck auf einer Karte begegnet, doch fährt man die Küste einige hundert Kilometer nördlich nach Goa, welches lange Zeit portugiesische Kolonie war, begegnet man auch den kulinarischen Hinterlassenschaften seiner Kolonialherren. Dieses Gericht ist Rajivs Lieblingsgericht. Nach dem Speck fügt er gekochten Reis dazu und würzt das Ganze mit viel frischem Koriander. In seiner Schlichtheit kaum zu übertreffen und doch grandios.
Zum Abschluss gibt es noch Parathas, frische Linsenfladen aus der Pfanne. Kochtechnisch werden wir nicht wirklich gefordert an diesem Tag und doch zeigen mir diese vermeintlich simplen Gerichte, wie gekonnt die Gewürze hier zum Einsatz kommen. Und ich muss noch lange üben, bevor auch meine Linsenfladen so fluffig werden.
Wir reden noch ein bisschen über schwarzes Linsencurry (Black Dal) und dann geht es auch schon zur G7 Bank fürs Abschiedsfoto. Während wir alle zusammen mit Rajiv und Mario Corti, dem kulinarischen Direktor, und Küchenchef Christian Scheler glücklich in die Kamera strahlen, wälzen sich bereits die ersten Gewitterwolken über die Berge.
Ich verneige mich ein weiteres Mal, Namasté, das war ein beeindruckender Tag und ich bedanke mich herzlich bei Schloss Elmau und PRCO für diese Einladung.
Und ich spüre es schon wieder, dieses Verlangen nach Indien. Gleich am Abend kontrolliere ich noch meine Vorräte an schwarzem Senfsamen, Bockshornklee und Asant. Alles da. Ein Glück.
Ein schöner Bericht über diesen Tag gibt es auch bei meiner Bloggerfreundin Petra vom Blog „Der Mut Anderer“
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Was für eine Aussicht, sowohl auf die Berge als auch in die Küche! Das muss ein tolles Erlebnis gewesen sein, liebe Claudia, nach dem Lesen fühlt man sich, als sei man dabei gewesen. Lieben Gruß!
Hmmmm… Ich rieche förmlich, wie’s in der Küche roch! Auf diese Einladung bin ich wirklich ein klitzekleines bisschen neidisch, weil ich doch wie Du mein Herz an Indien und die indische Küche verloren habe… Danke, dass Du uns wenigstens hast dran teilhaben lassen. Und den Wein googel ich gleich mal :)
Vielen Dank liebe Julia,
ja die indische Küche ist schon wunderbar. Ich glaub, ich hab allein 5 Kochbücher dazu mittlerweile… Nicht erschrecken, wenn du den Wein suchst.. er ist ausverkauft und ein kein Schnäppchen. Ich werde aber mal nach einer würdigen Alternative suchen.
LG
Claudia
Ein wunderbarer Bericht, aus dem deine Begeisterung aus jeder Zeile spricht. Schloss Elmau steht auch noch auf meiner Wunschliste….
Vielen Dank liebe Sabine, es ist tatsächlich so, dass ich ja ein nicht nur ein Faible für Indien und seine Küche habe, sondern auch neugierig war, was da an Wein dazu kommt.Und wir hatten so ein Riesen-Glück mit dem Wetter (aber eigentlich ist das in der Küche ja egal)
Liebe Grüße
Claudia
Toller Bericht, der Ausflug zum Schloss Elmau hat sich ja scheinbar sehr gelohnt! Über die indischen Gewürze hätte ich auch noch gern etwas gelernt…
LG
Ela
Liebe Ela,
ich bin sicher DU kennst die alle. Du kochst ja auch gerne in diese Richtung. Neuentdeckung waren die Curryblätter, die anders als in Indien aussahen wie Rosmarin Nadeln.Aber eben mit eindeutigem Curryblatt Duft.
Liebe Grüße
Claudia