Es heißt immer, bei Nacht sind alle Katzen grau. In Dubai ist es der Tag, der alles in tristem Sandbeige versenkt. Seelenlose Wolkenkratzer, Baukräne wohin das Auge reicht. Farben und Funkeln gibt es nur in der Nacht. Atmosphärische Strandidylle? Sicher nicht. Wer hierher kommt will entweder mitbauen, shoppen in einer der gigantischen Malls oder sich in seiner Hotelburg vergraben. „Einfach mal ne Woche in der Wärme am Pool ausspannen“, heißt es ja immer so schön. Und dann weiter?
Es mag seine Vorzüge haben, das Areal des Hotels möglichst nicht zu verlassen, denn mal ganz ehrlich, was gibt es da schon groß zum Kucken? Noch mehr hohe Bauten? Das Fahren mit der U-Bahn hat auch so seine Tücken. Einmal in den falschen Wagen eingestiegen, dummerweise in die Gold-Klasse, zack, Türen zu bevor man es merkt, und schon bekommt man von einer verschleierten Dame eine Standpauke, dass man sich gefälligst in seiner Klasse aufhalten möge. Von einer Verwarnung hat sie dann grad mal noch abgesehen. Immerhin, in den Damenabteilen ist meist mehr Platz.
Was tut man also in so einer Stadt, wenn einem grad nicht danach ist, einen neuen Fernseher zu kaufen oder ein paar Schuhe von Manolo Blahnik? Oder einen neuen Lockenstab?
Für horrendes Geld auf einen der Wolkenkratzer fahren und das Elend von oben betrachten? Sieht ja auch nicht viel anders aus. Sandbeige Wolkenkratzer von oben eben.
Wo also findet man die Seele in dieser Stadt? Das Leben abseits der Konsumtempel? Bedauerlicherweise auch nicht in den stylishen neuen Cafés auf dem schicken neuen Boulevard. Dort sitzt nämlich keiner. Nicht weil es zu heiß wäre, ist ja grad echt angenehm dort, sondern weil..tja, wenn ich das nur wüsste. Sie sind leer, diese tollen neuen Cafés. Ab und zu sitzt mal ein kleines Grüppchen zusammen, das war es dann aber auch schon.
Wo Essen ist, ist Leben
Ein erster Anflug von Tristesse überkommt mich. Was da hilft, ist ein Markt. Und auch wenn ich hier keinen Fisch und keine Muscheln kaufen kann, die wundervollen Bananenblüten leider nur bestaunen kann, es ist die Atmosphäre auf so einem Markt. Auf dem großen Markt gibt es eine ganze Straße nur für Datteln. Datteln sind ja schließlich nicht gleich Datteln. Da kann man sich schon mal eine Weile durchprobieren, bis man „seine“ Datteln gefunden hat. Ich mag sie am liebsten ganz frisch und hart. Sie haben etwas leicht Pelziges, was sich in den Gaumen gräbt, nur zaghaft geben sie ihre Süße und ihr Aroma frei. Frische Datteln sind einfach großartig.
Am Eingang des Marktes kommt gleich einer mit einer Schubkarre angerannt. Ich winke ab. Erst später begreife ich, dass die eine Notwendigkeit ist, wenn man hier größere Einkäufe tätigen will. Aber das will ich ja gar nicht. Oder besser, ich kann es nicht, einzig ein Kilo Datteln wird gekauft und das kann ich gerade noch ohne Schubkarre hinaustragen.
Auf den Fischmarkt geht man entweder früh am Morgen, wenn die Fischer ihren Morgenfang bringen, oder später am Abend, dann gibt es nochmals frischen Fisch. Leuchtend blaue Muscheln lachen mich an. Es ist durchaus angenehm hier zu sein, denn keiner der Verkäufer ist aufdringlich in seinem Wunsch, die Ware zu veräußern. Man kann in Ruhe flanieren und sich am Anblick der schönen Fische berauschen.
Ein kleines Restaurant gibt es dort auch auf dem Markt. Hier kann man sich einen frischen aussuchen und ihn dann grillen lassen. Die Würze ist fantastisch. Dazu gibt es frisches Fladenbrot und Salat. Perfekt, köstlich und ausgesprochen preiswert.
Sag mir, wo die Hipster sind
Freitags gibt es im Zabeel Park einen Markt für Handgemachtes. Sowohl Essbares wie auch Schmuck, Hüte und bunte Klamotten. Ein bisschen Goa (T-Shirts mit Leuchtfarben für den nächsten Rave), ein bisschen Berlin (selbstgeröster Café neben garantiert glutenfreien Keksen), Bio-Gemüse in hübschen Tütchen und ein bisschen was vom Streetfood Market (aber dem aus dem vorvergangenen Jahr). Das ist dann der Ripe Market. Da geht jeder hin, dem freitagnachmittags nichts Besseres eingefallen ist. Kann man schon mal machen, wenn man Touristen und die vielen Expats sehen möchte, wie sie ihre Chia Bowl oder einen Bio Burger essen. Das ist alles ganz nett, aber wirklich stimmungsvoll ist es nicht.
Am Strand sieht es da nicht viel besser aus. Da gab es zwar anlässlich des Foodfestivals noch mehr Foodtrucks (schließlich will man ja nur ungern auf seine blau-rote Zuckerwatte in Urlaub verzichten) aber irgendwie hatten wir das mit den Foodtrucks doch schon wieder ein bisschen über.
Komme ich also wieder?
Die Frage habe ich mir mehrmals gestellt, und sie immer wieder anders beantwortet. Ich musste Dubai also sacken lassen und schob die Antwort weiter vor mir her. Dann, irgendwann nach Tagen des Drübernachdenkens, Wieder-Vergessens ist sie da die Antwort. Ja, ich würde wieder hinfahren. Weil neben all dieser Kunst-Welt, dieser schieren Lust am Shoppen (nicht lachen, ich habe japanische Spülschwämme gekauft), den ausgezeichneten Restaurants und dieser unendlichen Spielwiese von perfektem Design auch eine Seele schlummert, die sich so leicht nicht zu erkennen gibt. Wer sie sucht, findet sie mit Sicherheit auf dem Markt. Zwischen Reis, Gewürzen und dem Fisch.
Deira Fish Market
Corniche Deira, Al Ras – Dubai – Vereinigte Arabische Emirate
Ripe Food & Craft Market
Zabeel Park – Gate 2 – Dubai – Vereinigte Arabische Emirate (Freitags)
Gewürz-Souk
26 34 St – Dubai – Vereinigte Arabische Emirate
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