Seine Küche wird oft als Küche der „raffinierten Einfachheit“ beschrieben. Das trifft es ganz gut, denn seine Küche ist wie eine ruhende Insel im Meer der gehypten Küchenchefs und seit mehr als 25 Jahren ein Maßstab für unaufgeregte Perfektion, die einfach nur begeistert. 25 Jahre Sterneniveau, Tag für Tag, da darf man dann auch schon mal von einer Legende sprechen. Was der gebürtige Österreicher Hans Haas im Münchner Sternerestaurant Tantris geschaffen hat, ist nicht weniger als Meilensteine der deutschen Spitzengastronomie.
Den 35 seiner „Signature Dishes“, seiner wohl berühmtesten Kreationen, werden in seinem neuen Buch viel Raum gegeben. Sämtliche der Rezepte beeindrucken durch eine überschaubare Anzahl an Zutaten, wirken unaufgeregt und bestechen durch eine stringente Fokussierung auf den Geschmack. Da wäre zum Beispiel das lauwarme Filet vom Huchen mit Holunderblütenfond. Vor einigen Jahren habe ich es zum ersten Mal im Tantris gegessen. Es gibt wenig was glücklicher macht, als diese umwerfende Mischung aus luftigem Püree, köstlichem Fisch und schmeichelnden, floralen Noten. Ich habe mich verliebt in dieses Gericht. Habe es in mein inneres Schatzkästchen für kulinarische Höhepunkte aufgenommen und trage es immer mit mir. Und wenn ich hier den Begriff „bodenständig“ auch gerne im gleichen Atemzug nenne, so meine ich dies als Huldigung an eine schnörkellose Balance allerfeinster Kochkunst und regionaler Zutaten.
Diese Bodenhaftung hat Hans Haas nie verloren. Er ist kein Mensch der großen Worte und als sein Verleger Ralf Frenzel vom Tre Torri Verlag die Laudatio anstimmt, über die Zusammenarbeit spricht und ganz besonders hervorhebt, dass sämtliche der Gerichte aus seinem Buch für die Fotos an einem einzigen Tag im Tantris gekocht wurden, kommentiert Haas dies nur mit einem einzigen Satz: „Wir haben einfach Gas gegeben“.
Es ist diese gradlinige Haltung, Bescheidenheit und auch ein Zeichen von außerordentlicher Größe, dass er diesen Ruhm gerne teilt. Mit seiner Sous-Chefin Sigi Schelling, mit seinem gesamten Team und mit den Eigentümern des Hauses, der Familie Eichbauer. Er hebt hervor, wie wichtig dieses Zusammenspiel ist, wie entscheidend für den Erfolg.
Das Menü
Den Auftakt seiner Kostproben aus dem Buch macht der Kalbskopf in Ciabatta und marinierten Bohnen. Serviert auf den bestimmt schon mittlerweile berühmten Glastellern. Zartheit trifft auf knuspriges Brot und wird von herrlichen Wachsbohnen umgarnt. Kein bemühtes Gekünstel mit einer Orgie aus kleinen Blättchen, sondern eine klare Aussage. Umwerfend gut. Gleich der nächste Gang lässt mich jubeln – es ist mein geliebter Holunderblütenfond, diesmal mit Forelle. Sofort schlage ich dieses Gericht in seinem Buch nach und muss feststellen, dass ausgerechnet mein allerliebstes Gericht, doch für den ambitionierten Hobbykoch eine gewisse Herausforderung darstellt. Hier geht es schon richtig zur Sache: Holunderblütenöl herstellen (Standzeit 2 Tage), Tomatenfond, Holunderblütenfond, Selleriepüree, Kartoffelkrusteln und eine Garnitur, die Kleinhacken im Microformat erfordert. Ich habe Ziele. Dieses Gericht wird eines davon.
Kurz wähne ich mich im seligen Glück, nahe dran zu glauben, den Höhepunkt bereits erlebt zu haben, als der nächste Gang serviert wird. Lauchpüree mit Kaviar und Nussbutter.
Die Kombination dieser drei Komponenten ist atemberaubend. Nie habe ich Kaviar eindrucksvoller erlebt, als in diesem Moment. Und gab es auch nicht wirklich viele Gelegenheiten zu denen ich echten Kaviar gegessen habe, sie verblassen in exakt diesem Augenblick. Jedes einzelne Perlchen lasse ich über meine Zunge rollen, bade es in der Nußbutter und freue mich mit jedem Löffel wieder aufs Neue.
Es folgen Ravioli vom Wollschwein mit Pfifferlingen und ein Rehrücken mit Balsamico-Kirschen, das Finale bestimmen kleine Grießknödelchen mit frischen Erdbeeren.
Jedes der Gerichte lese ich später im Buch nach, wo jeder Schritt gut erklärt wird. Ja, dieses Buch macht Hoffnung. Hoffnung, etwas lernen und diese großartige Küche zu meistern.
Ich kaufe Kaviar!
Die Entscheidung, was ich erstes aus dem Buch probieren möchte, fällt mir leicht. Ich will das Lauchpüree mit Nußbutter und Kaviar. Imperial Kaviar – nicht kleckern, sondern klotzen! Es ist eine Premiere für mich. Kaviar ist ein Luxusprodukt, das zelebriert werden sollte. Also radle ich in die Innenstadt, wo in der Nähe des Viktualienmarkts das Caviar House ist. Ich habe es davor immer mit Missgunst betrachtet, war doch genau an dieser Stelle mein allerliebster Olivenöl Laden. Jetzt also Kaviar. Wer braucht schon Kaviar? Ich. Heute. Und der Laden hat zu. An der Tür ein dezenter Hinweis, dass die Filiale heute geschlossen sei und man möge sich doch in die Dependance im Hotel Vier Jahreszeiten bemühen. Gut, dann also dorthin. Der Herr in Livree blickt freundlich irritiert, als ich mein Rad vor dem Eingang abstellen möchte. „Ich brauche Kaviar!“, erkläre ich. Er nickt verständnisvoll. „Gleich hinter dem Eingang rechts, Sie können das Rad gerne hier stehenlassen, ich passe darauf auf.“ Allein das macht das ganze Unterfangen, ein Gericht von Hans Haas zu kochen, doch gleich schon mal zu einem einmaligen Erlebnis. Ich betrete das noble Hotel Vier Jahreszeiten um Kaviar zu kaufen. Dass es lediglich bescheidene 10g sein werden, muss ich ihm ja nicht gleich unter die Nase reiben. Die junge Dame verpackt das winzige Gläschen trotzdem aufwendig mit Kühlakku und einer Styroporbox. So macht man es richtig. Sollte ich je mit Gedanken an eine 200g Dose spielen, weiß ich genau, wohin ich wiederkomme.
Kaviar mit Lauchpüree und Nussbutter
Für Vier
Kartoffelpüree
350 g mehlig kochende Kartoffeln
20 g Butter
100 ml Milch
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Lauchpaste
300 g Lauch
Salz
1 EL Sauerrahm
Außerdem
2 EL Butter
4 TL Kaviar
Kartoffelpüree: Die Kartoffeln schälen. in etwas Salzwasser weich kochen, abschütten und durch eine Kartoffelpresse drücken. In einem Topf Butter und Milch erwärmen, mit Salz, Pfeffer und frisch geriebener Muskatnuss kräftig würzen und unter die Kartoffelmasse rühren.
Lauchpaste: Das grüne Ende von Lauch in feine Scheiben schneiden, in Salzwasser kurz blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Den kalten Lauch gut ausdrücken, in eine Küchenmaschine geben und mit dem Sauerrahm glatt mixen. Etwa 5 EL des Kartoffelpürees mit beliebiger Menge Lauchpaste mischen. Den Rest des Pürees für ein anderes Gericht verwenden oder einfrieren.
Servieren: Butter in einem kleinen Topf bei mittlerer Temperatur unter Rühren aufschäumen, bis sie eine goldbraune, nussige Farbe erhält. Jeweils eine Nocke Lauchpüree auf die Teller geben, mit Nussbutter umgießen und mit Kaviar garnieren.
Göttlich! Danke, lieber Hans Haas für diesen Genuss.
Das Buch „die Kochlegende Hans Haas“, ist am 24. Juni 2016 in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung in der Gourmet Edition des Tre Torri Verlags erschienen.
Wie cool, ihr wart live bei der Buchpräsentation mit Verkostung dabei. Sieht toll aus, da bekomme ich ja von den Bildern schon Appetit! Ich konnte Hans Haas in Frankfurt für ein Interview gewinnen, das auf meinem Blog veröffentlicht ist. Das Kochbuch hat einen Ehrenplatz im Regal… großartige Rezepte!
Schaut doch mal vorbei…