11. März 2019

Über kulinarische Reisen in Japan, ein Treffen mit einer philippinischen Starköchin und was sonst auf der ITB los war

2 Kommentare

Man muss es einmal gesehen haben. Dann, wenn sich der Pulk langsam, wie eine einzige Masse aus Schultern und Köpfen die Treppe von der S-Bahn hinauf zur Messe schiebt. Ich frage mich, was passieren würde, wenn auf dieser Treppe einer stolpert. Es ist 9:30 am Morgen des zweiten Tages der ITB, der größten Tourismusmesse in Berlin. Ich habe gleich um 10:00 Uhr meinen ersten Termin, das haut jetzt schon noch nicht hin, denn bis ich vom Südausgang ans gegenüberliegende Ende zur Halle 18 gelaufen oder mit dem Bus gefahren bin, bin ich zu spät. Die Schlange an der Garderobe, der nicht lesbare Code der Eintrittskarte – das kommt dann noch obendrauf. Hallo Wahnsinn!

Ich bin nun schon zum viertem Mal auf der ITB, aber so bescheuert wie dieses Mal, habe ich meine Termine noch nie gelegt. Ich beginne in Halle 18, renne zurück nach Halle 2, um dann sofort wieder in der Halle 18 weiterzumachen. Pause? Wer braucht schon eine Pause? Kurz bevor ich über Frankreich und Spanien nach Japan hechte, esse ich noch schnell ein Stück Pizza, werfe ein Pfefferminz ein und grinse mich kurz im Spiegel an. Wenn man einen Vortrag halten muss, dann ist so ein bisschen Oregano zwischen den Zähnen nicht ganz so vorteilhaft.

Reden über kulinarische Reisen in Japan

Ich bin nicht wirklich nervös vor meinem Vortrag, aber so ein Schlückchen Sake wäre jetzt durchaus willkommen. Ja, zur Not auch ein Glas Wein. „Bist du sicher?“, fragt ein Freund. Ja, bin ich und wenn du nochmal fragst, dann gleich noch eins. Etwas in mir beginnt in der gleichen Lautstärke zu fiepen, ganz so, als wäre ich jetzt schon zu nah mit meinem Mikrofon am Lautsprecher. Die Reihen füllen sich und zum ersten Mal an diesem Tag spüre ich meine Füße nicht mehr, die mich sonst wütend anbrüllen, wenn ich zu lange stehe. Gleich werde ich über meine kulinarischen Erlebnisse in Tokyo sprechen, über Sushi, Ramen und süße Mochis, darüber, was man beachten sollte, wenn man dort in die Sternerestaurants besuchen möchte, und warum man sich auch ohne Worte immer auf ein Essen verständigen kann. Und natürlich werde ich über Bio in Tokyo sprechen. Über den großen Markt an der Universität der Vereinten Nationen und die Fressbuden am Tsukiji Fischmarkt. Und ich will, dass ihr mir alle zuhört, dass ihr es ignoriert, wenn nebenan am nächsten Stand gerade K-Pop läuft. Ich stehe ein wenig eingezwängt zwischen der ersten Reihe, im Rücken den Lautsprecher, in einer Hand das Mikro, die andere frei, um durch die „old-school“ Powerpoint zu klicken.

Und dann geht es los. Mein Einstieg sind die unendlich vielen Kochbücher über japanische Küche, die in den letzten 18 Monaten auf dem deutschen Markt erschienen sind, diese Welle, die uns alle mitgerissen hat, die uns nach Osten lockt, dorthin, wo all die köstlichen Ramensuppen, Nigiri, Mochi, Gyoza, Sobanudeln und Onigirazu lauern. Wie ich das alles erlebt habe und während ich rede, ballere ich euch, das Publikum, mit Essenbildern zu. Vielen Bildern, glaubt mir, ich habe da jede Menge davon. Wie gebannt starren sie abwechselnd auf die Leinwand, dann zu mir und dann dorthin, wo gerade eine Platte mit Sushi aufgebaut wird. Könnt ihr es spüren, riechen, schmecken? Wenn ich darüber rede, dass wir uns hier in Deutschland gerade nach dem ersten Spargel sehnen, dann sehnt sich ganz Japan nach den ersten Bambussprossen. Und vergesst bitte alles, was ihr je über Bambussprossen zu wissen glaubtet. Ich rede über Zartheit, Anmut und Schönheit. Über atemberaubende Sterneküche und Misosuppe. Warum man in Japan der Ramensuppe eine ganze Messe widmet, was ungefähr damit vergleichbar wäre, gäbe es in Deutschland eine Messe zu regionalen Wurstsorten, die es natürlich nicht gibt, jedoch wäre die Wurst so kulturguttechnisch durchaus mit dem Nationalstolz auf die Ramensuppe vergleichbar. Dann bin ich fertig. Applaus. Die eine Hälfte stürzt rüber zum Sushi, die andere in meine Richtung. Was für ein leidenschaftlicher Vortrag das doch gewesen sei. Was eigentlich überhaupt die Zutaten für eine Ramensuppe seien, sie fragen nach, wo ich überall gewesen bin, erzählen mir von ihren Erlebnissen. Es ist wunderbar. Dann endlich treiben sie weiter mit dem Strom und ich kann mir das ersehnte Sushi in den Mund schieben. Ich genieße diesen Moment. Morgen dann gleich noch einmal.

 

Margarita, die Starköchin und die Küchenschätze der Philippinen

„Du musst unbedingt Margarita kennenlernen!“ Margarita Forés wurde 2016 als best female chef in ganz Asien gekürt. Sie betreibt mehrere Restaurants auf den Philippinen. Und sie ist ein wahres Energiebündel. Kaum habe ich mich vorgestellt und erzählt, was ich so mache, ist sie auch schon in ihrem Element und durchläuft mit mir einen Schnell-Parcours durch die philippinische Küche. Ich lerne Pili Nüsse kennen, die ein wenig wie eine Mischung aus Macadamia und Paranüssen schmecken, stolz präsentiert sie mir einen besonderen Kokonussessig. Überhaupt dreht sich in dieser Küche vieles um den Essig. Die Wurzeln der Spanier sind allgegenwärtig, haben sich jedoch mit den Einflüssen aus China weiterentwickelt. Ich darf ihr Adobo probieren, das Nationalgericht. Rindfleisch in einer salzig-säuerlichen Sauce, eine Mischung aus Soja Sauce, Kokosnussessig und Gewürzen, allem voran dem Lorbeer. Es schmeckt ausgezeichnet. Dann bringt sie mir ein Mungbohnencurry mit einem geräucherten Fisch. Der Fisch ist unglaublich zart. Als ich die Haut wegklappte klatscht sie vor Freude in die Hände. Ich müsse unbedingt diese ein wenig schleimig, schrumpelige, schwarze Masse kosten, das sei das Beste. Es ist der Magen des Fischs. Kurz sträube ich mich, das ist wie mit den Ameisen, die ja lecker sein können, aber mich jedes Mal Überwindung kosten. Aber sie hat Recht, diese schwarze Masse ist wirklich sehr elegant und aromatisch. Sie holt ein Glas mit einer gräulichen Masse darin. Das sei für mich, meint sie. Das ist Krebsfett. Auf einer Karte zeichnet sie ein, wo es produziert wurde. Man bräuchte unglaublich viele Krebse, für so ein Glas Fett. Es sei toll zu Nudeln. Nachdem sie mir auch noch ein besonderes Getreide, ähnlich der Quinoa zusammen mit einer großen Menge an Kalamansi Zitronen in eine Tüte packt, muss ich ihr versprechen nach meinem Vortrag wiederzukommen. Dann habe sie Kinilaw für mich. Kinilaw ist die philippinische Variante der Ceviche.

Kalamansis – dazu gibt es in den kommenden Tagen noch mehr…

Tahiti, Mongolei und zauberhafte Gärten in Kent

Am Stand der Mongolei unterhalte ich mich über das Jagen mit einem Adler, in Tahiti mache ich ein Foto mit einem Blumenkranz, ich trinke einen Cocktail in Mexico und spreche mit den Vertretern von North Carolina über das Rezept für Grüne Frittierte Tomaten (Towanda und so). Ich esse wunderbaren Kuchen und Waffeln mit Braunkäse bei den nordischen Ländern und bekomme in Frankreich ein wirklich unglaublich gutes Nusstörtchen. Ähnlich toll, aber anders schmecken die wie Piroggen aussehenden Törtchen aus Aserbaidschan. England zeigt mit seine Gourmet Garden Trails.

Noch nie war Kulinarik so präsent, wie in diesem Jahr. Und noch nie war es mir so klar, wie wichtig das mit der kulinarischen Seele eines Landes ist. Und ich bin sehr gespannt, wohin es mich in diesem Jahr noch führt…

2 Kommentare

  1. So schön, dieser Bericht. Du warst vor meiner Haustür. Dein beschriebener Vortrag klingt wundervoll, vor allem dass und wie Du die Zuhörerschaft fesseln konntest.

    Antworten
    • Vielen Dank, liebe Thea.
      Ja, ich glaube über Essen und Reisen könnte ich endlos reden..

      herzliche Grüße
      Claudia

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