18. November 2023

Tromsø – Hauptstadt der Arktis mit vielen köstlichen Entdeckungen

0 Kommentare

kurz vor dem ersten Schnee und mit Aussicht auf Nordlichter

Die Reise nach Tromsø beginnt damit, dass ein Flugzeug auf mich warten muss. Nicht weil ich zu spät am Flughafen bin, sondern weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass es zwischen Bodø und Tromsø noch einen Zwischenstopp an einem winzigen Flughafen geben sollte. Ich wunderte mich zwar ein wenig, warum eine doch so bedeutende Stadt wie Tromsø einen so beeindruckend unbedeutenden Flughafen hat, doch was weiß ich schon? War ja zum ersten Mal so hoch im Norden. Im richtigen Norden. Und stand am Gepäckband, das nach zwei Minuten nichts mehr ausspuckte. Kurze Nachfrage am Schalter klärte die Lage. Das hier war Stokmarkness. Eine Insel, die zur Region Vesterålen gehört und nur so 4000 Einwohner zählt. Kein Wunder also, dass es nur einen winzigen Flughafen gibt. Nur stand ich jetzt im Terminal und draußen wollte der Flieger nach Tromsø. Ein Anruf, ein Sprint durch die Sicherheitskontrolle und übers Vorfeld und ich war wieder an Bord. Ein paar der Fluggäste schauten mich irritiert an. Ich nickte in die Runde. Kann weitergehen!
Ich wollte schon so lange nach Tromsø, nicht nur wegen der Nordlichter, sondern wegen der Landschaft und wegen dem Fisch. Frischer, arktischer Fisch ist unvergleichlich.

Eine Reise in die Vergangenheit und weltstadtmäßiges Flair

Die blaue Stunde bricht bereits an, als ich den Hafen erreiche. Ich habe ein schickes E-Auto, das ich direkt vor dem Hotel abstelle. Soll ich besser wo anders hinstellen, genau hier sei das teuer. Also parke ich 10 Minuten später das Auto nochmal eine Straße weiter. Es nieselt und der Himmel ist voller Wolken. Das letzte Licht spiegelt sich in den Pfützen am Hafen. Meine Hoffnung, heute Nacht Polarlichter zu sehen, schwindet dahin. Ich habe mir extra eine entsprechende App mit Nordlichtalarm installiert. Hier im Hafen liegen einige Expeditionsschiffe vor Anker, zwischen teils alten Gebäuden wurden die alten Werften in moderne Architektur verwandelt, was eine eindrucksvolle Kulisse schafft. Hier findet man auch die meisten Restaurants der Stadt. Mein Abend beginnt in einem ehemaligen Fischverarbeitungsbetrieb. Hierher ins Full Steam, brachten die Fischer früher ihren Kabeljau, wo er zerlegt und gesalzen wurde. Heute gibt es im Erdgeschoss ein kleines Museum, welches an diese Zeit erinnert. Und eine kulinarische Führung. Kabeljau „nose-to-tail“ ist das Thema, angefangen mit den köstlichen frittierten Kabeljauzungen. Noch heute schneiden ausschließlich Jugendliche und Kinder die Zungen aus den Kabeljauköpfen. Das bringt eine Menge Geld. Als ich zum ersten Mal vor einigen Jahren davon hörte, war ich im ersten Moment ein wenig entsetzt, von wegen Kinderarbeit und so, doch der Ferienjob ist heiß begehrt. So mancher verdankt seine erste Reise oder den Führerschein dieser Tätigkeit. Sie sind außerdem wirklich eine echte Delikatesse, diese Zungen. Definitiv etwas, was man bei uns so gar nicht bekommt. Weiter geht es mit dem Kabeljaurogen. Kleiner als Kaviar aber ausgezeichnet. Selbst die Haut wird hier zu knusprigen Chips verarbeitet. Das ist jetzt nicht so ganz mein Geschmack aber es kommt noch schlimmer. Tran! Ein Kindheitstrauma erwacht. Mich gruselt es, dieses wenig erfreuliche Erlebnis wieder aufzufrischen. Probier es mit Wodka, ist der gut gemeinte Rat. Stimmt. Damit läuft er besser rein und wärmt schön. Diese Methode des Einnehmens hatte man mir natürlich aus guten Gründen als Kind versagt.
Nach der Führung setze ich mich ins Restaurant und bestelle mir gleich nochmal eine Portion Zungen.

„wir stehen nicht so auf Salat“

Großen Hunger habe ich eigentlich nicht, was in den meisten Fällen dazu führt, dass ich mir so was wie einen Salat bestelle. Doch es gibt keinen Salat. Alles, was den Namen Salat trägt ist entweder mit Huhn oder Couscous. Wir sind jetzt nicht wirklich eine Salat-essende Nation, erfahre ich. Klar doch, ich bin hier im Norden. Da will man keine zarten Blättchen (wächst ja hier auch nicht), sondern was Richtiges, wie Hering oder Rentier. Alles klar. Ich nehme den Hering (gute Wahl).

im kleinen Museum des Full Steam Restaurants

Kabeljau Rogen ist angerichtet

und köstliche Kabeljauzungen

ein Restaurant in einer alten Fischfabrik

und auch solche Restaurants gibt es hier

Glücklich machendes Gebäck in einer ehemaligen Werft

Die weitere Nacht verläuft unspektakulär, sprich es gab keinen Nordlichtalarm, wegen besagter Wolken. Noch habe ich ja eine Nacht vor mir. Ich versuche nicht daran zu denken, dass dies bereits mein vierter Besuch in Norwegen ist und ich noch kein einziges Mal tanzende Polarlichter gesehen habe. Die verstecken sich vor mir. In der gleichen Nacht tanzten die Lichter im schwedischen Uppsala. Jedenfalls weit weg von wo ich gerade bin. Das ist ein bisschen gemein. Auch am Morgen regnet es immer noch und weil es jetzt doch schon ziemlich frisch wird, kaufe ich mir als erstes eine wärmende Mütze. Ausgestattet mit Schirm und Mütze geht es wieder in Richtung Hafen, der im Licht dann doch noch beeindruckender ist. In der Bäckerei Vervet Bakeri, die früher eine Werft war, wird heute fantastisches Gebäck und Brot angeboten. Willst du auch einen Kaffee? werde ich gefragt. Gerne würde ich sagen, dass ich jetzt nach fast einer Woche in Norwegen, wo mir jeder zu egal welcher Tageszeit Kaffee angeboten hat, Gelüste nach einem rauchigen Oolong Tee oder einem grünen Sencha habe, doch ich möchte hier niemanden in Verlegenheit bringen und trinke brav einen Kaffee, bis ich als „Eine-Tasse-Kaffee-am-Tag-Trinkerin“ mein Herz gegen die Rippen wummern spüre.
Eine luftige Kardamom-Schnecke lullt mich in ein zuckriges Glücksgefühl ein.

Maskinverkstedet – Lutefisk, Rentier und jede Menge Kohl und Rüben

Auch im Restaurant Maskinverkstedet blickt man auf eine lange Tradition als Werft zurück. Im modern gestalteten Interieur des 2020 eröffneten Restaurants kann man noch immer die alten Stahlträger und massiven Haken daran bewundern. Alles ist in dunklen Farben von schwarz und grün gehalten. Hier bestelle ich zuerst eine samtige Suppe mit Muscheln und anschließend einen Lutefisk. Einen gelaugten Kabeljau mit Topinambur Chips und Steckrübenpüree, was großartig schmeckt. Ich merke mir das mit den Steckrüben. Muss ich unbedingt daheim nachmachen. Mit dem Lutefisk dürfte das allerdings zuhause ein Problem werden. Das bekomme ich nicht in München. Aber genau deshalb bin ich ja hier. Um all das zu genießen, was es zuhause nicht gibt.

am Hafen

aber es ist auch bei Regen hier schön

in einer alten Werft – das Restaurant Maskinverkstedet

Eide Handel – der beste Feinkosthändler auf dem Land

Sie möchten ein Schneehuhn zubereiten? Ganz sicher wollen Sie das. Oder Sie wollen lieber eine beeindruckende Auswahl an unterschiedlich gebeiztem oder geräuchertem Lachs haben, vielleicht noch eine schier endlose Auswahl an prämiertem norwegischem Käse, dann auf zu Eide Handel. Eide Handel ist das El Dorado der norwegischen Feinkosthändler. Hier gibt es wirklich alles. Manche kommen nur her, um sich das Tagesgericht zu gönnen oder um sich von der großen Auswahl an lokalen Bieren (alles unter 4,7% darf im Supermarkt verkauft werden) überraschen zu lassen. Ich fühle mich sofort zu Hause. Das ist genau mein Laden. Ich kaufe Braunkäse von der Ziege, pulverisierte arktische Beeren, irgendeine Marmelade aus Beeren, die bei uns keiner kennt und perlende Kräuterlimonade. Ich probiere mich durch den Lachs und liebäugle damit, meine Freunde daheim mit einem Schneehuhn zu überraschen. Doch das mit der geschlossenen Kühlkette birgt einige Risiken, also lasse ich die Finger davon und für eine Rentierkeule fehlt mir dann doch der Platz im Koffer.

Auf der Insel Kvaløya –  Yggdrasil Farmhotel (wo man auch ein Tiny House mieten kann)

45 Minuten dauert die Fahrt von Tromsø entlang des Fjords bis auf die Insel Kvaløya. Hier inmitten von Natur, nah am Wasser befindet man sich im Reich von Maria Søbstad, deren Familie seit dem 17. Jahrhundert hier am Fjord lebt. Auf der Farm, deren 12 Zimmer kuschlig mit viel Holz eingerichtet sind, findet man all das, wonach man sucht, wenn man endlich mal wieder tief durchatmen will. Wälder mit jeder Menge Pilze, eine beeindruckte Weite vor dem Haus in beinahe unberührter Natur mit Blick aufs Meer und ein schwarzer Kater, der sich sofort vertrauensvoll auf meine Knie legt. Draußen weiden die Ziegen, und Hühner stolzieren frei herum. Beim Essen, das frisch für die maximal 20 Gäste gekocht wird, legt man großen Wert auf Bio und lokale Produkte. Und das allerbeste – meine Nordlicht-App schlägt Alarm! Heute Nacht soll es endlich so weit sein. Ist ja auch meine letzte Chance, denn morgen Nachmittag geht es schon wieder zurück nach Hause. Ich stapfe durch die nasse Wiese, sehe wieder jede Menge ungewöhnliche Pilze und bewundere das Tiny House, das man hier auch mieten kann. Es wird schon früh dunkel um diese Jahreszeit (ab dem 20. November bis zum 20. Januar schafft es die Sonne dann gar nicht mehr über den Horizont). In den Zimmern gibt es kein Fernseher und kein Telefon. Man kann sich stattdessen massieren lassen oder geht in die Sauna und anschließend zum Eisbaden.
Zum Abendessen gibt es Rentiereintopf. Geschnetzeltes Rentierfleisch in einer sahnigen Sauce mit Kräutern. Dann stehe ich draußen und schaue in den Nachthimmel. Noch haben sich die Wolken nicht verzogen. Erst nach Mitternacht soll das Nordlicht zu sehen sein. Also bleibe ich wach. Immer wieder laufe ich nach draußen. Dann zeigt die App feuerrot eine 100%ige Chance auf Aurora Boreales. Ich werfe den Mantel über meinen Pyjama und laufe nach draußen. Immer noch Wolken. Das mache ich dann noch zwei weitere Male bis es fast zwei Uhr morgens ist. Kein Nordlicht weit und breit. Es sollte nicht sein. Am nächsten Morgen zeigt mir die Wirtin dann Bilder, die ihr eine Freundin aus der Nacht aus Tromsø geschickt hat. Polarlichter! Und ich habe sie verpennt. Tiefer Seufzer. Dafür strahlt der Himmel jedoch heute in einem wunderbaren Blau und die Sonne scheint. Wieder einmal hat mich Lady Aurora an der Nase herumgeführt. Ich muss wohl noch ein fünftes Mal herkommen, bis ich endlich die Nordlichter sehe (vor ein paar Wochen waren sie sogar in Österreich zu sehen). Ich habe den Verdacht, dass ich die Einzige bin, die viermal in den Norden fliegt und nicht einmal ein Nordlicht zu sehen bekommt.

am Morgen sind die Wolken dann fast weg

Das Esszimmer des Farmhauses

dieses Tiny House kann man mieten

Das Haupthaus der Farm

und ein Blick, an dem man sich nur schwer sattsehen kann

leuchtender Spätherbst

Eine Regenbogenbrücke nach Asgard, Lunch in den Mathallen und das rosarote Kult-Café

Dafür krümmt sich auf dem Weg zurück nach Tromsø ein fetter Regenbogen über den Himmel. In der nordischen Mythologie ist dies eine Brücke nach Asgard, dem Wohnort des Göttergeschlechts der Asen. Immer wieder muss ich anhalten, um diese traumhaft schöne Landschaft zu fotografieren. Das Meer glitzert golden am Horizont und feuerrote Pflanzen wachsen entlang dem Wasser. Auf einer Weide stehen Rentiere und die Luft ist kristallklar. Ich würde gerne noch länger bleiben (in der nächsten Nacht gibt es wieder roten Nordlichtalarm, doch da bin ich längst wieder in München).
Noch ein letzter Kaffee und ein bezauberndes Törtchen im Selfie Konditori (alles in Rosa und Gold) in der Stadt, ein leckerer Tofu Burger in den stylishen Mathallen (das Menü am Abend ist eindeutig eindrucksvoller als der Lunch), dann geht es schon wieder zurück zum Flughafen.
Ich werde wiederkommen, ich muss wiederkommen. Ich und Lady Aurora haben noch eine Rechnung offen. Außerdem vermisse ich den Fisch.

am letzten Tag strahlt die Sonne

nur noch ein paar Wolken in den Bergen

kurzes Lunch in den Mathallen

Miss Daisy und ihre wunderbaren Törtchen

Adressen

Full Steam (Restaurant, kleines Museum und kulinarische Führungen rund um den Kabeljau)
Søndre Tollbodgate 3
9008 Tromsø
fullsteam.no

Vervet Bakeri (grandioses Gebäck)
Gjøastredet 1
9008 Tromsø
vervet-bakery

Maskinverkstedet (moderne arktische Küche)
Nordøstpassasjen 49
9008 Tromsø
maskinverkstedet.no

Eide Handel (allerbester Feinkosthändler der Region)
Fjordvegen 14–18
9107 Kvaløya
eidehandel.no

Yggdrasil Farmhotel & Spa (unbedingte Empfehlung)
Leirstrandveien 1557
9106 Straumsbukta
yggdrasiltunet.no

Selfie Konditori
Grønnegata 38
9008 Tromsø
selfie-konditori

Mathallen Tromsø
Grønnegata 60
9008 Tromsø
mathallen-tromso

Hinkommen
Es gibt Direktflüge ab Frankfurt

Offenlegung: Die Reise nach Tromsø wurde unterstützt von Visit Tromsø  wofür ich sehr dankbar bin. Für meine problematische Beziehung zu Lady Aurora können diese freundlichen Menschen nichts.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Datenschutz
Ich, Claudia Zaltenbach (Wohnort: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht mir aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Ich, Claudia Zaltenbach (Wohnort: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht mir aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: