21. Dezember 2018

Eine Winterreise in die blaue Polarnacht im Norden Norwegens und warum man genau jetzt hinfahren sollte

2 Kommentare

Anfang Dezember ist es in Vesterålen und auf den Lofoten nur wenige Stunden am Tag hell. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn das Naturschauspiel in dieser kurzen Zeitspanne ist einfach überwältigend.

Hallo Arktis!

So mancher hat die Rechnung ohne den Golfstrom gemacht und hat vorsorglich die dickste Jacke, lange Unterhosen und Thermowäsche eingepackt. Schließlich geht es in den Polarkreis und Polarkreis klingt nach Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Im Landesinneren ist es auch genau so, da ist es bitterkalt, doch an der Küste bestimmt der Golfstrom das Klima. Hier herrschen milde 4° Grad um diese Zeit. Da genügt das wärmende Städterjäckchen. Alle, die das ebenso wie ich falsch eingeschätzt haben, können sich mit dem Gedanken trösten, dass so ne Thermounterwäsche sich prima dafür eignet, die eine oder andere Flasche Aquavit für zuhause darin einzuwickeln.
Oben in Tromsø wird es schon gar nicht mehr richtig hell. Auf den Lofoten ist es immerhin noch von 11:00 – 14:00 Uhr einigermaßen hell. Und mit „hell“ ist die Dämmerung miteingeschlossen. Es ist die Zeit der Nordlichter, die Zeit von atemberaubenden Sonnenaufgängen, die Zeit von eisigem Blau. Vorausgesetzt es regnet oder schneit nicht. Ändern kann sich das schnell und auf die Vorhersagen kann man sich nur bedingt verlassen. Küste eben.

 

Kvæfjord, 11:00 Uhr, es dämmert

es ist dieser magische Moment am späten Morgen, wenn das Licht plötzlich wieder da ist und die schneebedeckten Berge sichtbar werden. Es ist mein erster Blick auf die Landschaft. Fjorde und Berge. Endlose Schattierungen von Blau. Ich bin auf dem Weg zu einer Schaffarm. Die wilden Schafe, sie nennen sie hier Wikinger-Schafe, stehen auf der Weide. Sie haben ein unglaublich dichtes Fell, so dick, dass niemand sich mehr die Mühe machen will, aus diesem Fell Wolle zu spinnen. Zu mühsam sei das. Das würde einem ja doch keiner mehr bezahlen, meinen Arvin Norskott und seine Frau Oddny, die Besitzer der Farm. Wofür dann? Weil sie gut schmecken. Ihr ausgezeichneter Schinken wurde auch schon auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt.

14:00 Uhr es wird wieder dunkel (… warten auf das Nordlicht)

Mit der Fähre geht es weiter nach Andøya. Die Überfahrt dauert nur knapp eine Stunde. Bis zur Ankunft ist es wieder Nacht.
„Merk dir, da wo es ganz tiefschwarz ist, da ist das Meer“, meint Lisbeth Seppala, die Wirtin in dem kuschligen, kleinen Hotel Marmelkroken. Sie gibt etwas Reisig in den Kamin, das würde so gut duften, meint sie und bietet mir ein norwegisches Starkbier an. Genau jetzt ist die Zeit eigentlich perfekt für die Nordlichter, doch das setzt einen klaren Himmel voraus. An diesem Abend ist er nicht klar. Die Nordlicht-App auf dem Handy meint trotzdem, dass die Chancen nicht schlecht stünden. Und dann ist da plötzlich ein Licht hinter den Wolken. Der Mond kann es nicht sein, der steht grad woanders. Es ist ein Glimmen. Aber es ist nicht dieser grüne Schleier, der in lichten Nächten am Himmel tanzt.

Drei Uhr am Nachmittag

so kuschlig ist es im Marmelkroken

10:00 Uhr ein weiterer blauer Morgen am Meer

Noch sind die Holzbauten am Wasser stummer Zeuge dessen, was in ein paar Wochen passieren wird. Dann nämlich kommt der Skrei, der Winterkabeljau. Er wird auf den Gestängen getrocknet und als Stockfisch und Klippfisch in alle Welt exportiert.
Der Weg zum nächstgelegenen Flughafen führt entlang der Küste. Immer wieder haben berühmte Architekten an besonders kraftvollen Plätzen Bauten errichtet. Sehr modern. Und trotzdem passt es.

auf diesen Holzgerüsten wird der Skrei getrocknet

11:30 Uhr, Lofoten die Sonne geht auf

Zuerst ist es nur ein blasses Orange, das Orange weicht einem leuchtenden Feuerrot, das die Spitzen der Berge zum Glühen bringt. Kleine rote Häuser liegen in der Ebene am Wasser worum sich ringsherum die Berge erheben. Und dann wird es spektakulär. Der Himmel beginnt zu lodern. Es ist ein Moment zum Festhalten, aufsaugen, so einer, an den man sich immer wieder erinnern will. Ich bin unendlichen dankbar für diesen Moment in dieser stillen, schönen Landschaft.

13:00 Uhr es weihnachtet in Henningsvær auf den Lofoten (und gleich wird es wieder dunkel)

Im Sommer besuchen etwa zwanzigtausend Touristen jeden Tag diesen Bilderbuchort. Hier stehen die für den Norden so typischen kleinen Holzhäuser, der Blick auf die Berge ist überwältigend und rundherum das Meer. Jetzt, um diese Zeit ist es überschaubar und alles wirkt sehr friedlich. Die untergehende Sonne taucht am Horizont die Bergkette in alle Töne von Lila bis Orange. Um kurz vor drei ist es wieder dunkel. Die alte Kaviar Fabrik am Stadtrand ist mittlerweile ein Museum und bietet eindrucksvolle moderne Kunst. Hier treffe ich auch Rune Johansen, einen der bekanntesten Fotografen Norwegens der 2011 mit dem Photographer Award, dem Ehrenpreis der Norwegian Film Association, ausgezeichnet wurde. Er fotografierte lange für das Magazin Wallpaper und stellte am Abend zuvor sein neues Buch vor. Ich kaufe ein entzückendes kleines Buch von ihm, „All that Glitters“ über Menschen und Landschaften in Nordnorwegen. Er signiert es mir.

Henningsvær auf den Lofoten

der kleine Ort ist malerisch

Aussicht von der ehemaligen Kaviar Fabrik aus

Rune Johansen, der große norwegische Fotograf am Tag nach seiner Book Release Party in der Kaviar Fabrik

der letzte Morgen 10:30 in Bodø, Abschied von den blauen Nächten

Es dämmert über dem Hafen. Dass Bodø weiter im Süden liegt, ist deutlich zu spüren. Das Licht wirkt heller und nicht so fremd. Und natürlich musste ich sie stellen diese Frage, wie man all diese Dunkelheit am besten überstehen kann. Die Dunkelheit sei gar nicht das Problem, bekomme ich zu hören. Viel anstrengender seien die langen, hellen Nächte im Sommer, ist die Antwort. Das kann ich mir gerade nicht so recht vorstellen, doch da hilft nur eines – im Sommer wiederkommen.

und was kommt als Nächstes?

Im nächsten Beitrag geht es um das eigentliche Thema dieser Reise. Die arktische Küche. Ich treffe Produzenten, Küchenchefs und auf eigenwillige Gerichte. Dieser Text und die Bilder mögen als Einstimmung dazu dienen.

Ich wünsche euch bis dahin wunderschöne und köstliche Weihnachten,

eure Claudia

 

Offenlegung: zu dieser Reise wurde ich vom Northern Norway Tourist Board eingeladen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich mal dahin zu kommen, wonach ich mich schon ganz lange gesehnt habe. Vielen Dank dafür.

2 Kommentare

  1. So schön Claudia!! Ich will da auch mal hin! Jetzt umso mehr! Ich bin auch schon auf die kulinarischen Entdeckungen von Dir gespannt! Frohe Festtage!

    Antworten
    • Das wünsche dir auch, lieber Igor!
      Und ich kann eine Reise dorthin wirklich sehr empfehlen. Man fühlt sich ein bisschen wie im Reich des Nachtkönigs…
      herzlichst,
      Claudia

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert