29. Dezember 2018

Schlemmen in den langen Nächten des Nordens – Arktische Küche auf den Lofoten

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Wer glaubt, dass es hier um diese Jahreszeit kulinarisch nicht viel zu entdecken gibt, der hat sich nur noch nicht auf den Weg in den hohen Norden gemacht. Nicht umsonst ging der Bocuse d’or in diesem Jahr nach Norwegen. Ein Besuch bei ein paar tollen Produzenten und Restaurants.

„Wir gehen dann später in eine Tapas Bar“

„Echt jetzt? Ich dachte, es geht um arktische Küche….“

„Wirst schon sehen.“

Wenn ich an eine Tapas Bar denke, dann fällt mir als erstes Schinken, Käse und Tortilla ein. Dass der Begriff „Tapas“ mittlerweile inflationär und für alles verwendet wird, was in Häppchen daherkommt, tröstet mich da wenig. Doch dass ich gleich am ersten Abend mit so richtigen Highlights aus der nordischen Küche Bekanntschaft machen werde, ist zu diesem Zeitpunkt ja auch noch nicht klar. Im BARK in Harstadt serviert man die gelungene Fusion von nordischen Zutaten und mediterraner Zubereitung. Geröstetes Brot mit Erbsenpüree, gelaugtem Fisch (Lutefisk), Braunkäse (Brunost) und Speck. Ein kleines Häppchen, das so ziemlich alles enthält, was mir in den kommenden Tagen noch öfters begegnen wird. Es schmeckt wunderbar. Und es gibt Dorschzungen im knusprigen Ausbackteig, die sind so himmlisch luftig, dass man eher auf einen milden Käse tippen würde, als auf Fisch. Das mit den Dorschzungen ist in Nordnorwegen übrigens eine echte „Nose-to-Tail“ Erfolgsgeschichte. Ausnahmslos Kinder und Jugendliche schneiden diese Zunge aus den Fischköpfen, bevor man die Fische zum Trocknen aufhängt. Das bringt eine Menge Geld ein, die Zungen sind eine Rarität und beliebt und so mancher hat sich dabei seinen Führerschein verdient. Dieser Job ist begehrt und jeder Erwachsene, den ich hier danach frage, ob er oder sie das als Last empfunden hatte, lacht mich aus. Die Kids hatten da wohl jede Menge Spaß dabei.

köstliche Dorschzungen

geröstetes Brot mit Erbsenpüree, Braunkäse, gelaugtem Fisch und Speck

 

Schinken vom wilden Schaf, Flachbrot, Corned Elk und der „beste Kuchen der Welt“

Gegen halb elf am Vormittag erhebt sich die Landschaft aus der langen Nacht und wird in der Morgendämmerung in ein leuchtendes Blau getaucht. Die Konturen der Berge und Fjorde werden sichtbar und die Magie des Nordens spürbar. Ich bin auf dem Weg zum Kvæfjord, wo ich Arvid und Oddny Norskott treffe, die eine Farm mit wilden Schafen, weißen Schafen und Alpakas betreiben. Es gibt Schinken vom wilden Lamm mit Flachbrot und Sauerrahm. Arvid erzählt viel von seinen widerstandsfähigen Wikingerschafen, die bei jedem Wetter draußen auf der Weide stehen (ganz im Gegensatz zu den weißen Schafen). Eine Nachbarin, Susanne Hentschel, die mit ihrem Mann Thomas hier ein Catering Unternehmen betreibt und grad ein paar Häuser weiter wohnt, übersetzt. Die Norskotts sind stolz auf ihre Tiere und lehnen jede Form von Massentierhaltung, wie auch alle anderen Farmer in der Gegend, strikt ab. Auch wenn es ganz normal ist, zu Anlässen auch mal Walfleisch zu essen. Ich lerne, dass ich diese Haltung akzeptieren muss, mag sich auch noch so viel Widerstand in mir regen. Ich bin ihr Gast. Und schließlich essen wir ja nur Schinken.

Während ich noch auf der Weide Schafe kraule und einem puscheligen weißen Huhn nachstelle, hat Susannes Mann eine Fischsuppe gekocht. Dazu gibt es noch Elchfleisch nach Corned Beef-Art, verschiedene Trockenwürste von Rentier, eine über Birkenrauch geräucherte Lammrolle (Birkenrauch sei süßer als Buche, meint Thomas), Susannes hausgemachte Marmeladen und Chutneys und zum Abschluss jenen Kuchen, der auch „bester Kuchen der Welt“ – Kvæfjordkake – genannt wird.

Wer die beiden Energiebündel erleben möchte, sollte nach Berlin auf die Grüne Woche fahren. Vielleicht haben sie ja was vom corned elk mit dabei.

Schinken vom wilden Schaf

Hinten: Arvid und Oddny Norskott Vorne: Susanne & Thomas Hentschel, Lisa Sollie von Visit Vesterålen Hauptstar: der Kuchen!

 

Himmeltint, Lofotosten & Co

Das sind nur zwei der Käsesorten, die Knut Åland auf seinem Ziegenhof auf den Lofoten herstellt. Dieser lagert in den unterschiedlichen Reifegraden in den Regalen und jeder Käse wird in regelmäßigen Abständen mit einer Salzlake abgerieben. Das Geheimnis, so meint Knut, sei die Salzkonzentration. Die müsse wie die von Tränen sein. Das sei der optimale Salzgehalt für seinen Käse. Und wo Käse gemacht wird, fällt auch Molke an und aus dieser wird der köstliche Braunkäse gemacht. Braunkäse ist nicht gleich Braunkäse. Die Unterschiede hier können so groß sein wie der von einem Butterkäse aus dem Supermarkt und einem perfekt gereiften Appenzeller. Hier wird die Ziegenmolke sanft eingekocht, so dass der Milchzucker darin karamellisiert und es ein weicher Käse wird. Die Farbe ist vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Der Geschmack jedoch ist einmalig. Ein bisschen so, als würde man seinen Ziegenkäse bereits mit Honig essen.

Ein Besuch im Hofladen lohnt sich, denn hier gibt es auch schöne Teekompositionen aus getrockneten Blüten aus dem eigenen Garten.

 

Traditionelle und ländliche Küche

Frische, warme Leberpastete ist zugegeben ein eher deftiges Frühstück, doch wer die Gelegenheit bekommt, wenn Lisbeth Seppola vom Hotel Marmelkroken Lust darauf hat, sie für ihre Gäste zu machen – normalerweise sei das eher ein typisches Weihnachtsgericht lerne ich – dann führt kein Weg daran vorbei. Diese Leberpastete ist legendär.

Ein ebensolches Gericht ist das, welches Runa Sundfjord ihren Gästen zum Mittagessen anbietet. Gekochte Kartoffeln, Karotten, Stockfisch mit einer ordentlichen Portion Nussbutter. Das schmeckt so umwerfend, wie es einfach ist. Das Geheimnis hier ist noch ein besonderes Salz, das sie dazu reicht. Salzflocken mit Trüffelalgen von einer kleinen Manufaktur auf den Lofoten. Mein Vorsatz an diesem Tag: Ich werde nicht eher die Lofoten verlassen, bevor ich nicht dieses Salz gefunden habe.

Ihr Ferienhaus liegt direkt am Fjord und bietet neben der guten Küche auch Erlebnisurlaub, man kann Reiten, Pferde striegeln und in einem kuschligen, kleinen Hausboot auf dem Wasser Feste feiern.

es gibt kaum eine bessere Aussicht als aus Runas Haus

 

Klippfisch & Stockfisch

Noch ist es hier ein wenig die Ruhe vor dem Sturm. Bis Januar wird es noch dauern, bis endlich der Skrei kommt. Dann sind die hölzernen Bauten am Meer voll mit Fischen, die hier wochenlang getrocknet werden und später in die ganze Welt verschickt werden. Sie haben in Portugal Stockfisch gegessen? Glückwunsch! – die Chancen stehen gut, dass er von hier kommt. Während der Süden das Salz in den Norden lieferte, kam dieses zu Teilen wieder mit dem Fisch zurück. Der Unterschied zwischen Stockfisch und Klippfisch macht allein das Salz. Klippfisch wird gesalzen, während der Stockfisch einfach nur ohne alles getrocknet wird. Der Klippfisch bekam seinen Namen vom Auslegen des gesalzenen Fischs auf den Klippen.

In der alten Fischerei  Himmel og Havn in Ballstad serviert man den Klippfisch mit Erbsenpüree, Chorizo und einem besonderen Kraut. Getrocknetem Heideröschen. Unbedingt empfehlenswert.

Abendstimmung um halb drei am Nachmittag

Klippfisch mit Erbspüree, Chorizo und Heideröschen

Zum Aufwärmen: Glögg

 

Bottarga Borealis

Wer schon mal in Sizilien war kennt Bottarga. Der getrocknete Rogen der Meeräsche, der gerne über Pasta gehobelt wird und ganz besonders viel umami mitbringt. In Tromsö hat sich eine kleine Manufaktur dem Rogen des Skrei angenommen und hat für seinen nordischen Bottarga schon einige Preise gewonnen. Und diesen Bottarga gibt es allerfeinst gehobelt auf einem Dinkelrisotto mit Algen. Und ich kann bis jetzt nicht nachvollziehen, warum es im kuschligen Bistro Lofotmat von Siv-Hilde Lillehaug in Henningsvær nur in einem kleinen Glas serviert wurde. Dieser Rogen und das Gericht sind einfach unglaublich gut. Und hier kann man auch das wunderbare Trüffelalgensalz kaufen.

 

NYT in Bodø

Küchenchef Bjørnar Bakklund vom Restaurant NYT ist Nordländer aus Bodø. Das hier ist seine Heimat und alles, was aus seiner Küche kommt, ist ebenfalls Heimat. Und das heißt in den Wintermonaten: Entenleberpastete mit gepickelten Zwiebeln, samtige Kürbissuppe mit eingemachtem Kürbis, Kaisergranat in Lobsterbisque, eine cremige Fischsuppe und Lamm mit Sago und Trauben. Nicht umsonst gehört das NYT zu den besten Restaurants in Norwegen. Die Weinbegleitung dazu ist so gelungen, dass es die Lobsterbisque noch eine bisschen höher gehoben hat. Zum Träumen gut.

Bjørnar Bakklund vom Restaurant NYT serviert norwegische Küche auf höchstem Niveau

 

Und sonst noch

Ich habe mich ein bisschen in herzhafte Lefse verliebt. Lefse sind dünne Fladen. die man beliebig kombinieren kann. Man kann sie zum Beispiel mit dem wunderbaren Braunkäse füllen. Wie das geht, gibt es dann im nächsten Beitrag.

Bestes Bier gebraut in der Bådin Brauerei, Bodø

 

Offenlegung: zu dieser Reise wurde ich vom Northern Norway Tourist Board eingeladen. Tusen Takk dafür. Und ich glaube, sie waren froh, als ich endlich mein Trüffelalgensalz gefunden habe. Ich kann da richtig hartnäckig sein…

 

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