Wenn ich eines nicht verstehen kann, warum man Schwarzwurzeln als „Arme-Leute-Spargel“ bezeichnet hat (und es gerne immer wieder wiederholt). Schwarzwurzeln sind eine Köstlichkeit, die für mich den gleichen Stellenwert hat, wie Spargel. Gut, es gibt keine Schwarzwurzelschälstellen auf den Märkten. Die erdige Wurzel macht auch ansonsten optisch nicht so viel her, wie das königliche Gemüse, aber an diesen köstlichen Stangen ist nichts, weswegen es diesen Namen verdient hätte. Damals, als es im Rhein noch Lachs gab, da haben sich Bedienstete gerne mal in den Arbeitsvertrag schreiben lassen, dass sie nicht jeden Tag Lachs essen müssen. Müssen! Das war ein Fisch für die niederen Schichten. Auch davon sind wir heute meilenweit entfernt.
Meine Großmutter servierte die Schwarzwurzeln immer in einer samtigen Béchamelsauce, dazu gab es wie zum Spargel Kratzete, zerzupfte Pfannkuchen. Ich liebe dieses Gericht noch heute. In meinem Buch „Miso“ habe ich mich davon inspirieren lassen und eine Miso Béchamel mit Schupfnudeln zu den Schwarzwurzeln serviert. Und in Zeiten von schicken Einmalhandschuhen gilt auch das Geheule, von wegen der klebt und verfärbt einem die Finger, längst nicht mehr.
Es gibt also keine Ausrede mehr
ran an die Wurzeln! Zeigt ihnen die weite Welt. Macht sie bekannt mit Fenchel, Estragon, lieblichen Meyer Zitronen, italienischem Parmesan und japanischen Semmelbröseln. Die wunderbaren Meyer Zitronen haben ebenfalls wie die Schwarzwurzel jetzt Saison und ich bekomme sie sogar im Biomarkt.
Natürlich habt ihr längst den Plan für die Feiertage gemacht und das Menü steht. Nein? Tut es nicht? Ja dann…
Knuspriges Schwarzwurzel Gratin mit Fenchel, Parmesan und Meyer Zitrone
Für Zwei bis Drei
600 g Schwarzwurzeln
2 eher kleinere Fenchelknollen
70 ml Noilly Prat (trockener, weißer Wermut)
125 g Crème double
Salz
50 g Pankobrösel (japanische Semmelbrösel ohne Rinde)
70 g Parmesankäse, gehobelt
10 g frischen Dill
10 g frischen Estragon
1 unbehandelte Meyer Zitrone (ansonsten eine halbe Zitrone und eine halbe Mandarine, beide unbehandelt)
½ unbehandelte Orange, Saft und Abrieb
1 TL Fenchelsamen, geröstet und gemörsert
2 EL Olivenöl
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Den Ofen auf 200° (keine Umluft) vorheizen.
Die Fenchelknollen halbieren und dritteln. In Salzwasser etwa 6 Minuten blanchieren.
Die Schwarzwurzeln am besten mit Handschuhen unter fließendem Wasser schälen, in mundgerechte Stücke schneiden und sofort in Essigwasser (1 EL auf einen halben Liter) legen.
Den Fenchel mit einem Schaumlöffel aus dem Kochwasser heben. In eine ofenfeste Form verteilen.
Die Schwarzwurzeln ins Kochwasser geben und etwa 8 Minuten dünsten, danach ebenfalls in die Form schichten.
2 Esslöffel Orangensaft mit der Crème double und dem Wermut glattrühren. Nur sehr leicht salzen. Über das Gemüse in die Form gießen.
Mit Alufolie abdecken (wer hier Karmapunkte sammeln und auf die Folie verzichten will, braucht einen gut schließenden Deckel).
40 Minuten im Ofen garen.
In der Zwischenzeit die abgeriebene Schale der Meyer Zitrone, Orangenabrieb, Pankobrösel, Fenchelsamen und Parmesankäse mit den feingehackten Kräutern und dem Olivenöl vermischen.
Die Abdeckung des Gemüses entfernen und generös die Brösel drüberstreuen. Nochmal für weitere 18 Minuten in den Ofen.
Vor dem Servieren noch etwas Pfeffer drübermahlen.
Vorschau…..
Und im nächsten Bericht nehme ich euch ganz weit hoch in den Polarkreis. Da wo es jetzt nur kurze Zeit hell ist, wo die Nordlichter tanzen und wo die Landschaft einfach umwerfend ist…
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