15. August 2019

Strandtage auf Stokkøya

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Ihr wollt wissen, wo man in Norwegen das Paradies findet? Ganz sicher auf der kleinen Insel Stokkøya in Trøndelag.

Über zwei Stunden hat meine Anfahrt rund um den Åfjord ins Stokkøya Sjøsenter gedauert. Ich bin hoch in die Berge gefahren, wo die Skilifte im Sommer stillstehen, wo Schafe bräsig auf der Straße der liegen, wo es entlang des Wassers oft nur schmale Straßen gibt und man sich freundlich ausweicht, wo immer es möglich ist. Dann stehe ich auf einem überfüllten Parkplatz am Strand und kann mein Hotel nicht finden. Es liegt ein wenig versteckt. Von alten Erdkellern inspiriert, wurden die 13 Gästezimmer in den Hügel hineingebaut, SUB-Zimmer nennen sie das hier, jeweils individuell ausgestattet mit kleiner Terrasse davor. An der Rezeption nebenan, wo morgens auch das Frühstück serviert wird, gibt es einen kleinen Shop. Ich bekomme das „Schäfchenzimmer“. Schlauchartig führt es ins Innere des Hügels, die Einrichtung ist stylish, das Sofa steht vor der großen Fensterfront, von wo aus ich das Meer sehen kann. Noch steht die Hitze in diesem Raum, wieder hat es ungefähr 26°. Ich stelle mein Gepäck ab und gehe durch die Sanddornbüsche in Richtung Strand. Es ist fünf Uhr am Nachmittag und ich werde noch lange die Sonne erleben. Vielleicht werde ich schon eingeschlafen sein, bevor sie untergeht. Vielleicht aber auch nicht, denn bereits im ersten Moment hat mich dieser kleine Strand in seinen Bann gezogen. Ich ziehe meine Schuhe aus und laufe am Wasser entlang, laufe wieder zurück, setze mich in die Strandbar und bestelle mir ein Bier. Tief ziehe ich die salzig-klare Luft ein. Ich bin im Paradies!

Der Strand auf Stokkøya

Ich habe Glück – ein freier Tisch!

Die modernen SUB-Zimmer des Stokkøya Sjøsenter wurden in den Hügel hineingebaut

eine kleine aber sehr feine Karte

ein paar Ecken weiter ist es eher traditionell norwegisch

Die Strandbar des Stokkøya Sjøsenter

Sie ist bekannt für ihre Muscheln. Viele der Tagesgäste kommen nur wegen dieser Muscheln. Sie sitzen auf der Terrasse des Restaurants, schauen aufs Meer und genießen einen riesigen Pott mit Muscheln. Ich weiß noch nicht, was ich essen werde, es fühlt sich noch ein wenig komisch an, ans Abendessen zu denken, während die Sonne noch so hoch am Himmel steht. Ich habe mir ein Bier bestellt, die Füße hochgelegt und halte mein Gesicht in die Sonne. Ich würde gerne die Zeit dehnen, den Sekundentakt so weit auseinanderziehen, dass eine Sekunde sich wie eine Minute anfühlt. Ich will versinken in diesem Moment. Ich sitze an einem der schönsten Strände Norwegens, am Himmel ist nicht ein Wölkchen und um mich herum nur freundliche Menschen, die mich anlächeln, sobald sich die Blicke begegnen. Langsam leert sich der Strand und das Restaurant der Strandbar füllt sich. Ich bestelle mir eine Gazpacho, die mit hauchfeinen Radieschenscheiben und Anchovis serviert wird. Sie ist sanft, aromatisch und von einer eleganten Samtigkeit, die ich selten bei einer kalten Suppe erlebt habe. Die Portion ist nicht groß, eigentlich ist sie viel zu klein, ich hätte die dreifache Menge davon essen können. „Breiflabb“ wird mein Hauptgang werden. Dahinter verbirgt sich ein Seeteufel mit Buttersauce, verschiedenen Gemüsen und etwas Forellen-Kaviar. Ebenfalls hervorragend. Und obwohl ich eigentlich satt bin, sehe ich keinen Grund aufzustehen, nicht, weil ich unsozial bin und niemandem anders meinen Platz gönne, sondern weil einfach alles perfekt ist (und es noch genug freie Tische gibt). Deshalb bestelle ich mir nach einer Weile noch ein Glas Wein und einen Käseteller. Noch immer scheint mir die Sonne in mein mit SF50 eingecremtes Gesicht, obwohl es mittlerweile nach 22:00 Uhr ist.

Seeteufel mit Spitzkohl, Schwarzwurzeln, Dill und Buttersauce

besser geht es kaum…….

am Strand – es ist nach 22:00 Uhr

eine Gazpacho mit Radieschen und Anchovis

IPA aus einer lokalen Brauerei

 

Nacht

Gegen Mitternacht könnte ich eigentlich einschlafen, ich bin müde, doch es zieht mich noch einmal von meinem gemütlichen Sofa. Der Himmel hat sich in ein leuchtendes Orange gehüllt. Hinter den Hügeln ist die Sonne untergegangen. Viel dunkler wird es nicht werden, bis sie in drei Stunden wieder aufgehen wird. Ich schieße bestimmt 50 Bilder in der Hoffnung, nur ansatzweise diesen unglaublichen Himmel einzufangen.

 

Kräutersammeln mit dem Küchenchef und ein Besuch in der Bäckerei

Jan Christer Sandø hat eine sehr genaue Vorstellung von dem, was er seinen Gästen hier servieren möchte. Er will es so lokal wie nur möglich. Mit ein paar der Kinder am Strand hat er einen Deal. Sie bringen ihm frische Krebse vom Strand und bekommen dafür ein Eis. Hier profitieren beide Seiten. Den Kids macht es Spaß, die Krebse zu sammeln und er hat eine wunderbare Grundlage für eine aromatische Krebsbutter. Bevor wir jedoch zu den Krebsen kommen, wollen wir erst einmal Kräuter sammeln. „Kennst du wilden Koriander?“, fragt er mich. Natürlich kenne ich Koriander, doch der wächst bekanntlich nicht in Norwegen am Strand. Er gibt mir ein paar Gräser, die alles andere als nach Koriander aussehen. Ich kaue auf einem Stängel und tatsächlich – es schmeckt hundertprozentig nach Koriander. Den Namen kennt er nicht, auch Google ist hier nicht weiter dienlich. Es ist elf Uhr am Morgen, die Nacht war lang und es zieht ihn in die Bäckerei hinter dem Hügel. Entlang des Weges findet er immer wieder das eine oder andere Pflänzchen, das später in den Topf wandern wird.

Bei Nicola Meola, dem italienischen Bäcker, den es hierher verschlagen hat, gibt es die weit und breit besten Kanelbollar. Zimtknoten. Eigentlich hängt am Eingang der Bäckerei ein Schild, dass man bereits ausverkauft sei, doch das heißt ja noch lange nicht, dass niemand da ist. Jan kennt den Hintereingang. Dort steht Nicola und sein syrischer Kollege und holen gerade eine gigantisch duftende Focaccia aus dem Ofen. Daneben stehen die noch warmen Zimtknoten. „Nimm dir eine!“, ruft Nicola. Ich beiße in das noch warme Hefegebäck, Zimt und Kardamom breiten ihre Flügel in meinem Mund aus. Diese Zimtschnecke, oder besser Zimtknoten, ist grandios. Die Tatsache, dass die Bäckerei bereits am Vormittag ausverkauft ist bedeutet also, dass ich nicht die Erste bin, der das auffällt.

Küchenchef des Restaurant Strandbaren Jan Christer Sandø

nach Koriander schmeckende Gräser am Strand

Salat aus den Dünen

Nicola Meola – ein italienischer Bäcker, den es hier hoch verschlagen hat und für dessen Zimtschnecken sie hier Schlange stehen

unwiderstehlich!

Nicolas traumhafte Focaccia

 

Let’s cook!

„Wie wäre es mit einem Steinbutt mit etwas Spitzkohl und einer Krebsbuttersauce?“, fragt mich Jan und reicht mir das Messer, damit ich die Ingwerwurzel in mikrofeine Würfel schneiden soll. Gleiches dann bitte auch mit der Chili. Oui Chef! Ich hacke, schnipple und beobachte ihn dabei, wie er den Spitzkohl in einer nicht unbeachtlichen Menge Butter dünstet. Dann kommt der Fisch dran. Eigentlich sind wir nach zehn Minuten schon wieder fertig. Vor mir steht ein auf der Haut gebratener Steinbutt mit einem ganz leicht nach Ingwer schmeckenden Spitzkohl und einer Krebsbutter-Hollandaise mit frischen Kräutern. So einfach und einfach großartig. Bevor es für ihn in der Küche richtig losgeht, setzen wir uns noch raus auf die Terrasse und essen. Davor allerdings lässt er mich noch ein ganz besonderes Gericht probieren. Es ist von seiner Großmutter. Ein in Zwiebeln und Sahne gestockter Seelachs. Der Fisch ist mit der Sahne und den Zwiebeln fast emulgiert, es schmeckt herrlich.

Am Nachmittag soll ich zurück nach Trondheim. Eigentlich könnte ich hierbleiben. Könnte jeden Tag so verbringen. Ich will nicht weg. Am darauffolgenden Morgen beginnt in Trondheim das große Kulinarik-Festival. Das ist vielleicht der einzige wichtige Grund, dieses wunderbare Fleckchen Erde zu verlassen.

Steinbutt, mit Ingwer-Spitzkohl und Kräuter-Krebs-Hollandaise

Stokkøya Sjøsenter und Strandbaren
Troningveien 9, 7178 Stokkøy, Norwegen
Telefon: +47 72 53 43 28
www.stokkoya.no/de

Stokkøy Bakeri
linesveien 47, 7178 Stokkøy, Norwegen
www.facebook.com/stokkoybakery

 

 

Offenlegung: die Reise nach Stokkøya wurde unterstützt von Visit Norway. Ich bin diesen wunderbaren Menschen sehr dankbar, dass sie ein so abwechslungsreiches Programm für mich ausgearbeitet haben und ich in meiner Berichterstattung völlig frei bin.

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