7. Mai 2017

Das Licht des Nordens, lange Schatten, Fjorde
und ein paar kulinarische Entdeckungen in Bergen

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Du fliegst nach Bergen? In die Stadt mit dem höchsten Niederschlag Norwegens? Glückwunsch. Man lächelt mir mitfühlend zu, doch seit Tagen zeigt die Wetter App nur kleine Sonnen. Das Wetter dort ändere sich immer schnell, heißt es. Als ich ankomme, kurz nach zehn Uhr abends, ist der Himmel immer noch feuerrot. Keine Wolke am Himmel. Meine kleine Pension liegt am Berg, das Taxi kommt erst gar nicht durch die kleinen Gassen. Ich reise mit leichtem Gepäck. Am nächsten Morgen drängen die ersten Sonnenstrahlen früh durch die Vorhänge und ich will so schnell es geht ins Freie. Ein unverschämt blauer Himmel, so klar, dass es fast weh tut, wölbt sich über mir. Ich brauche genau fünf Minuten zu Fuß um am Hafen zu sein. Es ist hier nicht groß und es ist früh. Der Fischmarkt wird gerade aufgebaut.

Und dann stehe ich plötzlich vor einem Schiff, das in zehn Minuten zu einem der Fjorde aufbricht. Ich überlege kurz. Was, wenn das Wetter morgen nicht mehr so schön sein soll? Jetzt also. Ich will jetzt hinaus aufs Wasser. Und ich bereue keine einzige Sekunde.  In der Ferne schneebedeckte Bergspitzen, das Wasser so klar, dass es die Küste fast schneidet. Felswände und weite Fluchten. Die Luft ist metallisch rein und frisch. Ich stelle mich an den Bug und fliege über das Wasser. Tiefer, immer tiefer dringen wir in den Fjord vor. Nur einzelne Hütten an den flachen Stellen am Wasser.  Dürre Bäumchen, die auf den Felsen wachsen. Norden pur.

Dann haben wir nach fast zwei Stunden das Ende des Fjords erreicht. Kleine bunte Häuser liegen dicht aneinander gedrängt am Wasser, Boote schaukeln sanft und nicht weit daneben ragt eine riesige Felswand empor aus der ein Wasserfall sich in den Fjord ergießt. Es ist atemberaubend schön.

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Fischmarkt und Bondens Markt

An zwei Samstagen im Monat gibt es im Hafen neben dem Fischmarkt auch einen Bauernmarkt. Biologische Säfte, Brot, Braunkäse aus Ziegenmilch, Pfannkuchen und Würste aus Rentierfleisch sind im Angebot. Und ich wundere mich darüber, wie ich bisher den Braunkäse aus Ziegenmilch ignorieren konnte. Gibt es den etwa nicht bei uns? Er wird aus der Molke, die bei der Käseherstellung anfällt, gewonnen und der darin enthaltene Milchzucker karamellisiert. Haben wir nicht schon immer gerne Ziegenkäse mit Honig gegessen? Hier gibt es quasi beides in einem. Feines Aroma von Ziegenkäse und eine herrliche Süße. Natürlich kaufe ich diesen Käse. Und ich gönne mir die vermutlich teuersten Fish’n Chips, die ich jemals hatte. Gut, das Bier (mit erheiternden 2,6% Alkohol) macht den stolzen Preis von annähernd dreißig Euro für beides noch etwas üppiger. Fast zehn Euro für eine Dose Bier, manch einer bekommt an dieser Stelle Schnappatmung. Aber wenn man schon mal hier ist. Und wo doch die Sonne so schön scheint. Und der Fisch so umwerfend frisch ist in seinem knusprigen, köstlichen Ausbackteig. Die Fritten sind anständig und nicht zu fettig. So als Snack nach meinem Ausflug in die Fjorde, ist das durchaus willkommen.

Zimperlich darf man ohnehin nicht sein, wenn es hier ums Geldausgeben geht. Ein paar kleine Brettchen aus Wacholderholz? Ihr Duft betäubt mich vermutlich, denn anstandslos zücke ich meine Karte.

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Fischmarkt am Hafen

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Braunkäse von der Ziege auf dem Bondens Bio Markt

Nordische Küche, guter Kaffee und natürlich Zimtschnecken

Eine befreundete Reisebloggerin aus Bergen, mit der ich zusammen in Okinawa war, gab mir den Tipp, es mit moderner nordischer Küche zu versuchen. Noch von Deutschland aus reservierte ich einen Tisch, was sich als durchaus sinnvoll erweisen sollte, denn kaum hatte ich die Vorspeise gegessen, war der Laden brechend voll. Rüben, fermentierte Gemüse und kleine Klößchen aus Hafer finden sich hier im Bare Vestland auf der Karte. Leider auch Walfleisch, was vorrangig von den Touristen verzehrt wird. Ich fühle mich nicht wohl mit dem Gedanken, Wal zu essen und auch wenn ich jetzt keine Diskussion anheizen möchte, es kommt für mich einfach nicht in Frage das zu essen. Ich mag in Sao Paulo Ameisen essen, aber beim Wal in Norwegen, winke ich dankend ab. Mögen sie in Ruhe gelassen werden. Ich will sie mir auch nicht in Aquarien anschauen.

Meine Wahl trifft also gegrillten Lauch, mit einer Wacholder Mayonnaise, Haselnüssen und ofengeschmorter Sellerieknolle, gefolgt von einem wirklich traumhaften Skrei  in einer Buttersauce mit geflammtem Kohl und Kräutern und einer Kalbszunge mit den bereits erwähnten Haferklößchen. Einzige diese waren nicht ganz so gut, wie ich erhofft hatte. Kompakt und eher an sehr feuchte Gnocchi erinnernd, der Rest jedoch war ausgesprochen lobenswert.

Nicht auslassen konnte ich natürlich die Zimtschnecken, die ich in einem kleinen Bioladen entdeckte und weil Norwegen eine ziemlich Kaffee-affine Nation ist, gab es gleich noch einen aus einer lokalen Rösterei dazu. Ganz ruhig und ohne Touristen in einer kleine Seitengasse.

Bar Vestland

li.o. Lauch und Knollensellerie, Kalbszunge mit Haferklößchen und Kartoffeln, Skrei mit fermentierten Gemüsen: moderne nordische Küche im Bare Vestland

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Brasserie & Café Litteraturhuset

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Bare Vestland

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Det Lille Kaffekompaniet, kleine Kaffeebar im alten Viertel

Licht, Schatten und lange Tage

Es war bereits kurz vor 22:00 Uhr abends, die Sonne wirft ihre endlos langen Schatten über den großen Platz am Hafen, als ich wieder den Berg hinauf  zu meiner Pension steige. Ich setze mich auf eine Bank und blicke über Bergen, wie es im kalten und doch irgendwie goldenen Licht langsam versinkt. Die Schatten kriechen unaufhaltsam über die Dächer der kleinen Häuser. Alle sitzen draußen. Auf kleinen Verandas, in Cafés oder einfach nur auf einer Bank. Und alle sind sehr entspannt und gut gelaunt. Die perfekte Zeit für Bergen ist genau JETZT.

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auch um 21:30 scheint hier noch die Sonne

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kurz vor Sonnenuntergang gegen 22:30 Uhr

Adressen:

Bare Vestland (frische, nordische Küche)
Fresco Hall, Vågsallmenningen 1, 5014 Bergen
barevestland.no

Det Lille Kaffekompaniet (kleine, entzückende Kaffeebar abseits der Touristenwege aber zentral in den kleinen Straßen am Berg)
Nedre Fjellsmauet 2, 5018 Bergen
nordiccoffeeculture.com/det-lille-kaffekompaniet-bergen

Colonialen Litteraturhuset (schöne Brasserie unweit vom Hafen im alten Viertel)
Østre skostredet 5-7
colonialen.no/litteraturhuset

Bondens marked (Bio Bauernmarkt 2 x im Monat Samstags neben dem Fischmarkt)
Fisketorget, Strandkaien 3, 5003 Bergen
Termine unter: www.visitbergen.com/hva-skjer/bondens-marked

 

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