Ich lerne dazu. Ein wenig zumindest. Es ist eine gute Idee, das Frühstück an diesem Morgen auszulassen, auch wenn die Croissants verzweifelt versuchten, mir in den Mund zu springen. Es geht weiter nach Pernes les Fontaines.
Man könnte die Kleinstadt mit knapp 11.000 Einwohnern mit Bad Tölz vergleichen. Wer in Bad Tölz lebt, ist meist sehr gut situiert und will nicht in der Großstadt München leben. Genauso verhält es sich mit Pernes les Fontaines und Avignon. Die Mieten hier sind also nicht gerade bescheiden. Es gibt überdurchschnittlich viele Galerien und Ateliers. Nicht, weil die Künstler hier durchwegs arriviert sind, sondern weil die Stadt die Mieten der Ateliers subventioniert. Wer hierher zieht, sollte also begabt oder zumindest wohlhabend sein. Durch die mittelalterlichen Gassen zu bummeln ist abwechslungsreich. Der wahre Schatz jedoch verbirgt sich hinter jeder Menge alter Klamotten, Geschirr und Krimskrams. Das Au Marche de Provence – Café Brocante. Das absolute Highlight ist jedoch der Trüffelmarkt in Richerenches.
Café Brocante – das Glück ist ein Fleischbällchen (oder besser zwei)
Man hat besser reserviert, denn sonst ist es aussichtslos, hier einen Tisch zu bekommen. Küchenchef Olivier Laplaud und seine Frau Marie haben zwischen Vintage-Geschirr, Gläsern, Klamotten und allerlei Staubfängern Tische aufgestellt und servieren eine rustikale südfranzösische Küche. Und davon reichlich. Drei Gänge schaffe ich locker, denke ich, schließlich habe ich ja noch nicht gefrühstückt. Da geht schon eine Wildpastete zum Auftakt. Die Pastete wird nicht in der kleinsten Variante der Weck-Gläschen serviert. Vermutlich mit Armagnac abgeschmeckt und noch dazu mit einer ordentlichen Portion Trüffel serviert. Reicht eigentlich völlig als Mahlzeit, macht glücklich, doch mir schwant, dass es das ja noch nicht gewesen sein kann. Richtig, denn dann serviert Olivier üppige Fleischbällchen in einer sahnigen Sauce und perfekt gebratenen Bratkartoffeln. Natürlich wieder mit Trüffeln. Diese Bällchen sind eine Offenbarung. Kross gebraten, also nicht wie Königsberger Klopse, sind sie luftig und nicht nur durch die Trüffel opulent gewürzt. Die Sauce schmiegt sich quasi um diese Bällchen. Ich seufze, so gut sind sie. Auch am Nebentisch sind drei ältere Damen hellauf begeistert und ihre Teller wie geleckt, als sie abgeräumt werden. Ob ich noch ein Dessert wolle, werde ich gefragt. Die Gesichter der Damen am Nebentisch leuchten, als üppige Eisbecher und verschiedene Mousses serviert werden. Wie schafft ihr das Ladies, frage ich mich. Sie schaffen es. Sie haben vielleicht auf mehr als nur das Frühstück davor verzichtet. Ich genieße es, ihnen einfach nur zuzuschauen. Ich hingegen nehme nur einen Espresso.
Die Stadt der 40 Brunnen
Das mit den tausend Schritten nach dem Essen bietet sich jetzt an. Durch die alten Gassen zu bummeln und Brunnen anschauen ist das Beste, was man nun tun kann. Und Pernes les Fontaines ist wirklich entzückend. Nicht nur wegen der vielen Brunnen. Auch die Ateliers der Künstler lohnen sich. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wer beispielsweise Holzarbeiten mit Blattgold mag und eine Wohnung hat, die genug Platz für eindrucksvolle Objekte bietet, der sollte das Atelier von Clement Landry besuchen.
Die weißen Perlen von Jean Battu
Eine süße Köstlichkeit geht immer. Keine Frage. Die kleine Patisserie von Jean-Luc Battu ist eigentlich immer voll. Seine besonderen Spezialitäten sind nicht nur Kuchen und Torten, sondern auch Schokolade und kandierte Früchte. Der kleine Verkaufsraum ist das Wunderland der süßen Leckereien. Hier bekommt man die „Perlen unter der Sonne“ – La Perle de la Nesque (une robe meringuée au coeur de praline à l’orange) – kleine Meringue, die mit Orangeblütenwasser parfümiertem Nougat gefüllt sind. Sie schmelzen auf der Zunge. Und ich habe kein einziges Bild davon.
Gegenüber gibt es eine ausgezeichnete Metzgerei, falls man nach den süßen Köstlichkeiten noch Lust auf eine leckere Terrine hat. Nein, verhungern muss man nicht in Pernes les Fontaines.
Ein Salon de thé ist am Nachmittag genau das Richtige. Das Atelier Llorens bietet eine großzügige Auswahl an besten Tees. Auch den köstlichen Lapsang Souchong, den chinesischen Rauchtee. Jedoch geht nichts über einen kräftigen Assam Tee mit einem kleinen Schuss Milch. In diesem Café kann man auch edle Sirups kaufen. Mit Yuzu, Passionsfrucht oder Mandarine. Sollte man tun.
Trüffelmarkt in Richerenches
Richerenches ist ein Dorf, genauer gesagt ist es DAS Dorf, wenn es um Trüffel geht. Außerdem ist es ein populärer Weinbauort. Im Jahr 1136 erhielt der Orden der Templer ein Stück Land, sie bauten eine Mauer darum und errichteten eine Komturei. Im 15. Jahrhundert wurde sie verlassen, ab dem 16. Jahrhundert jedoch wieder neu besiedelt und erweitert. Das Dorf mit historischem Kern und knapp 700 Einwohnern nennt sich stolz „Welthauptstadt der Trüffel“. Rabasse, so heißt hier der Trüffel. Jeden Samstag von Mitte November bis Ende März findet in Richerenches der Trüffelmarkt statt. Für Privatkunden auf der Avenue de la Rabasse und um die Ecke für die Profis. Küchenchefs aus dem ganzen Land reisen an. Verkauft wird nur aus dem Kofferraum der Autos heraus. Dieses Jahr kostet das Kilo Tuber Melanosporum, wie der schwarze Périgod-Trüffel genannt wird, zwischen 800 bis 1.000 € je Kilo. Als ich die Straße mit den Autos, deren Kofferräume geöffnet sind und in denen so einige Säcke mit Trüffel liegen, überschlage ich kurz das Vermögen, das hier auf der Straße angeboten wird. Die Atmosphäre ist hier im Gegensatz zu den hübschen Ständen auf der Hauptstraße, wo die Privatleute einkaufen und wo es außerdem auch köstliche Paté mit Trüffel, getrüffelte Kartoffelsuppe und Safran-Karamellcreme zu kaufen gibt, eher nüchtern. Jedoch umso spannender. Ich lerne von Denis Valayer, einem Trüffelhändler, wie ich einen perfekt gereiften Trüffel erkennen kann (das Innere muss ganz dunkel sein). Ehrfürchtig wiege ich einen über 100 g schweren Trüffel in meiner Hand.
Und weil die Gemeinde der Trüffelanhänger auch irgendwann einmal Hunger bekommt, bietet das Gemeindehaus eine „Brouillade“ an. Für 30 € bekommt man hier Trüffel Omelett, Salat, Brot, Wein, Wasser und ein Dessert. Der Erlös geht an einen guten Zweck. Zwei Schichten gibt es am Mittag für jeweils 130 Personen. Es ist bis auf den letzten Platz voll. Man muss allerdings auch schon 3 Wochen im Voraus reservieren. Bezahlt wird dann Vorort in bar.
Auf der Jagd nach dem schwarzen Gold
Es ist eine romantische Vorstellung, dass auch heute noch Schweine, die auf den Namen Kiki hören, unter Eichen nach Trüffeln suchen. Hunde mit ihren feinen Nasen haben die Schweine längst abgelöst. Damit auch sie nicht am Trüffel knabbern, muss der Trüffelbauer immer ein Leckerli parat haben, mit dem er den Fund belohnt. Ich stapfe durch den schlammigen Boden und die Aufregung ist jedes Mal groß, wenn der Hund aufgeregt das Buddeln beginnt. Insgesamt knapp 500 g Trüffel finden wir innerhalb einer Stunde. Das ist doch großartig, sage ich, doch Bauer Christian Allègre seufzt nur. Er habe 20 Kilo an Vorbestellungen. Und es werden von Jahr zu Jahr weniger Trüffel. Zu einem feinen roten Tischwein bietet er uns im Anschluss an die Trüffelsuche Trüffelbutter und Trüffelhonig mit Brot an. Und ich will unbedingt einen dieser frischen Trüffel kaufen. Wird er das überstehen, bis ich wieder in Deutschland bin, frage ich. Ein paar Tage übersteht es der vakuumierte Trüffel, dann sollte er sofort in trockenem Reis gelagert werden und zügig verbraucht werden. Bereits nach einer Woche ist das Aroma eines Trüffels stark zurückgegangen. Ich mache es. Ich kaufe einen 60 g großen Trüffel. Perfekt gereift, denn er wurde bereits ein bisschen von einer Maus angeknabbert. Dank dieser Gourmet-Maus kann ich die tiefdunkle Farbe des Inneren erkennen. Ob so ein Mausbiss Einfluss auf die Qualität des Trüffels habe, will ich wissen. Aber nein, meint Allègre lachend. Auch eine Maus weiß eben, was gut ist. Für meinen 60 g Trüffel bezahle ich etwas mehr als 40 €. Ein Schnäppchen.
Und er wird mir helfen, meine Trüffel-Entzugserscheinungen nach meiner Rückkehr zu mildern. Ich freue mich schon darauf.
Schöner Schlafen in einem Schloss
Jahrelang passiert auf Château de Taulignan einfach nichts. Die letzte Bewohnerin des herrschaftlichen Schlosses war alt und nicht mehr in der Lage, das Haus weiter zu führen. Sie verkaufte und im Mai letzten Jahres wurde es als Bed & Breakfast in der gehobenen Kategorie neu eröffnet. Am Abend rauschen die riesigen Pappeln im Wind und sind eindrucksvoll erleuchtet. Die Matratze ist mit Abstand die beste, die ich auf meiner gesamten Reise erleben durfte. Sie bescherte mir einen magischen Schlaf. Derzeit gibt es nur 5 Zimmer, die jedoch keinen Wunsch offenlassen. Geplant ist die Instandsetzung eines weiteren Trakts. Bei der Inneneinrichtung wurden gekonnt die alten Mauern mit modernen Elementen kombiniert. Das Frühstückszimmer ist besonders schön. Noch schöner ist es bestimmt, im Sommer auf der Terrasse neben dem Pool sein Baguette zu genießen. Und natürlich wird hier gerne geheiratet.
Vaison-la-Romaine, ein mittelalterliches Kleinod
Es wäre eine perfekte Filmkulisse – wer auf den alten Gassen durch Vaison la Romaine wandelt, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt. Auch hier trifft man kaum andere Touristen. Man hat den schönen Ort im Winter ganz für sich.
Und im letzten Teil der Reise geht es nach Avignon.
Adressen
Pernes les Fontaines
Café Brocante
74 Avenue du Bariot
84210 Pernes-les-Fontaines
Maison Battu (wo es die herrlichen Kuchen gibt)
72 Rue Gambetta
84210 Pernes-les-Fontaines
Atelier Llorens (Salon du thé)
95 Pl. Louis Giraud, 84210 Pernes-les-Fontaines
Hotel La Margelle (übernachten)
45 Pl. Aristide Briand
84210 Pernes-les-Fontaines
Richerenches
Trüffelmarkt in Richerenches
Jeden Samstag auf der Avenue de la Rabasse (wie sollte die Straße auch anders heißen?)
Trüffellunch (für einen guten Zweck)
Salle des fêtes
Avenue de la Rabasse
84600 Richerenches
Trüffelsuche mit Christian Allègre (Domaine Saint Alban)
2335 Chemin de Bourbouton
84600 Richerenches
Tél : 04.90.28.01.66
Vaison la Romaine
Château de Taulignan (übernachten)
Chemin de la Planchette
84110 Vaison la Romaine
Le Moulin à Huile (Restaurant mit ausgezeichneter Küche)
1, Quai Maréchal Foch – Route de Malaucène
84110 Vaison-la-Romaine
Offenlegung: Die Reise wurde unterstützt von Vaucluse Provence Tourisme. Wie immer sind dies ganz meine Eindrücke. Als Trüffelliebhaberin habe ich hier das Glück gefunden.
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