19. Februar 2023

Das Naturparadies Albufera, die perfekte Paella und die Frage, welcher Reis am besten dafür ist

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Unterwegs in der Reisregion Valencias

Vor einigen Jahren schaffte es der britische Starkoch Jamie Oliver eine gesamte Nation gegen sich aufzubringen, indem er Chorizo Würste in eine Paella gab. Chorizo habe in einer Paella nichts verloren und ein von Nationalstolz geprägter Shitstorm brach über ihn herein. Verdient, würde ich sagen, denn nichts ist den Valencianern so heilig, wie ihre Paella. Was die Zutaten angeht so gibt es da keinen Spielraum, wenn man es Paella Valenciana nennen soll. Einzig beim Safran und der Zugabe von ein bisschen Lebensmittelfarbe ist man bereit, ein Auge zuzudrücken. Am besten wird sie über Orangenholz gekocht, ihre Zubereitung ist eine Kunst, die auch heute noch meist von den Männern zelebriert wird. Auf die Frage, welcher Reis dafür der Beste ist, gehen die Meinungen jedoch geringfügig auseinander.
Von einer alten Reismühle aus, die heute ein Reismuseum ist, geht es in die Reisfelder der Albufera, wo in einem rustikalen Ambiente eine echte Paella Marisco zubereitet wird (und wo ich lerne, dass wo es Reis gibt, auch Aale nicht weit sind) und weiter auf den großen Markt in Valencia, wo mir eine Marktfrau eindrücklich schildert, warum sie von der allseits für Paella beschworenen Reissorte „Bomba“ nicht viel hält.

Im Reismuseum

Das Museo de L’Arròz ist eine alte Reismühle in der Nähe des Hafens von Valencia. Als im 8. Jahrhundert der Reis mit den Mauren nach Spanien kam (eigentlich schon früher, doch sie machten ihn erst populär) bot die Lagune um Valencia, als das heute größte Anbaugebiet von Reis, optimale Bedingungen. In der Reismühle wurde der Reis geschält und poliert, bevor er verkauft wurde. Die alten Maschinen dienen heute nicht mehr einem kommerziellen Zweck, doch man kann jeden Schritt der Reisveredelung bestens verfolgen. Über drei Stockwerke erfahre ich viel über den Reisanbau, die Sorten und darf auch selbst eine Handvoll Reis mit einer der alten Maschinen polieren. Sämtliche Reissorten, die in der Region angebaut werden, sind hier ausgestellt und rein äußerlich unterscheiden sie sich fast gar nicht. Ihre Besonderheiten liegen jedoch in ihren Eigenschaften. Doch bevor es hier wirklich in die Details geht, steht erst einmal der Reisanbau im Vordergrund. Mit dem Bus geht es etwa 10 km hinaus aus der Stadt in das Naturschutzgebiet der Albufera (man kommt auch über Radwege hin).


Museo Del Arroz de Valencia
Carrer del Rosari, 3, 46011 València
museodelarrozdevalencia.com

Die Reiskammer Spaniens und eine Fahrt durchs Schilf

Jetzt, im Winter, gibt es auf den Reisfeldern der Albufera nicht viel zu sehen, könnte man meinen. Falsch – es gibt jede Menge zu sehen, nur eben keinen Reis. Die Lagune ist ein Vogelparadies und während ich mit meiner Gruppe (knapp 20 Journalisten aus drei Ländern) eines der typischen, überdachten Langboote besteige, sind es Dutzende von Enten, die vor uns her flattern. Ich wünschte, sie würden endlich mal für einen Moment still sein. Nicht die Enten, meine Mitfahrenden. Majestätisch langsam und beinahe geräuschlos bewegt sich das Boot durchs Schilf, der Wind rauscht in den hohen Schilfhalmen, es ist ein wunderbares Geräusch, das nur dann von den Geräuschen der fliehenden Enten unterbrochen wird. Im Idealfall. Ich sitze ganz vorne im Boot und versuche, das Geklapper auszublenden. Wir fahren noch ein Stück weit hinaus auf den See, wo es welliger wird, dann geht es wieder zurück durch die Wasserwege im Schilf. Ich genieße jede Minute dieser Fahrt. Am Rand eines Reisfelds steigen wir aus und gehen das letzte Stück des Weges zu einem kleinen Haus zu Fuß. Es ist Zeit für das Mittagessen.



Aalsuppe und Paella

Wir sollen nicht zuviel erwarten, dies sei kein Restaurant, sondern eher so was wie ein Vereinsheim, wo sich die Reisbauern am Wochenende treffen um gemeinsam zu kochen. Das Haus liegt malerisch inmitten der Reisfelder, es gibt eine offene Kochstelle auf der überdachten Veranda und drinnen nur eine Küche und einen großen Raum mit einem langen Tisch. Es ist perfekt! Als ich ankomme sind draußen bereits die Vorspeisen, Käse, Schinken und Oliven aufgebaut, denn bis die Paella fertig sein wird, wird es noch eine Weile dauern. Der Himmel ist strahlend blau an diesem Tag. In diesem Moment gibt es nichts Schöneres, als einfach nur in der Sonne zu sitzen mit ein paar Oliven im Mund. Es ist so friedlich hier. Im Hintergrund wird jedoch schon der Gasbrenner entfacht und die Vorbereitungen für die Paella getroffen. Es soll eine Paella Marisco geben, also eine Paella mit Meeresfrüchten. Die klassische Variante sei mit Huhn und Kaninchen lerne ich. Doch zuerst einmal ist die Suppe fertig, damit wir nicht verhungern, bis die Paella fertig ist. Die Suppe ist ein fette Brühe mit Kartoffeln, Aal und rauchigen Noten von Pimentón de la Vera (Rauchpaprika). Hier, wo Reis angebaut wird, gibt es viele Aale und deshalb ist diese Suppe ein für die Region sehr typisches Gericht. Sie schmeckt ausgezeichnet. Ich versuche, nicht zuviel davon zu essen, denn schließlich gibt es noch jede Menge an Kohlehydraten. Zuerst werden Zwiebeln und Knoblauch in Olivenöl und Rauchpaprika angebraten. Dann folgen die Garnelen, die jedoch nur kurz in der Pfanne gebraten werden dürfen und keinesfalls durchgegart sein sollen. Nun ist es Zeit für geriebene Tomaten, Fischbrühe mit Safran und etwas Weißwein. Erst dann wird der Reis eingestreut. Rühren ist verboten, es darf ein bisschen an der Pfanne gerüttelt werden. Ist die erste Flüssigkeit verdampft, wird mehr Brühe dazugegeben. Nach einer Weile werden die Muscheln mit der Öffnung nach oben und die Sepien hineingesetzt. Die Zubereitung ist der des Risottos nicht unähnlich, nur, dass hier eben auf gar keinen Fall gerührt wird. Sonst wird es nichts mit dem „Socarrat“, der wunderbaren Kruste am Boden der Pfanne. Zum Abschluss wandern dann wieder alle Meeresfrüchte zurück in die Paella, es wird nochmal abgeschmeckt und dann endlich bekommt jeder einen Teller Paella.

Was ist in einer klassischen Paella Valenciana drin?

Wie bereits eingangs erwähnt, verstehen die Spanier wenig Spaß, wenn es darum geht, die klassische Paella kreativ zu verändern. In die Paella sollte nichts außer Huhn, Kaninchen, Tomaten, Safran, Bohnen (grüne Bohnen und getrocknete, eingeweichte Limabohnen), Zwiebeln, Knoblauch, etwas Rosmarin, Rauchpaprika, Olivenöl und Brühe. Schnecken dürfen noch mit rein. Eine Paella sei am besten, wenn sie über Orangenholz gekocht würde, was man heutzutage jedoch nur noch selten und wenn dann nur in den Bergen so bekommen könnte. Alle anderen Zutaten hier sind Mumpitz. Es gibt viele verschiedene Reisgerichte, die auf ähnliche Art zubereitet werden, doch Paella Valenciana darf sich nur so nennen, wenn den oben genannten Zutaten nichts hinzugefügt wird. Schon gar keine Wurst. Gell, Mr. Oliver?
Und übrigens – die Spanier schmunzeln über die Touristen, die sich abends eine Paella gönnen. Paella ist ein typisches Mittagsgericht. Wer abends eine Paella esse, schlafe schlecht, weil sie so mächtig sei. Ist wie in Italien mit dem Cappuccino, der dort auch nur am Vormittag und keinesfalls am Nachmittag getrunken wird.

Reis kaufen auf dem Markt

Ich brauche Reis. Nicht unbedingt, weil ich Paella machen will, denn dazu fehlt mir die Pfanne (die dem Gericht übrigens ihren Namen gegeben hat), sondern weil ich mit den verschiedenen Reissorten experimentieren möchte. Und die beste Adresse für Reis aus der Region Albufera ist der große Mercado Central. Ich brauche „Bomba“, „Albufera“ und „Redondo“.
Bomba habe sie nicht und wolle sie auch gar nicht, erklärt mir die Marktfrau, als ich sie nach den Reissorten frage. Ich bin ein wenig irritiert. Jeder scheint doch nur von Bomba zu sprechen. Sie schüttelt den Kopf. Bomba sei ok für Unerfahrene, mit Bomba könne jeder eine Paella auf den Tisch bringen. Bomba ist großartig, wenn es um die Flüssigkeitsaufnahme gehe, doch wer wirklich kochen kann, allem voran eben Paella, der entscheide sich für Redondo. Cremiger, sensibler, weniger gut in der Flüssigkeitsaufnahme jedoch unschlagbar im Geschmack. Albufera ist eine vergleichsweise neue Züchtung, mit der man die besten Eigenschaften aus beiden Sorten was Geschmack, Textur und Flüssigkeitsaufnahmevermögen angeht, kombinieren wollte. Sie bleibt jedoch dabei, dass Redondo der Beste sei. Ich kaufe trotzdem beide Sorten und ein paar Stände weiter dann noch Bomba. Er ist von allen der Teuerste, denn sein Ertrag ist weniger hoch als bei den beiden anderen. Sie alle sind zertifiziert und tragen das Siegel Valencias. Die Versuche damit in der eigenen Küche stehen allerdings noch aus.

Bio-Safran aus Albacete

Einen so herrlich duftenden Safran habe ich noch nie erlebt. Die ganze Tüte, in der ich die zwei kleinen Döschen transportiere, duftet nach dem Gewürz. Ganze 4 Gramm dieses Premium-Safrans gönne ich mir auf dem Markt. Ständig muss ich meine Nase reinstecken. Dieser Fund macht mich überglücklich. Für meine kommenden Reis-Experimente ist Safran unabdingbar. Wäre ich nicht allein über den Markt gestreift, wäre er mir vermutlich entgangen. Über den wunderbaren Markt gibt es in einem späteren Bericht jedoch noch mehr zu erzählen.

Offenlegung: Die Reise nach Valencia wurde unterstützt von einer EU Kampagne mediterreancombo.eu, welche hochwertige, in der der EU angebaute Produkte, fördert. Eigentlich ging es um die Kaki. Weil die Saison dafür bereits rum war, durfte ich auch die wunderbare L‘Albufera und ihren Reis kennenlernen.

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