29. Mai 2021

Italien und der perfekte Rückzugsort in den Marken

2 Kommentare

der perfekte Ort für alle, die mal runterkommen müssen und Freiheit spüren wollen

Ich fahre nach Italien! Ich muss mir das mehrmals vorsagen bevor ich die Österreichische Grenze erreiche. So lange schien Italien so weit weg wie die Marquesas Inseln im Südpazifik. Jetzt, nach einem nicht enden wollenden Winter auf den ein dauerverregneter Frühling im Lockdown folgte, ist es endlich wieder so weit. Ich fahre Richtung Brenner. Am Grenzübergang habe ich mein Testergebnis griffbereit, will aber keiner sehen, ich werde durchgewinkt. Diese Ferien fühlen sich jetzt schon an, wie Ferien sich noch nie angefühlt haben. Da ist dieses knisternde, vorfreudige Gefühl in mir. Nur einmal über die Alpen und schon wird der Himmel heller. Das Thermometer steigt. Bis ich Verona passiert habe, ist es auf 20° geklettert. An einem Autogrill mache ich Halt und trinke einen Cappuccino. Natürlich schmeckt dieser Cappuccino viel besser als daheim. Alles schmeckt besser. Weil alles so sehr ersehnt wurde.

Kurz vor Ancona verlasse ich die Autobahn und fahre ins Landesinnere. Es geht durch kleine Dörfer, fast überall stehen jetzt Blitzer und man soll nicht schneller als 50 km/h fahren. Wer hält sich daran nicht? Richtig, die Italiener. Kaum versuche ich es vorschriftsmäßig, werde ich schon angeblinkt. Fahr schneller, Kleine! Ich öffne das Fenster und winke freundlich. Wenn ihr nur wüsstet, wie toll das gerade ist. Zweimal war ich bereits hier und immer wieder vergesse ich, wie sich die 40 Kilometer bis zu meinem Ziel ziehen können. Ich will singen, die Arme ausbreiten, den blauen Himmel streicheln. Ich bin endlich da! Den letzten Kilometer geht es über eine ruppige Straße steil nach oben auf einen Berg. Dann habe ich mein Ziel erreicht. Le Torricelle.

Le Torricelle

Le Torricelle ist ein „Antico Borgo“ auf einem Hügel kurz vor Lunano, von wo aus man bis in den Apennin schauen kann. Es ist ein Agritursimo, das meiner Freundin Uschi gehört. Normalerweise hat sie um diese Jahreszeit noch keine Gäste, das Wetter sei im Mai oft launisch, doch ich darf kommen. Ich darf das große Haus für mich alleine haben. Jeden Tag versorgt Uschi mich mit frischem Gemüse aus ihrem großen Garten. Zuckererbsen, Favabohnen, Artischocken und Frühlingszwiebeln. Wenn ich keine Lust habe, für mich zu kochen, dann gehe ich essen. Ich gehe gleich am ersten Abend essen. Auch das ist lange her, dass ich das tun konnte. Vorbei die Zeit, wo man in den Restaurants nur etwas abholt oder zuhause kocht. Nicht falsch verstehen bitte, ich liebe es zu kochen, aber es kann einem auch ziemlich auf den Geist gehen, wenn man es muss. Wenigstens einmal wieder einfach hinsetzen, die Speisekarte studieren und dann bestellen, worauf man Lust hat. Ich will das zelebrieren und habe mir ein Restaurant in Sassocorvaro ausgesucht, hoch über einem See. Ich bestelle eine Vorspeise, Nudeln und eine Tagliata. Spätestens nach dem „Primo“, den Nudeln, wird mir klar, dass ich mir da viel zu viel vorgenommen habe, denn die Portionen sind riesig, aber es ist einfach zu schön. Ich kann mir ja Zeit lassen. Die Nudeln sind wunderbar, Ravioli mit Burrata und Radicchio. Die Tagliata ist butterzart. „Dolci?“ werde ich gefragt. Nein, danke, ich kann wirklich nicht mehr. Nur noch den Wein austrinken, einen Espresso und einen Limoncello. Ich bin so dankbar.

Am nächsten Morgen stürmt es auf meinem Hügel. Das sei nicht gut, denn bei diesem Sturm können die Bienen die Akazien rund ums Haus nicht bestäuben, meint Uschi. Wie sich das anhört wenn es windstill ist, erlebe ich ein paar Tage später. Als ich am Morgen aus meinem Haus komme, hört es sich an, als sei ich mitten in einem Bienenstock gelandet. Überall um mich herum summt es. Trotzdem sehe ich fast keine Biene. Sie tummeln sich alle oben in den Bäumen. Nur die Hummeln sehe ich um die Löwenmäulchen herumfliegen. Viele unterschiedliche Hummeln. Es ist ein Naturparadies hier. Um die Häuser wachsen Kräuter, Salbei, Rosmarin und Thymian und es blüht überall. Eigentlich sei der Mai der allerschönste Monat hier, meint Uschi, wenn nur das Wetter nicht manchmal etwas launisch wäre. Aber auch ein bewölkter Tag hier ist wundervoll. Am Abend verziehen sich die Wolken meist wieder und geben den Blick auf die zauberhafte Hügellandschaft frei. Die Kräuter duften immer besonders nach einem kurzen Regen. Und wenn die Sonne wieder herauskommt, wische ich die heruntergefallenen Akazienblüten von meiner Liege, lege mich drauf und schaue stundenlang einfach nur über die Ebene und in den Himmel. Mit jedem Tag kann ich spüren, wie gut es tut, hier zu sein.

Ich besuche an einem der folgenden Tage einen Markt, wo ich Ciccioli und Porchetta entdecke. Ciccioli ist frittierte Schweinehaut, die hier mit Lorbeer aromatisiert wird. Porchetta ist ein großer Schweinerollbraten, der wunderbar mit vielen Kräutern gewürzt ist. Meist kauft man beim Metzger auf dem Markt nur ein paar Scheiben davon.

Markttag in Novafeltria

Porchetta

Urbino

Ich fahre in die prachtvolle Universitätsstadt Urbino und es ist wie ein Auftauchen aus meiner Abgeschiedenheit der Hügel. Um auf einer Piazza zu sitzen, Menschen zu beobachten und einen Spritz zu trinken. Die Gassen sind leer, noch sind so gut wie keine Touristen hier. In einer winzigen Buchhandlung kaufe ich mir ein Buch über Nudelsaucen der Region. Es ist ein kleines Büchlein, kostet nur 4 Euro und wird von der Buchhändlerin liebevoll verpackt. Ich will immer etwas kaufen, damit ich einen Teil des Vormittags, den ich hier verbringe, mit nach Hause nehmen kann. Ich kaufe auch noch ein paar frische Nudeln, die ich mir abends kochen werde. Dann, wenn ich wieder über die Hügel schaue.

Die letzte Nacht auf dem Hügel

Zuerst habe ich gezögert, als ich an dem Restaurant an der Straße vorbeigefahren bin. Es ist gut besucht, doch ich kann nur Männer, die meist Arbeitskleidung tragen, erkennen. Aber ich habe Hunger und in dieser ländlichen Gegend ist die Auswahl nicht groß. Es gibt hier mittags nur Menü. Nudeln und Kaninchen stehen auf der Karte. Was soll’s, denke ich und setze mich an einen Tisch. Ich bekomme auch eine Karaffe Wein und ein Flasche Wasser dazu. Die Nudeln sind ausgezeichnet und das Kaninchen mit ordentlich Rosmarin und Knoblauch gewürzt. Alles zusammen kostet 13 Euro. Später erzähle ich einer Freundin davon. Das sind die besten Restaurants, meint sie. Da wo es einfach ist. Wenn die nicht kochen können, dann sind sie einfach leer. Also war das wohl ein Glücksgriff, erwidere ich. Ja, meint sie, das war es.

An meinem letzten Abend ist die Luft warm und wie elektrisiert. Die Sonne ist längst untergegangen, da beginnt im Holunderbusch eine Nachtigall zu singen. Bis ich eingeschlafen bin, wird ihr Gesang mich begleiten.

Unterkunft und Restaurants

anbetungswürdig. Ravioli mit Erbsensauce und Brennnesseln

oder mit Guanciale, Burrata und Radicchio

Le Torricelle
61026 Piandimeleto Provinz Pesaro Urbino, Italien
zu buchen z. B. über Landreise.de

la Scarpetta (grandiose Pizza und günstiges Mittagsmenü)
Via Feltresca, 61023 Macerata Feltria PU, Italien

Nido del Corvo (sehr gute Tagliata und ein toller Blick)
Via Colle Igea, 22b, 61028 Sassocorvaro PU, Italien

Casa Tintoria di Bendelli Giorgio (traumhafte Lage und gehobene italienische Küche)
Via Porta del, Vocabolo Pian di Molino, 4, 61049 Urbania PU, Italien
www.casatintoria.com

2 Kommentare

  1. So kenne ich die Marche auch ! Und dies seit 1974. Jedes Jahr einen Monat in Fano und Umgebung.

    Antworten
    • Lieber Eric,
      das klingt wunderbar. Dann ist das ja wie eine zweite Heimat. Einen ganzen Monat… da beneide ich dich. Ich wäre gerne länger geblieben. Aber ich komme wieder.
      viele Grüße
      Claudia

      Antworten

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