11. November 2021

Ägina – ein Tag auf der Pistazieninsel

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Mal für einen Tag raus aus Athen und Sonne tanken (und Pistazien essen).

Anfang Oktober ist die Zeit der Pistazien schon fast wieder vorbei und die der Walnüsse beginnt. Es gibt eine kleine Insel, nicht weit von Athen und mit dem Schiff ist man auch nur eine knappe Stunde unterwegs, vorausgesetzt, man ist mit dem schnellen Boot unterwegs und nicht mit der großen Fähre. Die braucht etwas länger. Dort auf dieser Insel wachsen die Pistazien und deshalb nennt man sie auch die „Pistazieninsel“. Gleich am Hafen gibt es mehrere Stände, wo man Pistazien kaufen kann und wer einmal eine frisch geröstete Pistazie probieren durfte, ist für den Rest des Lebens verdorben. Sie schmeckt fruchtig mit einer feinen Säure, gleichzeitig ist da das warme Pistazienaroma und zusammen mit ein wenig Salz ist sie einfach unwiderstehlich. Und wäre ich nicht an einem Montag in der Nachsaison auf die Insel gefahren, hätte ich diesen Geschmack, der mit nichts zu vergleichen ist, was wir hier in Tüten bekommen, vermutlich nie erlebt. Doch die Pistazie ist natürlich nicht der einzige Grund, weswegen es sich lohnt, nach Ägina zu fahren. Nach einigen Tagen in Athen ist es wie das Eintauchen in eine andere Welt.

Plötzlich bin ich auf einer Insel, umgeben vom Meer, das in der Morgensonne noch Türkis schimmert. Der winzige Fischmarkt auf der Insel ist mäßig besucht aber umso hübscher, die kleinen Gassen schimmern in warmen Farben. An diesem einen Inseltag, werde ich meinen Radius auf ein Minimum beschränken. Ich will am Strand liegen, aufs Meer starren und meinen Gedanken nachhängen. Ich will frischen Fisch essen und so lange es geht, die Sonne auf meiner Haut spüren. Der erste Taxifahrer an diesem Morgen, kurz nachdem ich die Insel erreiche, ist ein echtes Schlitzohr. Er weigert sich beinah, mich zu dem gewünschten Strand zu fahren, dort, auf der Nachbarinsel sei es doch viel schöner, oder auf der anderen Seite der Insel. Der Marathona Strand, zu dem ich möchte, ist ihm nicht weit genug. Ich insistiere (ich liebe dieses Wort). Der Strand ist eher klein und nur noch zwei Restaurants am Strand haben geöffnet aber es gibt freie Liegen direkt am Wasser und einen Restaurantbesitzer, der mich für den Rest des Tages wie eine Königin behandelt. Zumindest fühle ich mich wie eine, denn kaum habe ich mein Handtuch ausgelegt, bringt er mir schon ein kühles Getränk. Das habe ich bestellt, aber dass es so schnell geht und ich ein extra Tischchen zum Abstellen des Glases bekomme und Eiswürfel, so viel ich will, das ist beeindruckend. Dabei ist er in keiner Weise aufdringlich, sondern immer sofort zur Stelle, wenn ich Lust auf gefüllte Weinblätter oder angemachten Ziegenkäse habe. Während mein Blick zu den anderen Inseln weit vor mir wandert, die nur als blaue Silhouetten zu erkennen sind und kleine weiße Boote verstreut auf dem Wasser schaukeln, schiebe ich mir eine Olive in Mund.  Ich lese, gehe schwimmen und nicke in der warmen Sonne ein und die einzige Frage, die mich wirklich beschäftigt, ist wann wohl der beste Zeitpunkt wäre, einen Fisch zu ordern, den er frisch vom Fischmarkt holen wird. Ich spüre diese wohlige Trägheit, nichts um mich herum geht mir auf die Nerven, alles in mir schwappt in diesem glücklichen Rhythmus der kleinen Wellen. Geplant hatte ich, gegen 17:00 Uhr die Fähre zurück nach Athen zu nehmen, doch schon ertappe ich mich, dass ich darum feilsche, ob es nicht auch eine spätere oder vielleicht noch spätere geben könnte. Ich bin hier in einem kleinen Paradies, also warum sollte ich so schnell wieder gehen?

Das Einzige, was mich von meiner Liege runterlockt, sind die Pistazien. Ich muss unbedingt noch Pistazien kaufen. Und Pistazienkekse. Und Pistazienbutter. Vielleicht auch noch ein Pistazienpesto, wobei ich das schließlich auch selber machen kann, wenn ich nur genügend Pistazien mit nach Hause bringe. Doch was sind eigentlich genug Pistazien? Ein Kilo? Oder doch lieber gleich zwei? Und kaufe ich sie bei der Pistazien-Kooperative oder bei dem Händler, der auch die Pistazienbutter verkauft. Eine diesmal sehr freundliche Taxifahrerin bringt mich zurück in den Hafen. Bevor ich mich also mit Pistazien eindecke, muss ich sie probieren. An jedem Stand natürlich. Schmecken diese vielleicht minimal fruchtiger als die anderen? In denke bereits an die in einigen Wochen anstehende Weihnachtsbäckerei, doch was ich zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehen konnte, war, dass ich einen Monat später, also jetzt Mitte November, bereits keine Pistazien mehr übrighaben sollte. Ich habe sie alle gegessen. Ein paar habe ich verschenkt und hätte ich es auch nur ahnen können, wie gut die schmecken, dann hätte ich noch viel mehr davon gekauft. Merke, es sind nie genug Pistazien.

Ich verwende sie für besagtes Pesto, esse sie zu einem orientalisch zubereiteten Fisch, im Salat und zu Nudeln und knabbere sie die meiste Zeit einfach so. Und dann waren sie plötzlich weg. Alles, was noch da ist, ist ein kleines Glas mit Pistazienbutter. Eigentlich ist gut so, denn wie oft habe ich aus der Ferne etwas mitgebracht (ich denke da an die vielen Chilisaucen aus Jamaika), die mich auch nach einem Jahr aus dem Küchenschrank heraus anlachen und auf ihren Einsatz warten. Nicht so die Pistazien. Sie wurden mit Hingabe verzehrt. Und bei jeder einzelnen sehe ich wieder diese kleine Insel vor mir, habe den Blick übers Wasser vor meinen Augen und denke an die Möwe, die auf der Fahrt zurück im Sonnenuntergang neben mir hergeflogen ist. Ich werde wiederkommen. Ich muss wiederkommen, denn jetzt wo ich weiß, wie wunderbar diese Pistazien sind, bleibt mir wohl keine andere Wahl.

La Palma
Beach Café Restaurant
Marathonas Beach
Ägina
+30 2297027980

Wie kommt man nach Ägina?

Von Piräus aus mit der Fähre. Mehr Informationen zu den Zeiten und Fährgesellschaften gibt es hier. Die Entfernung zwischen dem Hafen Piräus und der Insel Ägina beträgt 15 Seemeilen (ca. 28 km). Eine Überfahrt kostet zwischen 8,00 und 14,00€

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