30. September 2017

Spätsommer auf Bornholm [#1] – ein Gefühl von Weite und Freiheit

1 Kommentar

Zum Essen kommen wir später, versprochen, es wird ganz viel davon geben, aber als ich in Kopenhagen ankomme und auf die kleine Maschine wechsle, die mich nach Bornholm bringen soll, stürmt es noch. Da denke ich zwar schon ans Essen, aber mir ist noch nicht danach. Ich fliege durch Weiß. Ein zerrissenes Weiß, ein graues Weiß, ein brutales Weiß. Manchmal sehe ich die vielen Schaumkronen auf den Wellen dort unten. Kurz nach der Landung setzt Regen ein.

Ich habe einen Leihwagen, das ist praktisch, denn obwohl die Insel nur 40 Kilometer lang ist und 10 Kilometer breit, werde ich hier ständig nur am rumfahren sein. Von einer Ecke in die Andere. Kurzes Warmwerden mit dem Navi und dann geht es auch schon los. Ist wenig Verkehr, nur alle paar Kilometer kommt mir ein Auto entgegen. Mein erstes Ziel ist das Melsted Badehotel. Das liegt auf der östlichen Seite in Gudhjem. Auf Bornholm herrscht ein mediterranes Klima, Feigen und Aprikosen wachsen hier, doch noch kann ich es erst einmal nur erahnen.

das kleine Strandhaus im Meldsted Badehotel ist mein Domizil für zwei Nächte

düstere Sturmwolken über dem Meer – der Sommer scheint so fern

Der Sturm verzieht sich

In der Bucht, wo sich das Hotel direkt an den kleinen Strand und das Wasser schmiegt herrscht eine entrückte Atmosphäre – noch greift der Sturm nach jeder Haarwurzel und verknotet mir binnen Sekunden alles, doch der erste Blick auf das Meer und den verlassenen Strand ist von einer unbestreitbaren Magie. Lila, mit einzelnen orange farbenen Stellen wölbt sich ein dramatischer Sturmhimmel über der See. Draußen liegen viele Marineschiffe vor Anker. Sei es wegen dem Sturm oder wegen einem Manöver der Russen. Die Nato ist präsent.
Mein kleines Zimmer geht direkt auf die Terrasse raus, vom Bett aus sehe ich das Meer. Ausruhen, ankommen, ein bisschen wenigstens. Doch lange hält es mich nicht. Wieder steige ins Auto und fahre einfach drauf los gen Norden. Und als hätten mich unsichtbare Kräfte angezogen, stehe ich plötzlich vor dem Hammershus, jener alten Ruine aus dem Mittelalter. Hätte ich mal nicht so viele Wikingerfilme im Bezahlfernsehen geschaut, ich bin der einzige Besucher hier, andächtig schleiche ich an einem hoch aufragenden Stein vorbei. In meinem Kopf toben wilde Bilder, als ich auf dem steinigen Pfad zur Burg hochsteige. Dann stehe ich oben, blicke auf das Meer, die Bucht und den Himmel. Dramatisch treibt der Sturm die Wolken vor sich her, als wären es kleine Schafe, die es zu bändigen gilt. Sie müssen zusammenbleiben, das Ende des Sturms ist bereits in Sicht in Form eines leuchtend orange-roter Streifens am Ende des Horizonts.

das Hammershus, eine Burgruine aus dem Mittelalter

es hellt wieder auf, die Wolken ziehen dahin

am Horizont wird es heller

der Sturm hat die wilden Äpfel vom Baum gefegt

 

wie aus einer anderen Welt

In der Nacht hat sich der Sturm verzogen. Als ich am nächsten Morgen aufwache, deutet nichts mehr darauf hin, dass er noch 24 Stunden davor das Obst von den Bäumen geweht hat. Ich fahre in den Süden, vorbei an Windmühlen, Stränden und Felsen im Wasser, wo Kormorane ihre Flügel trocknen. Kormorane jagen im Wasser und haben dafür die denkbar schlechtesten Voraussetzungen: Sie haben keine Fettdrüsen, womit sie ihre Flügel imprägnieren könnten. Was jede Ente kann, kann der Kormoran nicht. Er muss nachdem er sich in die Fluten gestürzt hat, erst einmal mit gespreizten Flügeln rumhocken und warten, dass der Wind ihm seine Flügel trocknet.
Während das Quecksilber kurz an der 20° Marke kratzt und ich schon längst meine Jacke im Auto gelassen habe, komme ich bei Svaneke wieder ans Meer. Verlassen ragt der Sprungturm am Strand über dem Wasser. Wieder so gut wie keine Menschen, doch heute wirkt alles lieblicher. Das Moos auf den Steinen leuchtet, im Wasser wiegt sich sanft der Blasentang.

Noch weiter geht es in den Süden. Bis an die Südspitze nach Dueodde, dort, wo der Strand schier endlos ist. Ein Steg führt durch die befestigten Dünen direkt dorthin. Der Sand ist so weiß, dass es schwer fällt, ihn nicht mit Eis zu verwechseln. Wolken ziehen auf und das Licht hat einen kalten Glanz. Und ich stehe einfach nur und kann nicht genug bekommen von diesem Anblick. Wie der Wind den feinen, weißen Sand vor sich hertreibt, als wäre es Schnee, wie der Himmel so endlos weit ist, wie berauschend schön es hier ist.

der Weg an den schönsten Strand in Dueodde

das magische Licht des Nordens

der Wind treibt den feinen, weißen Sand vor sich her

silbriges Licht, weiter Himmel am Strand von Dueodde

Leuchtturm in Dueodde

verlassene Strände, wo es doch noch schön warm ist.. vielleicht nicht warm genug

end of season…

sich frei zu fühlen…

das ist es, was mein Gefühl auf dieser Insel am besten beschreibt. Wo meine Sehnsucht nach Weite ihren Hafen gefunden hat, wo ich immerzu nur meinen Blick in die Ferne gerichtet hatte. Ausgenommen dann, wenn etwas zu essen vor mir stand, doch dazu kommen wir noch. Erst einmal ist es das Eingrooven auf diese wunderbare Insel, den Sonnenuntergang von einer Düne aus beobachten, die Luft atmen, die einem die Lunge weit macht. Immer noch ist es warm. Immer noch ein bisschen wie Sommer. Und in den wundervollsten Farben zeigt sich der abendliche Himmel über dem Meer.
Ich werde euch noch berichten von grandioser nordischer Küche, von einer kleinen Brauerei, von Lakritze, von herrlicher Keramik, dem besten Metzger der Insel und einigen wunderbaren Menschen. Denn sie sind es ebenfalls, die diese Insel so bemerkenswert machen. Die Menschen hier sind so freundlich. Doch erst einmal sind der Himmel, das Meer und die Natur mein erster Rausch. Weitere werden folgen…

der feinste und weißeste Sand, den ich je gesehen habe

stille Ostsee im Abendlicht

der Zauber der Farben über dem Meer

Kormorane, die ihre Flügel trocknen

das letzte Licht des Tages

einfach so, weil die Farben so schön sind

die Blumen im Garten des Madkulturhuset Gaarden

Bautasteine, ohne Runen. Ein verwunschener Ort

Adressen:
Melsted Badehotel
Melstedvej 27
DK-3760 Gudhjem
Tel +45 56 48 51 00
info@melsted-badehotel.dk

Offenlegung: Die Reise nach Bornholm wurde unterstützt von visitdenmark. Ich danke herzlich dafür. Die Eindrücke sind meine ganz eigenen.

1 Kommentar

  1. Schöner Beitrag :-)

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