1. Oktober 2019

Unbekanntes Jamaika, sag mir wo die Früchte und die Fische sind

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Früh am Morgen auf dem Markt in Montego Bay. Es herrscht eine einmalige Stimmung. Ich bin die einzige Nicht-Jamaikanerin weit und breit…

Erbarmungslos klingelt der Wecker um fünf Uhr in der Früh. Draußen zeigt sich ein erstes hellblau-oranges Licht am Horizont. Ich darf nicht trödeln, in einer halben Stunde werde ich abgeholt. Es geht auf den Markt in Montego Bay. Ich wollte es so. Unbedingt sogar. Niemals könnte ich ein Land bereisen, ohne nicht wenigstens einmal auf dem Markt gewesen zu sein. Jeden Freitag und Samstag ist Markttag. Ich habe mir eine Liste geschrieben, darauf stehen ganz oben Ackee Früchte, dann Avocados, Scotch Bonnet Chilis und dann muss da auch noch Platz sein, für etwas, das ich jetzt noch nicht kenne. Zimtblätter zum Beispiel. Die werde ich erst auf dem Markt entdecken.

Willi, mein einheimischer Fahrer, meinte, man müsse unbedingt früh auf den Markt. Das sei die Uhrzeit, wo man noch die beste Ware bekäme. Ich richte mich nach ihm, denn ich werde ihn brauchen. Wer je in einer Großmarkthalle war weiß, dass die Umtriebigkeit auf einem großen Markt auch nicht im Entferntesten was mit Romantik zu tun hat. Das ist kein Viktualienmarkt, wo einem die Marktleute freundlich anlächeln. Hier wird gehandelt. Und da ist so ein weißes Gesicht schon mal gar kein Vorteil. Deshalb werde ich Willi für mich handeln lassen. Denn, wo keine Preise angeschrieben sind, muss ich den Preis akzeptieren, den mir der Verkäufer nennt. Oder handeln. Davon lasse ich besser erst einmal die Finger.

Die Farben an diesem Morgen sind magisch.

viele Stände sind nur klein und nicht einmal ein richtiger Stand

Touristen? hier eher nicht

Frühlingszwiebeln sind unerlässlich für Jerk

hinten Zimtblätter, vorne Muskatnüsse mit Blüte (Macis)

Kürbis trifft man oft auf der Insel

und nirgends stehen Preise angeschrieben

Waagen wie vor hundert Jahren

wenn ich nur wüsste, welche Kräuter das sind…

Scotch Bonnet Chili und Chayote

Brotfrüchte (Mitte)

Hier gibt es Früchte, die man bei uns nicht kennt. Sorrel zum Beispiel. Sorrel heißt zwar auf Englisch auch Sauerampfer, doch das hier ist eine Hibiskusart. Und die für alles gerne hergenommen wird, wenn es um Erfrischung geht. Einen Punsch zum Beispiel. Da kommen dann noch Gewürze dazu. Auch ein Bier gibt es auf Jamaika, welches mit Sorrel aromatisiert wird. Die bereits erwähnte Ackee Frucht kauft man nur, wenn sie geöffnet ist. Das heißt, niemand würde das ausgelöste Fruchtfleisch einfach so kaufen. Man will die geöffneten Früchte sehen. Nur dann kann man sicher sein, dass ihr Genuss keinen Brechreiz auslöst. Also schaue ich auch genau zu, wie vor meinen Augen die geöffneten Früchte zerzupft werden und mitsamt dem Samen in eine Tüte gepackt.

Ackee

Sorrel

Es gibt hier Kochbananen, die fast so lang wie eine Elle sind (zugegeben, das ist ein recht veraltetes Maß, misst es doch den Abstand zwischen Ellbogen und Mittelfingerspitze eines ausgewachsenen Mannes). Manche sind grün, andere lila.

Ananas – wer glaubt, dass es eben nur eine Ananas gibt, der darf staunen, denn es gibt ungefähr 18 verschiedene Sorten auf Jamaica. Manche sind klein und rund, andere groß und länglich, farblich variierend von grün-orange bis gelb. Süß oder säuerlich – es ist alles dabei und das ist durchaus jetzt nicht vom Reifegrad abhängig. Dass eine unreife Ananas sauer ist weiß, glaube ich, jeder.

kleine, runde Ananas

June Plums und Guineps

Bei den Kräutern bin ich größtenteils einfach aufgeschmissen. Ich kenne Thymian und Petersilie, doch alles was sonst hier angeboten wird, ist mir fremd. Ich hätte gerne frische Limettenblätter, doch Willie zeigt mir Zimtblätter. Sie duften ganz unglaublich. Die könne ich gut mitnehmen meint er, denn sie müssten ohnehin getrocknet werden. Kaum einer kocht mit frischen Zimtblättern. Ich kaufe also Zimtblätter (die später zuhause in meine Hühnerbrühe wandern werden).

Riesige Wurzeln vom Maniok und Yams werden angeboten. Avocados sind teilweise so groß wie ein Kindskopf. Ich vermute, dass die EU auch die maximale Größe einer Avocado geregelt hat, denn solch riesige Avocados habe ich noch nie zuvor gesehen. Nur eine werde mitnehmen können. Die ich dann später sogar beim Check-in wieder auspacken darf, denn ich werde das Maximalgewicht meines Koffers um 4 Kilo überschreiten. Sie wird also in meiner Handtasche die Reise nach Deutschland antreten. Egal, Hauptsache, ich habe so eine Avocado.

Im Inneren des Marktes kann man Fische und Fleisch kaufen. Im Gegensatz zu den Gemüsen ist das verschwindend wenig. Außerdem, meint Willi, kauft man den Fisch am besten eh da, wo die Fischer landen. Da sollten wir dann also auch noch hin.

Nach etwa 2 Stunden auf diesem Markt bin ich völlig erledigt. Die Zeit ist so schnell verflogen. Alles was ich gemacht habe, ist schauen, schnuppern und Ausschau nach dem halten, was ich noch nicht kenne. Ich brauche dringend eine frische Kokosnuss. Noch immer scheine ich die einzige Touristin zu sein.

Avocados, so groß wie eine Ananas

am Rand des Markts geht es etwas gemütlicher zu

Bananas!

Auf dem Fischmarkt

Snapper

River Bay Fishing Village

Es ist bereits 9 Uhr als wir zum Fischerdorf kommen, wo die Fischer ankommen, die die ganze Nacht auf dem Meer verbracht haben. Willi hält mich einen Augenblick zurück, bevor wir zu den Fischern gehen. Sei vorsichtig, raunt er mir zu. Die mögen es nicht, wenn sie fotografiert werden. Das seien raue Gesellen. Er müsse das erst klarmachen, ob ich da Fotos machen dürfe. Ein wenig eingeschüchtert folge ich ihm. Man kann den Männern, die hier rumstehen, ihr hartes Leben ansehen. Selbst die Jüngeren unter ihnen, sind nicht zu einem Lächeln zu bewegen. Immerhin, stolz zeigt mir ein Junge den Bonito, den er gerade schuppt. Dann kommt ein kleines Boot. Die Möwen und Pelikane rundherum werden nervös. Ein Fischer bringt seinen Fang der Nacht an Land. Es ist gerade mal ein Eimer voll. Snapper hauptsächlich. Er sortiert die Fische und wiegt sie. Danach wird er sie einem der Händler übergeben. Wieviel er dafür bekommen wird, weiß ich nicht. Sie sind stolz die Fischer. Viel mehr ist ihnen angesichts der leergefischten Meere auch nicht geblieben. Ich hätte ihm gerne ein paar der Fische abgekauft, doch obwohl ich mit einer kleinen Kühlbox und Kühlakku reise, hätte ich mich nicht getraut, Fische mit nach Hause zu bringen. Wer will schon nach einem 11 Stunden Flug und anschließender 3,5 stündiger Zugfahrt Fische braten, wenn man auch einfach schlafen kann? Wer das auf sich nimmt, muss schon ziemlich verrückt sein. Ich bin mit meinen Zimtblättern, der Avocado, den Ackees und den Chilis eben doch nur ein bisschen verrückt.

Charles Gordon Market (Freitags und Samstags)

Montego Bay

Jamaika

River Bay Fishing Village

F39G+34 Montego Bay, Jamaika (für Google Maps)

Offenlegung: die wunderbare Reise nach Jamaika wurde unterstützt vom Jamaica Tourism Board. Herzlichen Dank dafür. Die Eindrücke sind wie immer meine eigenen.

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