16. November 2016

[Taiwan #3] Taipeh, ein Loblied auf die Nudelsuppe, unterwegs mit dem Rad und einmal im Regen zu den Goldwasserfällen

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Toast oder Brötchen (und für meine lieben Münchner daheim – Semmeln)? Das kann jeder. Jeder der in Taipeh in einem Hotel übernachtet und ein Frühstück serviert bekommt. Ich jedoch, die sich eine eigene Unterkunft gebucht hat, komme erst gar nicht in die Verlegenheit. Seit über einer Woche hatte ich nichts mehr mit Weizen. Vermisse ich etwas? Nein. Solange ich jeden Morgen meine Nudelsuppe bekomme, geht es mir hervorragend. Ich bin mittlerweile eine Nudelsuppen Expertin. Also die mit Tofu, die ist jetzt nicht ganz so mein Favorit, wohingegen ich die Variante mit den Fischbällchen gerne mit nach Hause nehmen würde. Eine Fischfarce in einem gedämpften Reisteig in einer würzigen Brühe. Oder die mit den Tofustreifen. Morgens eine heiße Suppe und das Leben auf der Straße beobachten – der allerbeste Start in den Tag hier in Taipeh. Seht es mir also am besten jetzt schon nach, wenn ich euch nach meiner Rückkehr hier mit Nudelsuppenrezepten traktiere. Ist ja auch kalt draußen, da geht das schon. Das herzliche Lächeln meiner Suppenverkäuferin vermisse ich jetzt schon. Manchmal genügt schon ein herzlicher Mensch und es ist plötzlich viel leichter, sich in einem fremden Land wohlzufühlen.

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City Bike, yeah!

Zugegeben, als meine Vermieterin das erste Mal das Wort Fahrrad erwähnte, habe ich gezögert. Hier, mitten in Taipeh? Es gibt sicherlich schönere Arten, sich in Gefahr zu begeben, dachte ich und winkte lächelnd ab. Doch dann sah ich sie immer öfters, diese orangenen Fahrräder. Sie begegneten mir einfach überall in der Stadt. Und nachdem ich am vierten Tag keinerlei Lust verspürte meine ohnehin schon schmerzenden Füße nochmal durch die halbe Stadt zur National Concert Hall zu bewegen, schaute ich mir das mit den Mieträdern genauer an. Richtig, es gibt viele Fahrradwege. Und die Idee ist, dass man sich einfach so ein City Bike mietet (wofür man wieder die easy card braucht, aber die hat man ja sowieso, wenn man mit Bus oder U-Bahn unterwegs ist) und es an einer anderen Stelle wieder abstellt. Die Stationen für die Bikes sind überall im Zentrum. Dann also los. Reifen prüfen, Sattel hochstellen und los geht’s. Ok, die Bremsen sind jetzt nicht der Wahnsinn, aber hey, gemütliches Radeln ist eh das Beste. Das hier ist nicht New York, wo wahnsinnige Fahrradkuriere einem im Höllentempo fast über den Haufen fahren. Und ja, es macht riesigen Spaß. Wenn kein explizit ausgewiesener Radweg vorhanden ist, dann kann man auch auf dem Gehweg fahren. Die Fußgänger haben natürlich immer Vorrang. Mit dem Rad durch Taipeh eröffnet völlig neue Perspektiven! Mal eben noch schnell zum Chiang Kai-shek Memorial? Kein Problem und wunderschön bei Sonnenuntergang. Auf dem großen Platz davor ist ein Markt. Wie gut, dass mein Rad ein Körbchen hat. Eine fermentierte Pflaumenpaste will mitgenommen werden. Wer es sich hier ersparen will, nach Stadtplan zu fahren, der hat natürlich ein mobiles Wifi dabei. Google Maps ist perfekt für Taipeh und kennt alle Gassen.
Vor der National Concert Hall übt eine Gruppe junger Frauen eine recht kämpferisch aussehende Choreografie (vermutlich haben sie bei den All Blacks und ihren Maori Tänzen gespickt) aber als dann auch noch eine andere Gruppe die roten Fahnen schwenkt, da erscheint mir China plötzlich wieder ganz nah. Hier, wo alle Nobelmarken der Welt vertreten sind, wo die Atmosphäre locker und offen ist, wo annähernd jeder sehr gut englisch spricht, da schwenken sie sie also immer noch. Schön im Gleichtakt.

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Allein im Regen im Nirgendwo

Die Goldwasserfälle, was für ein anmutiges Wort. Bilder von einem glitzernden Wasserfall, Shangri-La gleich mit einem Hauch Disney erscheinen vor meinem inneren Auge. Ich will sie sehen, die Goldwasserfälle. Heute sei ein guter Tag dafür, meint die Vermieterin. Ich nehme den Zug nach Ruifang Richtung Küste. Das dauert etwa eine Stunde und bietet ausreichend Gelegenheit dafür im Zug die Menschen zu beobachten. Dort angekommen, geht es weiter mit dem Bus. Es nieselt bereits, aber wo ich nun schon mal so weit gekommen bin, lasse ich mich davon nicht aufhalten. Ein vernünftiger Mensch hätte sich an dieser Stelle sicher einen billigen Schirm gekauft. Ich bin nicht vernünftig. Ich steige in den Bus, der mich weiterbringt. Habe ich noch geglaubt, dass die weitere Fahrt allerhöchstens zwanzig Minuten dauert, beginne ich spätestens nach den ersten Serpentinen zu begreifen, dass dies hier eine längere Angelegenheit wird, denn wir haben nach einer halben Stunde immer noch nicht die erste Station erreicht. In waghalsigen Manövern schieben sich die Busse auf den engen Straßen immer schön nah am Abgrund aneinander vorbei. Mittlerweile gießt es aus Eimern. Es sollte doch ein guter Tag für diesen Ausflug sein. Gut ist relativ. Nach einer Stunde erreichen wir die Wasserfälle. Es ist kaum jemand da. Schwer drückt der Nebel auf die Bergspitzen, einen „Drama-Filter“ für meine Bilder brauche ich heute ganz sicher nicht. Das hier ist genug Drama. Und natürlich schüttet es weiter. Zum Ausgleich gibt es an den Wasserfällen nicht eine Stelle, wo man sich unterstellen kann. Auch scheint es, als waren alle anderen klüger als ich und haben sich mit dem Taxi herfahren lassen. Bereits halb aufgeweicht, suche ich Schutz unter einer offenen Heckklappe eines Autos. Eine einheimische Fremdenführerin mit einer kleinen Gruppe reicht mir einen Schirm. Ihre Gruppe macht ein paar Fotos an den Wasserfällen. Und will wieder weg. Ich gebe ihr den Schirm zurück. Da schaut sie mich mitleidig an und gibt mir ein Regencape. Ich will es ihr bezahlen aber sie winkt ab. Was für eine wundervolle Geste. Und dann waren plötzlich fast alle weg. Es wird immer dunkler und es schüttet ohne Unterlass. Allein stehe ich in meinem Regencape vor den Wasserfällen. Sie sind beeindruckend auch wenn das mit der goldenen Farbe (was aus den Zeiten Kupfer und Goldminen stammt) nicht ganz so hinhaut bei dem Licht.

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Und was, wenn jetzt kein Bus mehr kommt? Es sind merkwürdige Gedanken, die einem so durch den Kopf gehen, wenn man allein in den Bergen steht und so gut wie kein Auto mehr vorbei kommt. Und bevor ich endgültig einen ich-bin-ganz-allein-im-Regen Blues bekomme, gesellen sich zwei Frauen zu mir. Warten zu dritt ist dann doch hoffnungsvoller. Wir teilen uns ein Stück Schokolade. Dann kommt endlich der Bus, der mich zurück nach Ruifang bringt.
Habe ich es jetzt also bereut bei diesem Mistwetter diesen Ausflug gemacht zu haben? Auf gar keinen Fall. Dann wäre mir dieses wunderbare Erlebnis entgangen zu erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man klatschnass ist und plötzlich ein Regencape geschenkt bekommt. Und alle die jetzt überlegen, ob einem das auch zuhause passieren würde… ich würde mich freuen auf solche Geschichten.

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Taipeh, du hast mir leicht gemacht, mich in dich zu verlieben.

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