Es wird langsam dunkel hier in Taipeh. Habt ihr schon Hunger? Dann ist jetzt die Zeit perfekt für einen der Nachtmärkte in Taipeh. Fast scheint es mir, als habe hier kaum jemand große Lust zu kochen, denn anders ist das Riesenangebot, die vielen Märkte und das Gedränge kaum zu erklären. Auf diesen Märkten, die erst ab etwa 17:00 Uhr nachmittags aufgebaut werden und oft bis nach Mitternacht geöffnet haben, gibt es einfach alles. Für jeden Geschmack. Leicht gesagt, oder? Es ist mein zweiter Abend in Taipeh und mein Weg führt mich zum Ninxia Market, eine Viertelstunde zu Fuß, wieder vorbei an den Tee und Gewürzläden.
Erst einmal alles sehen, mit den Augen kosten, dann entscheiden und vor allem schauen, was die anderen so essen. Das ist jedoch nicht so einfach, denn es ist überall voll. Jeder Stand hat seine Liebhaber. Seien es die Austern, die Pfannkuchen oder gleich die Hälse von der Ente. Dampf steigt auf, wieder ist eine Ladung Dumplings, kleine Knödel, fertig und wird schon sehsüchtig erwartet. Ein Duft von frischem Koriander. Kaum habe ich ihn wahrgenommen, folgen schon verschiedene Röstaromen, dann duftet es nach Karamell, dann wieder scharf nach dem würzigen Essig. Es ist eine unglaubliche Sinfonie an Düften, die meine Nase unter Dauerbeschuss halten. Ich kann mich immer noch nicht entscheiden. Der Oktopus, der sah doch wirklich großartig aus. Doch dann bleibe ich an einem Stand stehen, wo eine Frau von einem großen Block aus Erdnüssen und Zucker feinste Hobel abschabt. Die legt sie auf einen Fladen, dazukommt eine Kugel Eis und frischer Koriander. Dann wird das Ganze aufgewickelt. Wie eine türkische Pizza. Das kann ich mir nun wirklich ganz schwer vorstellen und genau das muss ich haben in diesem Moment. Warum nicht mal Eis mit frischem Koriander und Erdnusszucker in einem herzhaften, dünnen Pfannkuchen? Vielleicht habe ich danach ja immer noch Lust auf den Oktopus. Oder ein paar gegrillte Muscheln.
Das Eis, das nur wenig süß ist und eher ein Aroma von Reiswein hat, schmeckt grandios in dieser Kombination. Glücklich setze ich mich auf einen der winzigen Hocker, schaue, staune und genieße. Ich bin mitten drin. Das hier, das ist wirklich Streetfood. Und es ist ganz normal.
Im Törtchenhimmel
Während ich am nächsten Morgen in einem taiwanesischen Food Magazin stöbere, fallen mir ein paar Törtchen auf. Ich kann es zwar nicht lesen, aber es geht um die besten Konditoren von Taipeh. Die Bilder sehen vielversprechend aus und nachdem das U-Bahnnetz hier wirklich selbst für solche in-der-U-Bahn-Verlaufer wie mich, keine Herausforderung darstellt, will ich zu diesen Törtchen. Liegen ohnehin auf dem Weg zum höchsten Wolkenkratzer der Stadt. Ein bisschen verlaufe ich mich zwar trotzdem, aber dann habe ich sie gefunden. Diesmal in einem sehr schicken Viertel, ein wenig versteckt. Ich möchte mich gerne an einen der schönen Holztische setzen. „Die sind aber für zwei Personen“, meint die junge Frau, die mich gerne an den Tresen (der eine hübsche Aussicht auf die Auslage bietet, setzen möchte. „Wäre es dann also in Ordnung, wenn ich zwei Törtchen und zwei Tassen Tee bestelle, frage ich. Ja, das wäre in Ordnung. Sie bringt mir einen wunderbaren Oolong Tee, den ich sehnsüchtig in kleinen Schlucken nippe.
Auftritt der Törtchen. Auf einer Schieferplatte thront ein kleines Whisky-Honig Törtchen neben einem glänzenden, runden Kunstwerk – einem Grapefruit Törtchen. Womit beginnen? Das Whisky Törtchen ist federleicht, Cremig, aber von so luftiger, schmeichelnder Textur, dass es sofort vom Gaumen absorbiert wird. Grapefruit ist noch besser, sofern eine Steigerung hier überhaupt noch eine Relevanz besitzt. Ich habe selten so grandiose Törtchen gegessen. Ich brauche ein drittes Törtchen.
Ein St. Honoré Törtchen. Das mit Brandteigkügelchen oben drauf. Ich bin maßlos, ich weiß. Und ja, gerne noch eine Tasse Kräutertee dazu. Mein sündiges Damengedeck…
Sollte es je einen traurigen Moment in meinem Leben geben, dann gebt mir bitte diese Törtchen. Probiert sie, ich weiß, ihr werdet mich verstehen.
Tempel und Garküchen
Früher waren die ersten Garküchen immer in der Nähe von den Tempeln. So ist es auch heute noch in Taipeh. Erinnert ein wenig an deutsches Brauchtum, wo das vollste Restaurant am Sonntag Mittag, immer das in der Nähe der Kirche war. Zuerst die Seele, dann der Magen und genauso funktioniert es auch hier. Vor dem Tempel wird Schweinefleisch frittiert, gewürzt und in feine Streifen geschnitten. Es werden gebratene Hühner zerhackt und Garnelen gegrillt. Und es brodelt in den Suppentöpfen. Es ist immer voll.
Und in den wunderschönen Tempeln kann man auch verweilen, bis man hungrig ist. Einfach nur stehen, beobachten, lauschen. Dankbar sein, hier sein zu dürfen.
Roots Creative – Taiwan Fusion Cuisine
Ich hatte dennoch so eine Vision. Eine Vision von moderner Interpretation dieser Küche. Ich wollte unbedingt ins Restaurant RAW. Das könnte man sicherlich als das „Noma“ Taipehs bezeichnen, denn auch hier ist es geradezu unmöglich einen Platz zu bekommen. Öffnet die Reservierung für die nächsten zwei Wochen, dann ist binnen Minuten alles reserviert. Fünf Anläufe hatte ich genommen, fünf Mal hatte ich kein Glück. Doch RAW ist glücklicherweise nicht das einzige Restaurant, welches die traditionellen Zutaten modern interpretiert. Da wäre noch das Roots creative. Und hier bekomme ich auch einen Platz. Die Karte ist thematisch aufgebaut. Land, Erde, Wasser… Ich bestelle Grasroot Jelly mit Cashews, Maitake Pilzen, Cashew und Miso. Das Grasgelee mit den Pilzen darin funktioniert prima mit dem knackigen Salat, den roten, eingelegten Rettichen, den fast pulverisierten Cashews und dem Misodressing. Nach ein paar Tagen Nudelsuppe und Garküche, ist ein frischer Salat etwas, was mein Gaumen herbeigesehnt hat.
Weiter geht es mit einer Softshell Crab mit Sternfrucht, Guave und Soba Nudeln. Ein bisschen irritiert schaue ich nach links und rechts, ob außer mir noch jemand dieses Gericht bestellt hat, denn die Softshell Crab und ich, wir hatten bisher noch nicht das Vergnügen. Leider nicht. Der Nebentisch erfreut sich an Thunfischwürfeln. Dann also ein beherztes Reinbeißen. Und wirklich. Softshell ist wirklich soft. Man kann die Krabbe so essen, wie sie vor einem liegt. Sie ist leicht in Tempurateig frittiert. Die Soba Nudeln sind fein, einzig mit der Guave weiß ich nichts anzufangen. Sie ist da, aber sie hat keinen Ausdruck, wenig Geschmack. Da helfen die eher dezenten Aromen der Sternfrucht auch nicht viel weiter. Mit der Frucht fällt es also ein wenig spärlich aus.
Dann der Auftritt des australischen Wagyu, ganz in schwarz, innen tief dunkelrot. Mit einer Mole Sauce und einem kleinen Maisbrot. Eine schöne Kombination, wenn auch nicht wirklich etwas, was die Welt aus den Angeln hebt.
Der Clou war jedenfalls die Rechnung. Die steckte in einem riesigen Glückskeks.
Kommt einfach noch ein bisschen mit auf den Markt
Einfach nur bummeln. Wurzeln und Zitrusfrüchte anschauen. Ich würde gerne einen Fisch kaufen. Oder vielleicht die gehörnte Wasserkastanie? Eine Neuentdeckung für mich. Eintauchen. Und wieder überall ein Lächeln. Das ist am allerschönsten.
Adressen:
Ningxia Night Market
Ningxia Road, Datong District, Taipei City, Taiwan 103
www.nx-yes.tw
Shilin Night Market (ältester Markt in Taipei)
Lane 101, Wenlin Rd, Shilin District, Taipei City, Taiwan 111
www.shilin-night-market.com
wohlgemerkt – dies sind nur zwei der vielen Nachtmärkte
Mengjia Longshan-Tempel
No. 211, Guangzhou St, Wanhua District, Taipei City, Taiwan 10853
um die Ecke ist ein historisches Viertel mit einem wunderbaren Markt in einer Passage
Roots creative
No. 24, Lane 63, Section 2, Dunhua S Rd, Da’an District, Taipei City, Taiwan 106
www.rctaipei.com
Quelques Pâtisseries
No. 23, Lane 102, Section 1, Anhe Rd, Da’an District, Taipei City, Taiwan 106
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