1. Februar 2020

Polenta mit Brillat-Savarin, Grünkohl, Pilzen und Birne aus Nicole Gigers neuem Kochbuch: Ferrante, Frisch und Fenchelkraut

1 Kommentar

Ich sag’s einfach wie es ist. Frei raus. Ich hätte mir gewünscht, dass dieses Buch das Meine ist. Warum? Weil mich große Literatur schon mein Leben lang begleitet. Ich sauge Worte auf, wie andere einen Smoothie. Dass ich es hätte schreiben wollen wusste ich natürlich nicht. Bis ich Nicole Giger auf einer Reise nach Graubünden kennenlernte, und wir uns in ein Gespräch über Literatur vertieften. Da erzählte sie mir von ihrem Kochbuch, welches nicht lange nach dieser Reise erscheinen sollte.
Nicole Gigers erstes Kochbuch vereint ihre Leidenschaften, die auch die meinen sind. Das Lesen, das Schreiben, das Reisen und das Kochen. Sie studierte Germanistik, ist freie Journalistin und Bloggerin. Ihre Familie hadert mit ihren Backkünsten (das sei viel zu gesund) und ist zufrieden, wenn sie fertigen Blätterteig aufbäckt und mit Äpfeln belegt. Dazu gibt es Sprühsahne und alle sind glücklich. Dass das so gar nicht nach dem Geschmack von Nicole Giger sein kann, merkt man sofort, wenn man ihren Blog „magsfrisch“ besucht. Hier zelebriert sie ausgefallene, saisonale Küche.
Ihre Homebase ist Zürich, von wo aus sie die Welt bereist, um Eindrücke, Inspirationen und Aromen zu sammeln. Ihre kulinarischen Kreationen sind spannend, stets wunderbar ausbalanciert und – wie könnte es anders sein? – von der Weltliteratur inspiriert.
Das heißt jedoch keineswegs, dass sie die in den Büchern erlesenen Gerichte einfach nachkocht. Vielmehr lässt sie sich von ihnen tragen, oftmals dabei in der Ferne und findet über ein besonderes Gericht den Zugang zu einem der großen Literaten. Elias Canetti, Max Frisch, Nora Ephron und Salman Rushdie sind nur einige davon. Hellhörig wurde ich bei Thomas Pynchon, vor dessen Werk ich mich zweimal geschlagen geben musste, weil ich keinen Zugang dazu fand. Sie hatte „die Enden der Parabel“ gelesen, jenes Buch, wo Pynchon über annährend sechzehn Seiten beschreibt, wie er eine Banane schält und isst. Und das in schier nicht enden wollenden Sätzen. Vielleicht lag es an der Banane, dass ich diesem Werk keine Sympathie entgegenbringen konnte. Zu welchem Gericht der Autor sie inspiriert hat, dürfte nicht schwer zu erraten sein. Bananenbrot.
Da ist Salman Rushdie schon eingängiger. Ihm widmet sie ein köstliches Byriani-Gericht mit Gemüse, während sie über ihre Erlebnisse auf einer indischen Hochzeit plaudert.
Überhaupt erfährt der Leser in diesem ungewöhnlichen Kochbuch sehr viel mehr über die Autorin Giger, als über die Werke der Autoren, denen sie ihre Gerichte gewidmet hat. Sie lässt sich von ihnen tragen, wie in Albanien, wo sie plötzlich in einem Restaurant im Süden des Landes mit „monochromatischen“ Salaten konfrontiert wurde, und dabei ihre Gedanken zu Paul Austers Werk „Leviathan“ wandern und zu der darin beschriebenen Künstlerin, die nur nach Farben gegessen hatte. Jeder Tag hatte eine andere Farbe. Und eben nur eine. Wie ihr Salat.

Besonders betörend ist ihre wunderbare Bildsprache. Nüchtern, klar und modern in Szene gesetzt. Im Buch, welches keinem klassischem Schema im Sinne von Vorspeise – Hauptgang – Dessert folgt, hat jedes Rezept ein Bild bekommen. So etwas goutiere ich in gleichem Maße, wie ein Lesebändchen, das natürlich auch nicht fehlen durfte. Wenn wir also heute darüber sprechen, welchen Mehrwert ein Kochbuch liefern sollte, so sollte es genau das sein, was uns dazu verleitet, nicht nur auf die Bilder und die Zutaten zu schielen, sondern uns in die Geschichten darin zu vertiefen.
In diesem Fall eben die Geschichten zu den Geschichten aus der Welt der Literatur.

Polenta mit Brillat-Savarin, Grünkohl, Pilzen und Birne

Für Vier

600 ml kräftige Gemüsebrühe
600 ml Vollmilch
250 g grobe Mais-Polenta
40 g Butter
40 g Parmesan, frisch gerieben

Belag
200 g Pilze (ich mag Austernpilze, das Original schlägt Champignons vor)
2 Knoblauchzehen
1 rote Zwiebel
2 EL Olivenöl
2 TL frische Thymianblättchen
grobkörniges Meersalz und Pfeffer aus der Mühle
8 – 10 Stängel Grünkohl
2 kleine, reife Birnen
1 Handvoll Walnüsse, geröstet
250 g Brillat-Savarin oder ein anderer, milder Weichkäse (ich fand Taleggio passt auch super)

1 Für die Polenta Milch und Gemüsebrühe aufkochen. Den Polenta-Mais einrieseln lassen, unter Rühren aufkochen lassen und bei mittlerer Hitze 40 Min köcheln lassen. Butter und Parmesan unterrühren.

2 Die noch warme Polenta auf ein gefettetes oder mit Backpapier ausgelegtes Blech etwa 3 cm dick ausstreichen und auskühlen lassen.

3 für den Belag Pilze in Streifen zupfen und Knoblauch in feine Scheiben schneiden, die Zwiebel fein hacken. Pilze, Knoblauch und Zwiebel im Olivenöl in einer Pfanne andünsten. Thymian dazugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen.
Den Grünkohl waschen, harten Strunk entfernen und die Blätter etwa 3 Minuten blanchieren, ausdrücken und zu den Pilzen geben. Die Birnen in Schnitze schneiden.

4 Den Ofen auf 200° vorheizen. Die Pilz-Gemüse Mischung auf der Polenta verteilen. Walnüsse grob hacken und zusammen mit den Birnenschnitzen ebenfalls darauf verteilen. Im Ofen 8 – 10 Minuten backen. Den Käse in Scheiben schneiden und auf die Polenta geben. Nochmal 2 – 3 Minuten im Ofen überbacken.
In Stücke schneiden und servieren.

«Ferrante, Frisch und Fenchelkraut», Nicole Giger, 50 Rezepte, 47 Schriftsteller,

320 Seiten, 2019 erschienen im AT Verlag hier bestellen (Affiliate Link)

1 Kommentar

  1. Und jetzt möchte ich dieses Buch sofort haben. Danke für die wunderbare Rezension.

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