Obsession und Furcht, so könnte man mein Verhältnis zu Brennnesseln bezeichnen. Bereits als Kind machte ich einen großen Bogen um die gemeinen Nesseln und war doch irgendwie magisch von ihnen angezogen. Nur ganz leicht berühren, sekundenschnell, den kurzen Stich spüren und dann mit Erstaunen die Haut beobachten, wie sich die juckenden Quaddeln bilden. Wie sie nach einigen Minuten wieder verschwinden. Immer und immer wieder. Einmal bin ich einen Hang runter gefallen, oberhalb der Klosterwiese, mitten hinein in ein Brennnesselfeld. Zu der Schmach der Runterfallens, ich war noch nie sehr geschickt im Klettern, kam das grauenvolle Brennen an Armen und Beinen. Die Schrammen gab es noch gratis dazu.
Grund genug also, den Brennnesseln bis auf weiteres aus dem Weg zu gehen. Irgendwann tauchten sie in getrockneter Form als Tee wieder auf. Zugegeben ein eher langweiliges Aroma und der Genuss war nur dem Versprechen nach Entwässerung geschuldet. Entwässern war mal ziemlich angesagt.
In meiner Küche sind sie jedoch nie so richtig angekommen. Bis ich sie dann am Wochenende auf dem Bauernmarkt entdeckte. Vor kurzem war ich auf einer Kochbuchvorstellung eingeladen wo unter anderem ein Risotto mit Brennnesseln und Onsen-Ei präsentiert wurde. Schmeckte fantastisch. Wollte ich sofort wieder haben. Zur Not auch ohne Ei. Ich spürte schon wieder dieses Brennen als ich die Marktfrau dabei beobachtete, wie sie mit Hilfe einer Tüte versuchte, die Brennnesseln möglichst ohne Verbrennungen auf die Waage zu legen. An ihrem Zucken merkte ich sofort, dass es ihr nur zum Teil gelang. Mistige Dinger, diese Brennnesseln. Und obwohl ich nur davorstand und zuschaute, spürte ich sofort wie die winzigen Brennhaare an der Haut entlang streifen, wie sie brechen und sich ihr Ameisensäure-ähnlicher Inhalt in die Haut bohrt. Als wäre es meine eigene Hand. Zu gut ist die Erinnerung daran in meinem Gedächtnis verankert.
Als ich sie zuhause in den Mixer gebe, zögere ich auch nur ganz kurz, ob ich mir nun Handschuhe anziehen soll, oder mich nach langer Zeit mal wieder verbrennen lassen soll. Kurz die Hitze spüren? Ich entscheide mich für Handschuhe. Ja ich weiß, ich bin ein Weichei.
Und obwohl natürlich durch das Pürieren sämtliche Brennhaare zerstört wurden, halte ich einen kurzen Moment inne, bevor ich die pürierten Nesseln probiere. Würde es auch auf der Zunge brennen? Immerhin sind sie ja roh und nicht gekocht. Ein Augenblick der Überwindung, dann schiebe ich mir den Löffel in den Mund. Burn, Baby! Von wegen, alles ganz normal. Es schmeckt nach Wiese und wie man sich eben vorstellt, dass etwas Grünes schmecken könnte. Es schmeckt ganz einfach so richtig nach Frühling. Und nach den Winternachwehen der vergangenen Woche, ist dies ein ausgesprochen willkommener Geschmack.
Für Zwei
100 g Perlgraupen
zwei Handvoll Brennnessel
5 Blätter Bärlauch
3 EL Olivenöl
Salz
Saft einer halben Zitrone
1 Pfund grüner Spargel
100 g frische Erbsen
3 kleine Mairübchen
1 El Butter
Salz
Abrieb und Saft einer halben Zitrone
Die Perlgraupen gut waschen und in leichtem Salzwasser etwa 30 Minuten köcheln lassen. Wer mag gibt hier noch etwas gekörnte Gemüsebrühe dazu.
Abtropfen lassen.
Die Brennnesseln mit dem Bärlauch und dem Olivenöl im Mixer zu einer Paste pürieren und mit Salz und Zitronensaft abschmecken.
Unter die Perlgraupen mischen und warmhalten.
Den Spargel im unteren Drittel schälen, die Erbsen palen und die Mairübchen waschen und schälen.
In einer breiten Pfanne (mit Deckel) die Butter schmelzen und die Gemüse darin etwa 3 Minuten andünsten. Zitronenabrieb und Saft dazugeben und bei geschlossenem Deckel etwa 5 Minuten garen.
Die Graupen auf Schüsseln verteilen und mit dem Gemüse servieren.
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Sieht richtig lecker aus, wie machst du deine Bilder Claudia?
Vielen Dank, Mona.
Mit einer Canon 70D und einer 60mm 2.8 Festbrennweite
Ich sammle Brennesseln mit Arbeitshandschuhen oder Tüte zum über die Hand ziehen. Dann ab ins Wasser, wo sie angeblich nicht mehr brennen sollen. Funktioniert auch nur zum Teil und die Daumenkuppen fühlen sich nach dem Herausfischen seltsam taub an. Die Freude eine frühlingshaften Wildkräuter-Gerichts macht aber dafür allemal wett.
Deine Perlgraupen mit Brennessel sind ganz nach meinem Gusto. Zumal ich zum ersten Mal in 30 Jahren in(!) Berlin Bärlauch gefunden hab. War beim Original (mit Onsen-Ei) auch Bärlauch dran?
Liebe Peggy,
nein da war kein Bärlauch mit drin. Den hab ich reingetan, weil er mich auf dem Markt so angelacht hat. Das mit dem Wasserbad werde ich mal ausprobieren.
liebe Grüße
Claudia
Ich hab ja alles Mögliche an Unkraut hier im Garten und in der Umgebung, aber Brenessel ist irgendwie Mangelware :)
Leider, denn ich finde sie auch sehr lecker wenn jung und dieser schöne Teller macht auch gerade Appetit darauf ;-)
Dafür hast du bestimmt Giersch, liebe Britta. Giersch ist zwar ne Plage, aber schmeckt köstlich.