Es war längst mal wieder an der Zeit nach Madrid zu fliegen. Da mag vielleicht das erste Wochenende im Februar nicht der allerbeste Zeitpunkt sein, es ist frisch und die Errungenschaft „Zentralheizung“ ist wenig verbreitet. Zumindest nicht in den alten Häusern. Und trotzdem ist es immer der perfekte Zeitpunkt für Madrid. Auf dem Weg vom Flughafen ins Viertel La Latina glitzert die Stadt uns schon entgegen, die Gassen werden schmal, es ist lebendig. Und es ist bereits spät in der Nacht. Der Tisch im Restaurant ist auf 23:00 Uhr bestellt. Wir müssen uns beeilen. Käme man hier eher selten auf Idee, so spät noch einen Tisch zu reservieren, ist das in Spanien nicht wirklich ungewöhnlich. Beim ersten Glas Wein, ist dann auch meine Seele angekommen. Beim Steak mit einer Sherry-Shiitake Sauce fühlt sie sich schon pudelwohl. Das Camoati ist ein kleines, kuschliges, argentinisches Restaurant, wo alles sehr entspannt ist. Neben dem Essen ist das Beobachten der Menschen das Größte. Kleine und größere Gruppen, die einfach lustvoll das Essen genießen. Hier stochert niemand im Salat rum. Hier zieht der geschmolzene Käse mit Iberico Schinken lange Fäden. Es ist grandios und es ist spät als wir das Restaurant verlassen.
Der eigentliche Grund meines Besuches ist jedoch die Madrid Fusion. Jene Messe, wo sich die Spitzengastronomie Spaniens, Südamerikas und dem Rest der Welt trifft. Das wollte ich zusammen mit meiner Bloggerfreundin Petra (Blog: Der Mut Anderer) einfach mal erleben.
Zwischen dem Beginn der Messe und dem nächtlichen Jetzt liegt noch ein ganzer Tag. Ein Tag, wo man sich auf dem riesigen Flohmarkt El Rastro vergnügen kann (Teller kaufen), wo man einfach drauf los ziehen kann, das Viertel zu erkunden. Jedoch – sowohl der Sonntag wie auch der Montag sind die denkbar schlechtesten Tage, um sich hier kulinarisch auszutoben. Das meiste ist geschlossen. Sämtliche der angesagten Restaurants, sei mit oder ohne Stern öffnen ihre Türen wenn überhaupt nur am Sonntag Mittag. Dann eben Sonntag Mittag! Wenn man die Gelegenheit bekommt, Tapas auf Sterne-Niveau zu kosten, sollte man nicht zickig sein.
Doch zuerst ist das El capricho extremeño ein absolutes Muss! Mitten im Gewusel des Flohmarkts liegt dieser kleine Laden, der überwältigend gute Raciones anbietet. Herrlich knuspriges Brot, belegt mit Iberico Schinken, Oktopus, Garnelen und diesen kleinen silbrigen Fäden, die aussehen wie Mini-Aale. Es sind natürlich keine echten Aale. Wir zwängen uns hinein, ich deute auf dem Oktopus und schon habe ich eines dieser Brote in der Hand. Mit rauchigem Pimenton de la Vera bestreut. Ich habe noch nicht einmal einen Kaffee gehabt an diesem Morgen und schon beiße ich in saftigen Tintenfisch. Dafür komme ich bestimmt nicht in die Hölle.
Ein paar Straßen weiter landen wir plötzlich im Paradies der Oliven und sauer eingelegtem Gemüse. Wieder ist es brechend voll. Wieder nur Einheimische. Da geht schon noch ein Spießchen. Dafür laufen wir dann auch ganz lange. Vorbei am Prado, über die Prachtstraßen, vorbei an einer wunderschönen kleinen Bar, wo wir schon von außen sehen können, dass es hier etwas ganz Besonderes geben muss. Garnelen-Croquetas.
Die müssen wir uns leider verkneifen und schneller laufen, denn es ist noch ein ganzes Stück bis zum Álbora, wo die Sterne-Tapas auf uns warten. David García, der junge Küchenchef des Álbora arbeitete davor bei Andoni Luis Aduriz und David de Jorge und im El Bulli. Auch das baskische Guggenheim war eine seiner Stationen und obwohl mir zu diesem Zeitpunkt schon leicht die Füße weh tun, spüre ich dieses vorfreudige Prickeln, als wir an unseren Tisch geführt werden. Neben uns eine Gruppe junger Spanier, die, wie sich im weiteren Verlauf des Nachmittags herausstellt, gerade ihren ersten Michelin feiern. Sie sind aus Huesca angereist. Wegen der Madrid Fusion. Die Stimmung ist großartig. Der Service sehr liebevoll. Da es nur Tapas gibt, bestellen wir einfach drauf los. Lammbries, Ochsenschwanz-Cannellono, Burrata, Oktopus, Croquetas und die mit Abstand allerbesten, frittierten Blutwurstbällchen meines Lebens. Mit großen Abstand. Sie fliegen auf der Zunge, federleicht und würzig. Sie machen glücklich. Und selbst der Milchreis ist hier phänomenal. Subtil gewürzt mit einer hauchfeinen Kruste aus Karamell.
Einige Zeit später, sehr zufrieden und mit klitzekleiner Schlagseite (der Wein war ebenfalls eine ausgezeichnete Wahl), treten wir wieder hinaus in die Kälte.
Noch Stunden später schwirrt die Erinnerung an die Blutwurstbällchen (Morcilla) in meinem Kopf herum.
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zur Madrid Fusion entdecken wir noch die wohl schönste, kleine Metzgerei Madrids. Hingebungsvoll widmet sich der Metzger den Kalbsfüßen. Wir setzen uns ins Café gegenüber und wünschen uns nur eins – die eigene Küche. Jetzt.
empfehlenswerte Adressen:
Camoati Resto-Bar, C/ Alfonso VI, 3 – La Latina (Madrid), Tel. +34 913 669 550
Álbora, C/ Jorge Juan, 33. 28001 – Madrid, Tel.: 91 781 61 97
El Rastro, riesiger Flohmarkt im Viertel La Latina, immer Sonntags
El capricho extremeño | Bars, Snacks | (allerbeste belegte Brote), Calle de Carlos Arniches, 30, Sat – Sun 11:00 – 15:30
Casquería 1, Casquería Méndez (Encomienda 1, Madrid) / CRISTÓBAL MANUEL (Metzgerei)
und Sonntag geht es weiter mit Eindrücken grandioser Kochkunst auf der Messe und einem Interview mit einer koreanischen Nonne, bei der ich so einiges über Fermentation lernen durfte…
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Ach, Madrid…. Ich muss auch endlich mal wieder hin! Danke fürs virtuelle Mitnehmen, und auf deinen Bericht von der Madrid Fusion bin ich schon sehr gespannt!
Liebe Grüße!
Liebe Juliane, ich war auch mehrere Jahre nicht da und hab festgestellt – man sollte es viel öfters machen. Immerhin war der Flug total günstig. Und ich habe nicht einmal dort auf den Markt geschafft. 3 Tage sind viel zu wenig. Liebe Grüße, Claudia
Stimmt, 3 Tage sind viel zu kurz! Märkte wären noch klasse gewesen, ich muss unbedingt bald wieder hin! Liebe Grüße Petra