In den letzten Jahren sprossen sie ja wie Pilze aus dem Boden. Bücher über Gewürze, Kochen mit Gewürzen, Gewürze aller Länder vereinigt euch, und je nach Autor konnte man beschriebene Gewürze auch gleich im Anschluss an die Lektüre käuflich erwerben. Gewürze sind plötzlich allgegenwärtig, ganz so, als leide der deutschsprachige Raum flächendeckend an Gewürzmangel, dem es entschieden entgegenzutreten gilt. Bekämpft die Aromendiaspora.
Und dann, weil der Quell der Gewürze ja schier unerschöpflich scheint, erscheint noch ein Buch darüber. „Von bittersüss nach feuerscharf“ – das große Buch der Gewürze. Originell ist der Titel ja nicht gerade und warum sollte genau dieses Buch mein Kochen bereichern? Noch dazu, wo keines der Rezepte mit einem appetitanregenden Bild versehen ist. Wo die Food Stylisten zeigen können, wie sie verführen und locken können. Nicht dass wir uns falsch verstehen, Bilder gibt es in diesem Buch schon, sie wurden sogar von der großartigen Luzia Ellert, eine der besten Food Fotografinnen unserer Zeit erstellt, doch alles was sie zeigen sind die Gewürze. Wie sie in Puppenküchenformat auf winzigen Tischchen in Miniatur-Schüsselchen überdimensional groß wie reife Früchte aussehen.
Die Frage hat sich schnell beantwortet nach den ersten Seiten. Weil es die Sinne anspricht, wie kaum ein anderes Buch. Weil es anders ist. Weil wir uns auf eine Reise begeben können, die an unsere Sinnlichkeit appelliert.
Hier wird nicht auf endlos langen Seiten die Herkunft der einzelnen Gewürze erklärt, sondern hier wird über „Geschmacksakkorde“ geschrieben. Akkorde kennt jeder, der einmal ein Instrument gelernt hat. Ich habe Gitarre gelernt und erst wenn einem klar ist, was eine harmonische Terz, Quint oder eine schräge Septime ausmacht, bekommt man eine Ahnung, was Musik machen bedeutet. Die beschriebenen Geschmacksakkorde sollen uns die Harmonie der Komposition des Geschmacks erfahren lassen. Beispiel Kardamom mit Zimt, Muskat und Rosenblüten.
Ja!, denke ich während ich bereits in nach den ersten Seiten völlig berauscht bin. Bleibe beim Anis hängen, schwelge und tauche weiter ein, in die raffinierten Geschmacksassoziationen. Die finden sich zu jedem der beschrieben Gewürze. Nur ein paar Begriffe, Ideen und mir wird klar, was für ein Schatz dieses Buch ist. Es ist die Essenz aus so vielem bisher dagewesenen. Jede dieser Assoziationen ist ein Rezept. Ein Rezept ohne genaue Maßangaben, eine Einladung zu einer Entdeckung. Es ist also gut, wenn ihr all die vorherigen Gewürzbücher aufmerksam gelesen habt. Die, worin steht, dass man sie möglichst im Ganzen kaufen sollte, wie man mörsert und die Gewürze zum Duften bringt. Das war die Pflicht und nun beginnt die Kür! Jetzt beginnt das Abenteuer.
Ich bin also am Anis kleben geblieben. Jenem Gewürz, das wir meist dann nur wählen, wenn uns entweder der Bauch drückt oder wenn es Richtung Weihnachten geht. Bei allem anderen rümpfen wir gerne die Nase. Unsere europäischen Nachbarn sind da aufgeschlossener und schlürfen gerne mal einen Pastis, Pernod, Raki oder Sambuca. Und genau deshalb entscheide ich, soll das Rezept, das ich aus diesem Buch koche, mit Anis sein.
Garnelen in Anis-Orangen Sauce
Für Zwei bis Drei
1 unbehandelte Orange
500 ml frisch gepresster Orangensaft
2 Schalotten
70 g Butter
1 TL getrocknete grüne Pfefferkörner
1 TL Anissamen
½ Bund Estragon
8 küchenfertige, rohe geschälte Garnelenschwänze (à ca. 70 g)
1 EL Pernod oder Pastis (Anislikör)
Grüner Pfeffer aus der Mühle
Orange heiß abwaschen, Schale fein abreiben. Schalotten schälen und fein hacken. In 20 g Butter hell anschwitzen und mit dem Orangensaft ablöschen. Bei starker Hitze auf etwa 250 ml einkochen. 25 g Butter in Stückchen ins Tiefkühlfach stellen.
Pfefferkörner und Anis im Mörser fein zerstoßen, mit der abgerieben Orangeschale zum Orangensaft geben, etwas salzen und beiseite stellen.
Estragon abbrausen und hacken. Garnelen kalt abspülen und trockentupfen. Die restliche zimmerwarme Butter in einer Pfanne erhitzen, bis sie schäumt und die Garnelen bei mittlerer Hitze von jeder Seite 3 min braten. Salzen und pfeffern.
Die Orangensauce wieder erhitzen, Pernod und nach und nach die gefrorenen Butterstückchen in die heiße Sauce schlagen. Die angebratenen Garnelen darin schwenken und auf vorgewärmten Tellern anrichten. Mit Estragon und frisch gemahlenem Pfeffer bestreuen.
Dazu gab es Baguette und einen würzigen Grauburgunder.
Fazit: Das Buch hält alles was es verspricht, ich verschlinge es wie einen guten Roman, lasse mich von den inneren Bildern und Aromen tragen und bin sehr dankbar, es entdeckt zu haben und ganz besonders danke ich Bettina Matthaei und Katharina Wilck von der Gewürzmanufaktur 1001 Gewürze, von denen ich dieses Buch bekommen habe.
Erschienen ist es im Rolf Heyne Verlag von Bettina Matthaei, „Das große Buch der Gewürze. „Von Bittersüß nach Feuerscharf“ ISBN 978-3899105483
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13 Kommentare
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- Schmausepost vom 24. Mai 2013 - Newsletter | Schmausepost - [...] „Das große Buch der Gewürze“: Neue Bücher über Gewürze gab es zuletzt häufiger als Tränenausbrüche bei Germany’s Next Topmodel. „Und…
Nun halte ich das Neue von Bettina Matthaeis endlich in meinen Händen und dann ein Schock!!!
Es gibt nicht ein Foto eines fertigen Gerichts und das bei mir, wo ich mir bei jedem Gericht vorstellen muß, wie es später auszusehen hat!
Das finde ich sehr sehr Schade und es nimmt mir auch ein wenig den Spaß an diesem Neuling, aber o. K. ich werde mich trotzdem daran versuchen!
Aber nochmal als Warnung an ALLE diese Buch hat leider keine Fotos der fertigen Speisen!
LG Ines
Aber Ines, genau das hatte ich doch bereits geschrieben! ;-)
Ja stimmt! Das passiert halt, wenn man einen Artikel nur überfliegt und sich rauspickt was man gerne hören/lesen möchte! Eindeutiger Fall von; wer lesen kann ist klar im Vorteil ;-)
Hi,
eben habe ich schon auf einer anderen Seite begeisterte Meinungen zu diesem Buch gelesen. Ist ja echt witzig! Nun bin ich noch neugieriger geworden und werde es mir nun schnell bestellen!
Herzliche Grüße
Petra
Neugierig war ich ja schon die ganze Zeit auf das neue Kochbuch von Bettina Matthaei, aber nach deinem Beitrag muss ich es wohl bestellen ;-))
Toller Buchtipp! Und die Garnelen sehen zum Anbeißen aus (und klingen auch so). Ich bin auch ein großer Fan von allem, was nach Anis schmeckt (abgesehen von Lakritz) und kombiniere ebenfalls gern gleich mehrere Zutaten mit dieser Note in einem Gericht. Zu Garnelen stelle ich mir das – vor allem zusammen mit Orange – ganz wunderbar vor.
Bettina Matthaei ist eine Bank! Das Buch *Gewürze* brauche ich auch unbedingt. Und ihre Bücher *Vegetarisch vom Feinsten* und *Mezze – ein Genuß* sind meine Lieblinge im einschlägigen Regal!
viele Grüße & schönes Pfingsten
Herzlichen Glückwunsch zum tollen Buch.
Das liegt auch gerade bei mir und wir werden bestimmt dicke Freunde :-)
Liebe Dorothée, da bin ich mir ganz sicher und natürlich bin ich gespannt, für welches Gericht Du Dich zuerst entscheiden wirst.
hört sich an, als wäre das auch was für mich. muss ich besorgen. zeitnah ;)
lg
unbedingt. zeitnah! ;-)
Wie lustig, ich habe das Buch auch gerade begeistert verschlungen! Im Gegesatz zu dir bin ich aber noch so berauscht, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll :-)
Schöne Pfingstage noch. Liebe Grüße Eva
Liebe Eva, mein Rausch ist noch lange nicht zu Ende. ;-) Mein Gewürzhändler wird das spüren kriegen. Dir auch noch schöne Pfingsten und liebe Grüße, Claudia