Leuchtendes Orange in meinem Glas. Es erinnert an einen Feuertopas, der zu meinen Lieblingssteinen zählt. Doch um diese geht es hier nicht. Es geht um diese Farbe und die Weine, die in Amphoren gekeltert wurden. Eine Tradition, die bis zurück ins alte Ägypten reicht. Schon zu Zeiten der Pharaonen wurde Wein auf diese Art ausgebaut.
Ich begegne diesem Wein, der mich so anleuchtet mit einer gewissen Ehrfurcht – nicht weil wer so alt wie die Pharaonen ist, sondern weil mutige Winzer, die ich an diesem Abend im Hotel Vier Jahreszeiten kennenlernen soll, sich dieser alten Tradition verschrieben haben. Und ich bin umzingelt von lauter Experten. Sommeliers und Weinkenner, die sich mit mir auf dieses Abenteuer begeben. Das Abenteuer sind diese ungewöhnlichen Weine, begleitet von außergewöhnlichen Kompositionen aus der Küche. Ich treffe einen Bekannten, der ein Weinforum im Netz moderiert. Wir sprechen über diesen Wein. Den Geschmack von Oxidation. Ich bewege mich auf dünnem Eis. Alle um mich herum wissen darüber mehr als ich. Immerhin, bei umami, dem fünften Geschmack, da kann ich mitreden.
Rhakshan Zhouleh, Regionalsprecher der Sommelier Union, den ich bereits vor einigen Wochen kennenlernen durfte, entführt uns in diesen Abend mit sehr poetischen Worten. Das ist schön, denn alles, was ich über Wein sagen kann ist ebenfalls eher an Bilder und Gefühle angelegt, als auf die fachmännische „Weinsprache“. Gefühlvoll offeriert er uns zum Einstieg einen 2012 Riesling von Meierer. WTF. Richtig gelesen. So heißt dieser Wein. What the fuck? Für einen Riesling eher untypisch. Ein Wagnis. Die Reben wurden bei einer Temperatur von 2° geerntet. Jung ist er und noch sehr frisch im Geschmack. Dazu gibt es confierte Tomaten mit Minze, ausgebackene Aubergine und geröstetes Brot mit Gewürzen. Oha. Meine Geschmackssensoren gehen allesamt in Hab acht Stellung. Wenn das so weitergeht…
Und genauso geht es weiter. Auftritt Amedée Mathier mit seinem 2009 Amphore, Assemblage Blanc. Plötzlich duftet es in meinem Glas nach Safran und schwarzem Tee. Trockenfrüchte sind auch dabei. Zusammen mit der Gänseleber und geräuchertem Aal auf Brioche sind wir schon jetzt nah am Gänsehautbereich. Ich muss mich ermahnen das alles ganz langsam zu kosten. Trotzdem, einmal nachschenken muss sein.
Die Reise führt uns weiter nach Georgien, wo diese alte Weintradition der Amphoren Weine bis heute in den Klöstern gelebt wird. Richtig. Die Klöster haben den besten Wein. Und aus einem solchen stammt auch das orangene Dufterlebnis in meinem Glas. 6 Monate schlummerte dieser Wein in einer unterirdischen Amphore. Und begrüßt mich mit einem Duft, der an ein Blütenmeer erinnert. Der 2007 Alaverdi von Badagoni, dessen Rebsorte Rkatsiteli noch heute von den Mönchen des Klosters gepflegt wird ist wahrhaft außergewöhnlich. Rakhshan muss schmunzeln als er mein Gesicht sieht. Vermutlich spiegeln sich darin Erstaunen und Entzücken in gleichem Maße wider.
Doch nicht nur weiße Weine werden in Amphoren gekeltert. Das funktioniert ebenso mit den Roten. Doch wir verlassen kurz die Amphoren und kosten einen Biowein von Michele Manelli aus Salcheto. Dieser zusammen mit Waldpilzen, Röstzwiebeln und einer Estragon Crème entwickelt sich an meinem Gaumen zu einer eigenwilligen Erdnussphantasie. Und das, obwohl nirgends Erdnüsse auftauchen. Meine Geschmackssinne haben also beschlossen ein Eigenleben zu führen und dirigieren mich auf seltsame Fährten.
Doch als wäre es eine Vorahnung gewesen kommen die Erdnüsse dann doch. In Form eines köstlichen Ochsenbäckchens mit Zimt und Erdnussbutter. Und dazu ein sehr rauchiger Duft des 2011 Amphore Noir, Kvevri von Mathier, der am Gaumen fröhlich tanzt. Yeah! Dem jungen Mann mir gegenüber steht ebenfalls eine gewisse Verzückung ins Gesicht geschrieben. Wer unter den Anwesenden am heutigen Abend Vegetarier ist, dem entgeht diese Dimension.
Von nun an bewegen wir uns in eine süßere Richtung. Noch nicht ganz Süßwein, breitet sich ein Meer von getrockneten Birnen, Honig und Melisse vor uns aus. Ein Amphoren Wein von Andreas Tscheppe aus der Südsteiermark. Von ihm erfahre ich auch, dass 40% der Trauben mit Stil vergoren werden und dass es wichtig ist, sich nach den Mondphasen zu richten. Sein 2011 Hirschkäfer, Sauvignon Blanc ist ein reinrassiger Biodynamischer Wein der 2-5 Wochen im Holzfass auf der Maische liegt. Anschließend wird gepresst und der Wein kommt direkt ins Holzfass zurück. Wenn der Wein dann innerlich ruhig ist, wird er für ca.6 Monate im Winter in die Erde eingegraben. Die Flaschen für diesen Abend hat er persönlich mit dem Auto her transportiert. Sicher ist sicher. Er begegnet seinen Reben mit Ehrfurcht und ebenso dem Wein, den er daraus zaubert. Ich bin schon neugierig, was er sonst noch so mitgebracht hat.
Bevor wir dann alle unsere Lieblinge nochmal näher verkosten dürfen, wird das kulinarische Finale mit einem Dessertwein und einer Schokoladenmousse eingeläutet. Fast bin ich ein wenig enttäuscht. Die fruchtige Mango, die aus dem Glas fröhlich mit ihren sonnigen Aromen wedelt, wird nicht ganz von der noch etwas unreifen Mango auf welcher die Mousse thront, getroffen. Doch meine süßweinaffine Seele darf sich trotzdem freuen, denn dieser Dessertwein, ein 2011 Vinoterra Rkatsiteli Qarvisferi (sprich das laut, wenn du schon 3 Gläser davon hattest) mit seiner Bernstein Farbe ist genau wie ein Sonnenuntergang, den man besonders gerne betrachtet. Aber wer würde schon zuhören, wenn ich davon erzähle, ein Wein schmeckt wie ein Sonnenuntergang, einen Sonnenuntergang kann man nicht schmecken. Richtig. Man kann es nicht. Aber es sind die Bilder, die hier heraufbeschworen werden. Man möge mir also diesen Vergleich nachsehen.
Es sind noch weitaus mehr Weine zu verkosten, als auf den Listen aufgeführt sind. Kurz flackert die Erkenntnis auf, dass Montag ist. Trotzdem – alles perfekt. Und auch wenn die gesamte Woche noch vor uns liegt, es ist das Jetzt und diese wunderbaren Weine von denen ich mich nur schweren Herzens trennen kann.
Später gehe ich auf der Maximilianstraße und die Kälte umfängt mich. Eisige Luft. Ich wickle mich dankbar in die Gedanken an diesen außergewöhnlichen Abend und bin froh, dass ich dabei sein durfte. Auf dieser Reise in neue Dimensionen.
Und wer jetzt mehr darüber wissen möchte, dem hilft der wunderbare Gastgeber des Abends, Rakhshan Zhouleh, gerne weiter unter vinavis.de.
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Danke für deinen ausführlichen Bericht über diesen offensichtlich beeindruckenden Abend. Deine Art darüber zu erzählen hat mir fast das Gefühl vermittelt, dabei gewesen zu sein.
Gibt es eine Bezugsquelle für die Weine von Tscheppe?
Ich habe bereits nachgefragt und sobald ich eine Antwort habe, werde ich sie dir mailen.
LG
Claudia
office@at-weine.at ist der direkte Draht zu Andreas Tscheppe. Und er freut sich bestimmt und hilft weiter.
Vielen Dank, ich werde mal gleich schauen.