11. März 2017

Das neue „Dragonfly“ von Tim Raue in Dubai und warum es sich lohnt, ein famoses Menü auch mal mit alkoholfreien Jines zu begleiten

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Dragonfly Dubai Christian Singer

Eindrücke aus dem Dragonfly mit Küchenchef Christian Singer

Dubai wächst. Immerzu wird es größer und so entstehen neue Straßen, bei denen auch jede Navigation erstmal ratlos ist. Der neue City Walk ist so eine Straße. Ein breiter Boulevard, den es erst seit ein paar Monaten gibt. Dort, zwischen hippen Cafés und exklusiven Shops, hat das Dragonfly Ende letzten Jahres seine Tore geöffnet. Wie man es am besten findet? Einfach beim Rolls Royce Shop abbiegen und dann nach zwei Kreuzungen auf der linken Seite. Das rote Interieur leuchtet einem bereits entgegen.

Ich bin neugierig auf dieses neue Restaurant von Tim Raue, ganz besonders deshalb, weil hier etwas Einzigartiges zu finden ist. Jines – entstanden aus den Wörtern Juice und Wine – sind eine ganz neuartige Begleitung der Speisen. Ohne Alkohol.

Das mit der Alkohollizenz in Dubai ist nicht nur horrend teuer, sondern es gilt dabei auch besondere Auflagen zu erfüllen, erklärt mir Küchenchef Christian Singer, der bereits schon in Berlin für das mit zwei Michelinsternen ausgezeichnete Restaurant von Tim Raue als Küchenchef gearbeitet hat. Wer Alkohol verkaufen will, der darf nicht zur Straße hin einsehbar sein. Was in diesem Fall ausgesprochen schade wäre, denn gerade jetzt, wo die Temperaturen mehr als angenehm sind in Dubai, die glühende Hitze noch nicht über die Stadt hereingebrochen ist, da sitzt man schön unter den Schirmen auf dem neuen Boulevard.

Innen, unter hunderten von roten Lampions, strahlt die Einrichtung eine noble und dezent mondäne Anlehnung an die Küche Chinas aus. Sichuan-Hunan inspirierte Küche ist das Konzept, mit welchem Raue hier auftritt. Sein Markenzeichen.

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Und doch ist alles hier ein wenig anders als in Berlin, erklärt Singer. Die Auflagen, die Beschaffung der Waren – man sieht ihm die Tour de Force nicht an, die er hinter sich hat, die Drachenfliege hier auch wirklich zum Fliegen zu bringen. Er hätte so gerne frische Verbena gehabt, doch frische Kräuter in Töpfen? Verboten. Grundsätzlich darf nirgendwo Erde in einem Restaurant sein (Adieu Kräutertöpfchen). Selbst die Temperatur der Spülmaschine muss genauestens protokolliert werden. Der Kühlschrank sowieso. Und wer glaubt, dass er einfach zum Hörer greifen kann und für den nächsten Tag Ware bestellen kann, kann hier durchaus unangenehm überrascht werden. Besser man fährt gleich in die Wüste, wo die großen Kühl- und Lagerhäuser liegen und spricht direkt mit den Lieferanten. Der Safthersteller, welcher das Haus beliefert musste neue Etiketten drucken, damit ein Import überhaupt erst möglich war. Es gibt vieles, woran man sich hier in der Wüste die Zähne ausbeißen kann. Shao Xin ist auch so ein Beispiel. Dieser chinesische Reiswein, der mit Sherry zu vergleichen ist, ist eine wichtige Zutat in der Küche. Klar ist, dass der auch nicht verwendet werden darf. Es galt, eine alkoholfreie Alternative zu finden. Und sie wurde gefunden. Ich darf sie sogar probieren. Eindeutig – schmeckt wie Shao Xin, ist aber nur ein Essig, der aufwendig hergestellt wurde um genau diesen Geschmack zu erzielen. Auch beim Sake hat Singer eine Alternative gefunden. Ebenfalls ein Reisessig, der, würde ich ihn mit geschlossenen Augen probieren, kaum von einem richtigen Sake zu unterscheiden ist.

die Idee mit den Jines

Natürlich ist es toll, wenn man ein mehrgängiges Menü, gekonnt mit verschiedenen Weinen begleiten kann. Wenn der Wein genau die im jeweiligen Gang enthaltenen Speisen begleitet, kontrastiert und zu einem harmonischen Ganzen führt. Weinbegleitung heißt auch immer Entdeckungsreise. In neue Regionen und Geschmäcker. Doch wo kein Wein ist, ist Kreativität gefragt. Um ein Menü auf ebensolche Weise zu begleiten, erfordert es viel Wissen und Fingerspitzengefühl.

„Ein Getränk wird wie ein Gericht aufgebaut“, erklärt Singer. „Cucumber“ zum Beispiel. Hier wird Gurkensaft mit Bleichsellerie und japanischer Yuzu komponiert. Oder Rose mit Litschi und Pondicherry Pfeffer. Mein Favorit ist mit Pflaume. Am allerbesten jedoch schmeckt mir der „Whisky“, den es zum Abschluss des Menüs gibt. Auf der Basis von schwarzem Tee mit Apfel-Quittensaft und Malzsirup, kommen hier Chips von der japanischen Eiche zum Einsatz, die den torfigen Geschmack bringen. Ein Hauch von Mandarinenschale rundet das Erlebnis ab.

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das Menü

nach einem spritzigen Auftakt mit Holunderblüten-„Sekt“ kommen erst einmal mehrere kleine Schälchen auf den Tisch. Eingelegter Rettich, gewürzte Nüsse, hauchdünne Melone mit Koriandercreme und ein in Curry eingelegter Blumenkohl, in den ich mich sofort verliebe, so gut ist er.

Weiter geht es mit einem echten Raue Klassiker: „Wasabi Langoustine Kanton Style“. Ein in knusprigen Puffreis gehüllter Kaisergranat auf einem süß-sauren Saucen Spiegel. Toll dazu der Aprikosen Jine. Dieser wird durch das Wasabi weniger aprikosig und harmonisiert durch den Klebreis die Fischsauce des Gerichts.

Dragonfly Jines Dragonfly Jines Pairing

Der nächste Auftritt wird gleich nochmal spektakulärer – ein dampfender Bambuskorb wird auf den Tisch gestellt. Drama, Baby! Heraus kommt ein Steinbutt, der zusammen mit Frühlingszwiebel in verschiedenen Texturen, Baby Ingwer und Soja in einer Brühe aus Entenfüssen serviert wird. Die Brühe ist umwerfend. Auffällig ist, dass sich bisher keine Fische aus der Region auf der Karte tummeln. Noch setzt man hier auf die bewährten Klassiker.

Wieder neue Gläser, ein neuer Jine betritt die Bühne (oder auch zwei gleichzeitig, denn ich darf sie heute alle probieren). Üppig wird frischer Trüffel über das Dim Sum gehobelt unter dessen feiner Reisteighaube sich Wasserspinat, geröstetes Rindermark und Topinambur verbergen. Frische Trüffel? In Dubai nichts Außergewöhnliches. Das Beste der Welt wird hierher importiert. Das ist zugegebenermaßen ein wenig schwer zu fassen. Aber köstlich.

Natürlich muss auch die Raue’sche Pekingente sein. Hierzu werden jetzt auch die roten Jines aufgefahren. Rote Bete, Rotkohl, Tee und Gewürze sind darin zu finden. Im Grunde genommen das, womit man einen guten Rotwein beschreiben würde. Samtig zart ist sie, diese Ente.

Beim Dessert wird es leicht und fruchtig. Himbeere und Minze dominieren.

Was auffällt ist, wie leicht man sich nach diesem Essen fühlt. Was wohl in erster Linie daran liegt, dass so gut wie keine Kohlehydrate mit im Spiel sind. Satt, aber leicht.

Und während ich die letzten mit Safranfäden durchzogenen Gelees mir auf der Zunge zergehen lasse, an meinem alkoholfreien Whisky nippe, bedaure ich es ein wenig, dass es schon wieder vorbei ist. Allein für dieses Erlebnis hat es sich schon gelohnt, nach Dubai zu kommen.

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Adresse

»Dragonfly by Tim Raue«
Al Safa St
Dubai
Vereinigte Arabische Emirate

www.dragonfly.ae

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