Am 23. März schloss Laos seine Grenzen für den Tourismus. Genau vier Wochen zuvor war ich noch dort. Da war es schon stiller als gewohnt. Meine Eindrücke von einer ruhigen Stadt, in die ich mich verliebt habe.
Es ist still an den Ufern des Mekongs. Sie wissen bereits alle, dass es im kommenden Monat noch stiller sein wird. Sämtliche Reservierungen für den März sind abgesagt, erzählt mir ein junger Franzose, der einige Monate zuvor ein Schiff gekauft und renoviert hatte und jetzt damit Dinner-Cruises auf dem Fluss anbietet. Auch jetzt, Ende Februar ist es schon zu spüren. Er habe ein mieses Gefühl. Schon früh, gegen zehn Uhr in der Nacht, wird der Nachtmarkt abgebaut. Sie haben keine Lust mehr. Es sind keine Leute da, niemand will bunte T-Shirts oder bemalte Kokosnussschalen kaufen. Sie packen früh zusammen. Auch die Bars in der Altstadt Luang Prabangs sind nicht gut besucht. Um elf ist hier sowieso Sperrstunde, dass es schon früher ruhig wird, daran ist keiner gewöhnt. Schon seit Wochen sind keine chinesischen Touristen mehr im Land, die Grenze zu China ist dicht. Und deshalb kann ich all das machen, was ich ansonsten mit vielen Menschen hätte teilen müssen. In Stille die Wasserfälle genießen, spontan auf einem Schiff in den Sonnenuntergang fahren, einen Platz in einem Restaurant bekommen, wo sonst lange Wartelisten sind. Wir alle spüren, dass etwas kommen wird. Was, das wissen wir noch nicht genau. Keiner hat eine Ahnung davon, wie es sein wird, wenn es noch leerer ist. Ich habe einen Plan. Auch wenn es angesichts der kommenden Wochen und Monate nur ein einziges, winziges Tröpfchen auf den heißen Stein sein wird. Ich werde konsumieren, als gäbe es kein Morgen. Ich will einkaufen, mich jeden Tag massieren lassen, den Marktfrauen ein gutes Trinkgeld geben, soviel Tee kaufen, wie ich tragen kann und meine letzten Kröten den Klöstern spenden. Mehr kann ich nicht tun.
was so beginnt, kann nur gut werden
Ich erreiche Luang Prabang am späteren Nachmittag, alles läuft routiniert am Flughafen. Ich habe kein Passbild für mein „Visa-on-arrival“, macht nichts, kostet drei Dollar „Strafe“, die ich gerne bezahle. Am Ausgang ist auch schon ein Taxischalter. Ich werde einem Sammeltaxi zugewiesen, das mich zum Hotel bringt. Der Preis ist fix. Mein Hotel liegt in der Altstadt auf der Landspitze zwischen dem Mekong und dem Nam Khan River. Es ist ein altes Haus im Kolonialstil. Die Wände sind dünn und die Matratzen sind hart. Ich habe eine Dusche. Mehr brauche ich gerade nicht. Es zieht mich nach draußen, ich will die Gegend erkunden. Weit komme ich nicht. Ein älterer Herr, Engländer, spricht mich höflich an, er arbeite hier für ein Studentenprojekt und ob ich eine halbe Stunde Zeit hätte, mich mit jungen Laoten in Englisch zu unterhalten. Dieses Kommunikationstraining sei sehr wichtig für sie. Das Thema sei egal. Alles ist freundlich und offen zur Straße hin gelegen, auch ein paar Mönche sind da. Ich sage ja. Schließlich könnte ich mich mit ihnen ja auch ein wenig über Essen unterhalten. Das Ganze lief dann doch ein wenig anders, denn nachdem mir jeder meiner drei Studenten erklärte, dass Mamas Papaya Salat das Lieblingsgericht sei, haben wir uns dann doch über Fußball unterhalten. Ich kann stundenlang über Fußball reden und doch nichts sagen. Genau mein Thema.
Mehr zum Projekt „Big Brother Mouse“ http://www.bigbrothermouse.com/visit.html
an den Wasserfällen
Ich hatte so meine Vorstellungen von Laos. Von grünen Hügel und Bergen und saftigen Reisfeldern, die gibt es da auch, aber eher am Ende der Regenzeit im August. Jetzt, Ende Februar ist die Luft trocken, die Berge sind durch einen dünnen Staubschleier aber zu sehen. Ich will zu den berühmten Wasserfällen und es gelingt mir, ein freundliches älteres Ehepaar davon zu überzeugen, dass wenn wir uns die Kosten für einen Fahrer teilen, dann wäre das doch eine prima Sache. Noch besser war, dass die beiden einen Privatführer hatten und durchaus erpicht darauf waren, die Kuang Si Wasserfälle im Sonnenuntergang zu besichtigen, denn die standen nicht auf deren Programm. Und so hatten wir Wasserfälle fast für uns alleine. Wo sich normalerweise hunderte Touristen drängeln, waren kaum Besucher anwesend. Einzig die Hornhaut-knabbernden Fische hatten wohl schon genug für diesen Tag, die waren ausgesprochen desinteressiert. Die Wasserfälle sind wirklich atemberaubend schön.
Phosy Market
Einmal war mir nicht genug. Ich wollte unbedingt ein zweites Mal auf diesen Markt fahren. Wollte mich treiben lassen und mir so viel Zeit dafür nehmen, wie ich wollte. Er ist so groß, dass man sich in den Hallen verlaufen kann. Ich brauchte unbedingt frittierte Bambussprossen und ein Kofferband. Bekommen habe ich das zwar nicht, dafür Lila Gaffa Tape und einen ultralangen Expander, mit dem ich meinen beschädigten Koffer sichern können würde. Ich kaufte schwarzen Klebreis und fermentierte Chilisauce. Fischsauce habe ich mich nicht getraut. Was, wenn das im Koffer schief geht..den Geruch bekäme ich nie wieder raus.
Essen gehen
Paste at the Apsara
Am ersten Abend will ich es pompös. Bee Satongun wurde 2018 zur „best female chef Asia’s“ gekürt, ihr Hauptrestaurant in Bangkok hat einen Michelin Stern und sie hat vor einiger Zeit in Luang Prabang ein zweites Restaurant eröffnet, das „Paste at the Apsara“. Ich sitze die erste Stunde alleine im Restaurant. Wo wenig Touristen sind, sind offensichtlich noch weniger, die sich für gehobene laotische Küche interessieren. Mein Plan war, ganz oben anzufangen. Die ganze Bandbreite erleben. Bis zum Streetfood. Als Begrüßungsgetränk bekomme ich einen Rosenhibiskus-Champagner mit Chrysanthemen. Als Amuse ein Chili-Relish mit Betelblatt, Zitronengras, Galgant, Krabbenfleisch und frittiertem Seegras aus dem Mekong. Die laotischen Anleihen sind deutlich. Ich bestelle mir die Reisbällchen, ein Klassiker in Laos, die wie ich später noch erfahren werde, eigentlich zerdrückt und in Salatblätter eingerollt werden. Hier jedoch ruhen sie zusammen mit laotischer Wurst auf einem Beet aus frischen Kräutern und werden mit einer säuerlichen Sauce ausbalanciert. Ein sehr schöner Gang. Als nächstes bekomme ich eine traditionelle Suppe mit Reistalern. Ein Curry mit einer angenehmen Schärfe dazu viele Blüten und fermentierte Bohnen. Die Portion ist recht groß. Das folgende Pulled Pork ist ebenfalls herrlich, mit reichlich fermentiertem Kohl, und Knoblauch Chips. Der Service ist hervorragend. Dezent und zuvorkommend. Das Pandannuss-Eis muss man unbedingt probiert haben und gerade, als ich endgültig die Waffen strecken will, kommt ein Küchenmitarbeiter und stellt einen blattgoldverzierten Tamarinden-Cheesecake mit Jasmincreme vor mich hin. Zum Abschluss gibt es hausgemachten Limoncello aus Kaffir Limette. Ich liebe euch!
Tamarind
Das Tamarind gilt als eines der beliebtesten Restaurants in der Stadt. Immer voll, immer gut und vor allem sehr auf laotische Küche spezialisiert. Und hier ist es auch tatsächlich noch gut gefüllt, nur ein freier Tisch. Hier bestelle ich Laap, das Nationalgericht. Und es ist hervorragend. Den Rest der Karte habe ich größtenteils schon selbst gekocht in der Kochschule des Tamarind.
Manda de Laos
Hätte ich an diesem Abend nicht so wunderbare Gesellschaft gehabt (mal ehrlich, wie groß ist die Chance, dass man mit einer Foodbloggerin und Kochbuchautorin im gleichen Flieger sitzt?), so liefe dieses Restaurant eher unter „ferner liefen“… Man sitzt schön, der Bananenblütensalat ist ein Knaller, der Rest hat jetzt nicht so den Eindruck hinterlassen. Vielleicht ist da auf dem Nachtmarkt aromenmäßig mehr zu entdecken. Dank der wunderbaren Anne von Anne’s Kitchen und ihrem Freund war dieser Abend jedoch trotzdem einer der schönsten.
Streetfood
Yes. Wer nach Hause fährt ohne Kokosbällchen probiert zu haben, ist selber schuld. Wer die laotische Wurst vom Grill verschmäht ebenso. Ein eiskaltes Lao Beer dazu ist sowieso Pflicht. Das ist das beste Bier, das ich je in Asien getrunken habe. Und der Crispy Rice Salad auf dem Nachtmarkt war ein Traum.
Die Stadt der Tempel
Luang Prabang ist voller wunderschöner Tempel, deren Magie man sich nicht entziehen kann. Ohne die üblichen Scharen, kann man sie auch richtig genießen.
ein bisschen Magie
es ist mein letzter Tag in Luang Prabang, abends geht mein Flug zurück nach Bangkok. Ich sitze in einem winzigen Straßencafé am Ufer des Mekong, das Fließen des Wassers ist so beruhigend, so stimmungsvoll, dass ich stundenlang meinen Gedanken nachhängen kann. Ab und zu bestelle ich mir eine kalte, frische Kokosnuss. Dann plötzlich in dieser flirrenden Hitze ertönen sanfte Gitarrentöne. Spanische Klassik. Ich kenne das, ich habe vor vielen Jahren auch einmal klassische Gitarre gespielt. Nicht weit von mir sitzt ein alter Herr am Wasser und spielt ganz für sich allein. Der Straße abgewandt. Das hier ist nicht für Touristen. Er will einfach spielen. Die Töne, die so vertraut sind, bekommen in dieser Umgebung hier eine neue Farbe. Alles hält für einen Augenblick an. Er merkt, dass ich ihm zuhöre. Er lächelt mich an. Was für ein unglaubliches Land.
Und dann, als ich schon in meinem Hotel neben meinen Koffern sitze, habe ich endlich den Mut gefunden, zwei junge Mönche anzusprechen, ob ich sie fotografieren dürfe. Sie sprechen fließend Englisch und kommen meiner Bitte mit großer Freude nach. Aber nur, wenn sie auch ein Bild von mir machen dürfen. Wo ich herkomme, ob ich auf Facebook sei, warum ich schon wieder nach Hause fliege, ob es mir gefallen habe – all das wollen sie wissen. Sie waren unglaublich freundlich und natürlich habe ich jetzt zwei Facebook Freunde mehr. Dem einen musste ich gleich ein Bild aus dem verschneiten München schicken. Als Dank. Er hat für meine wohlbehaltene Rückkehr gebetet.
Laos – nie zuvor habe ich ein Land so sehr in mein Herz geschlossen. Und das, wo ich doch nur einen winzigen Bruchteil davon kenne. Meine Gedanken sind jetzt in dieser Zeit dort. Bei all diesen wunderbaren Menschen.
Kurioses
In Luang Prabang darf man sich nicht wundern, wenn mitten auf der Straße Fleisch, Würste oder Knoblauch getrocknet werden. Und „salted eggs“ erkennt man an der leuchtenden Farbe Pink.
Tipps und Empfehlungen
Tee kaufen
Bengalische Quitte oder Blaue Schmetterlingserbse? Oder lieber Lao-Lemon. In Bio Qualität gibt es das hier:
Aromdee Shop (Coffee & Natural Products)
Croissants und frisches Baguette essen
in den vielen französischen Cafés auf der Hauptstraße, es ist unglaublich, wie gut das hier ist
Erholen
Frangipani Spa
Sehr schönes Spa in einem alten Kolonialbau
Phayameungchan Rd, Luang Prabang
Phosy Market
mit dem TukTuk hin und staunen (aber unbedingt vorher den Preis ausmachen.)
So ein schöner Bericht! Ich war im November in Laos und habe in den letzten sehr oft daran gedacht. Wie schön es war, wie es wohl jetzt den Leuten dort ergeht und auch daran wie wertvoll solche Erinnerungen in harten Zeiten sind.
Absolut, liebe Stefanie.
Und jetzt haben wir Zeit, diese Erinnerung bis ins letzte Detail auszukosten, denn ganz sicher wird es noch eine Weile dauern, bis wir wieder dorthin reisen können. In Laos war ich nicht zum letzten Mal!