Zugeben, Versuchslabor klingt ein wenig nach dem klebrigen Gepansche aus billigem Korn, Zucker und sonstigem in der heimischen Küche, mit dem Ziel, einen halbwegs genießbaren Likör herzustellen. Doch weit gefehlt. Ich besuche in Berlin die Preußische Spirituosen Manufaktur, welche 1847 gegründet wurde, zwei Weltkriege überstanden hat und heute nach alter Tradition Liköre und Schnäpse brennt.
Früher wurden hier Brenner und Destillateure ausgebildet und noch heute wird hier kühn experimentiert. Ich bin die einzige Besucherin an einem Dienstag Nachmittag und der freundliche Brenner, welcher mir die Tür öffnet, wirkt sogar ein wenig erstaunt, dass ich den Weg in den Wedding, den Norden Berlins, gefunden habe, was angesichts der Tatsache, dass es mehrere Seestraßen in Berlin gibt, wohl nicht jedem auf Anhieb glückt.
Und als habe sich die Tür zu einer anderen Zeit geöffnet, stehe ich plötzlich vor alten Destillen aus Kupfer, einer endlosen Batterie von Glasballons, gefüllt mit Kräuterauszügen, teilweise mit Namen, die nicht einmal ich kenne. Ein bisschen sieht es auch aus wie in einer Apotheke.
Manche der Apparaturen sind noch aus der Zeit um 1900. Diese dienen jedoch nur noch als Ausstellungsstücke, brennen tut damit keiner mehr. Der Rest der Anlage sieht allerdings auch nicht gerade danach aus, als wäre sie der Neuzeit entsprungen. Ich erfahre, dass gerade der Bockbierlikör (aha!) kurz vor der Abfüllung steht, die Zeit drängt etwas. Die Ingredienzien dazu stammen aus Bayern. Warum auch nicht? Hier wird mit allem experimentiert. Ich darf probieren und schere mich natürlich nicht darum, dass es gerade mal kurz vor zwei Uhr nachmittags ist und es sich auch nicht um ein leichtes Weinchen handelt, sondern um anständigen Likör und Schnaps jenseits der 30% Grenze.
Zum Auftakt gibt es Senflikör. Also gleich mal was ganz Außergewöhnliches. Meine Geschmacksnerven geben sofort grünes Licht, als ein leichtes Senfaroma, das jedoch fruchtig und leicht daherkommt, sich in meinem Mund ausbreitet und mein erster Gedanke ist, wie wunderbar das zu einem alten Käse passen müsste. Doch leider wird meine Vorfreude darauf gleich wieder ausgebremst. Es gibt ihn nicht mehr im Verkauf. Eine letzte angebrochene Flasche zum Verkosten ist noch da. Schade. Doch weiter geht es mit Galgant-Likör, den man schon fast nicht mehr zu den Likören zählen kann, da sein Alkoholgehalt nicht unerheblich ist. Von zuckriger Klebrigkeit keine Spur. Ich probiere noch Zimt, Ingwer und Kräuter, einen Getreidekümmel und den Gin, dann merke ich, wie alles plötzlich in so ein freundlich warmes Licht getaucht wird. Richtig, es ist ja auch erst früher Nachmittag und außer einem späten Frühstück ist mein Körper auf so einen Promille-Angriff noch nicht vorbereitet. Ich sollte mich also entscheiden, auch wenn da noch so einige verlockende Fläschchen rumstehen. Bei dem Galgant-Likör fällt mir die Entscheidung überhaupt nicht schwer. Der ist einfach genial! Und zum freundlichen Preis von 19,00 Euro mit hübschen Etikett und edler Flasche weiß ich jetzt schon, dass hier die Nachbestellung bereits vorprogrammiert ist.
Ein Glück, dass man hier auch versendet!
Ich wünsche diesen phantasievollen Brennern noch ganz viele tolle Ideen und werde die Kreationen weiter verfolgen.
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Ich habe tatsächlich noch nie etwas von Senflikör gehört, es klingt jedoch geschmacklich sehr interessant. Mein Vater trinkt am liebsten zu besonderes Anlässen einen schönen Schnaps. Zu seinem 70. Geburtstag werde ich eine Schnapsbrennerei besuchen, um ihm ein feines Geschenk zu machen.