27. Oktober 2019

Graubünden – Tipps für eine kulinarische Herbstreise mit vielen Maronen, Capuns und Pizzoccheri

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Wo gibt es das beste Brot, den besten Käse, große Küche oder Gasthäuser mit Charme? Wie wandelt es sich in Kastanienselven und was kann man aus Kastanien alles machen? Antworten gibt es hier.

Es ist die Zeit, wo das Licht in den Bergen dieses kühle Glänzen bekommt, wo Nebelschwaden am Morgen die Hänge hochziehen und das Weinlaub bunt leuchtet. Noch immer sind die Tage warm und sonnig, ganz besonders im Süden an der Grenze zu Italien. Ich beginne die Reise in Fürstenau unweit der Viamala Schlucht bei Andreas Caminada, der seinen dritten Michelin Stern bereits 2011 im Alter von nur 34 Jahren erhielt. Die Reise geht weiter über die Rofflaschlucht, mit der Rhätischen Bahn über ein Weltkulturerbe nach St. Moritz bis in Südtäler nach Castasegna, wo das Kastanienfest gefeiert wird und wo ich nicht eher lockerlasse, bis ich weiß, wie man Pizzoccheri zubereitet.

Andreas Caminada, 3* Koch, dem der Nachwuchs wichtig ist

Casa Caminada

Viele haben ja so ihre Hemmungen, wenn sie einen Gourmettempel betreten, noch dazu, wenn dieser in einem Schloss ansässig ist. Schloss Schauenstein ist Feinschmeckern auf der ganzen Welt ein Begriff. Die Küche von Andreas Caminada hält seit 2011 den dritten Michelin Stern. Jede Ecke im Schloss strahlt behagliche Opulenz aus, wer das Allerheiligste betritt, die Küche, darf sich nicht wundern, dass selbst hier ein Kronleuchter an der Decke hängt. Anders dagegen die Casa Caminada. Hier wirkt alles heller, nüchterner, nicht weniger stilvoll, jedoch mit einem nordischen Touch zum Minimalismus. Unter dem Restaurant befindet sich die kulinarische Sammlung, wo Fermente hergestellt werden, Birnen getrocknet werden und Kräuter anschaulich versammelt sind. Im Erdgeschoss steht auch der große, extra für die Backstube gebaute Ofen, wo das Brot für das Schloss, die Casa und aber auch für jeden Besucher gebacken wird. Man kann im kleinen Shop dieses wunderbare Brot kaufen, was nicht nur Gäste der Region, sondern auch Einheimische anlockt. Andreas Caminada ist ein guter Typ, sympathisch und nahbar, dem es einerseits wichtig ist, den Nachwuchs mit seiner Stiftung zu unterstützen, der aber auch die Hemmschwelle zur gehobenen Gastronomie mit seiner Casa Caminada möglichst klein halten möchte. Hier sollen auch jüngere Gäste mit schmalerem Portemonnaie in den Genuss seiner überragenden Kochkunst kommen. Man setzt hier auf Zutaten aus der Region, auf Teile vom Tier, die es nicht ins Schlossmenü schaffen und auf ein ungezwungenes Flair. Edel und rustikal, wie auch das Besteck, das ein Schmied aus der Umgebung hämmert. Jedes Messer, jeder Löffel ist handgefertigt (und ja, man kann es auch kaufen, was ich natürlich tun muss).

Seine Capuns (mit Nudelteig gefüllte Mangoldwickel) und Pizzoccheri (Nudeln aus Buchweizenmehl) sind so grandios, dass sie Maßstäbe setzen. Er serviert als Hauptgang ein Voressen vom Kalb (ähnlich einem Rahmgulasch) und hauchdünne Pflaumentartes mit Zimteis zum Dessert. Neben dem Brot ist auch der selbstgeröstete Kaffee sehr zu empfehlen.

im Schloss

damit werden Gäste abgeholt

im Fermentationskeller

Voressen vom Kalb

Casa Caminada
Obergass 68
7414 Fürstenau
+41 81 632 30 50
www.casacaminada.com

 

Die Viamala- und Rofflaschlucht

Zwischen den Besuchen dieser beiden beeindruckenden Schluchten gibt es noch eine kleine Käserei, die einen Abstecher lohnt. Martin Bienerth produziert hier zusammen mit Maria Meyer preisgekrönte Käse mit Milch aus der Region, die im kleinen Hofladen verkauft werden. Da er überzeugt ist, dass Kühe Hörner tragen sollen, zahlt er Lieferanten, deren Tiere behornt sind, einen Rappen mehr pro Liter Milch. In den frühen Morgenstunden liefern die Bauern in traditionellen Milchkannen die Milch ihrer Kühe an.

Während die Viamalaschlucht etliche Besucher anzieht, ist man in der Rofflaschlucht zu dieser Jahreszeit fast ganz für sich allein. Das Wasser unten in der Schlucht ist türkisblau und wer mag, wandert bis zum Ende, wo man unter dem Wasserfall hindurchlaufen kann. Wer kann schon von sich sagen, dass er unter dem Rhein war?

Viamala Schlucht

unten in der Viamalaschlucht

am Wasserfall in der Rofflaschlucht

8000 Sprengungen waren für diese Schlucht notwendig

Martin Bienerth und sein Käse von glücklichen Kühen

Viamala-Schlucht
Besucherzentrum Viamala 1
+41 81 650 90 30

www.viamala-schlucht.ch

mehr zur Rofflaschlucht: www.rofflaschlucht.ch

Sennerei Andeer/Stizun da Latg
Maria Meyer und Martin Bienerth
7440 Andeer
+41 81 661 13 15
www.sennerei-andeer.ch

 

Die Albulastrecke mit der Rhätischen Bahn

Ich lerne langsam. Immer wieder werde ich korrigiert, wenn ich „Bus“ sage. „Du meinst das Postauto“. Ja, aber das ist doch ein Bus? Wer solche Diskussionen mit den Einheimischen vermeiden möchte, ich zähle nicht mehr mit, so oft werde ich freundlich korrigiert, der sagt am besten „Poschti“. Damit wäre das dann geklärt, ob Bus oder Auto. Mit diesem Poschti geht es nach Thusis, wo die Fahrt weitergeht mit der Rhätischen Bahn. Die sogenannte Albula Strecke nach St. Moritz führt über das Landwasserviadukt, das ein echtes Leckerli für Fotografen ist. Wer also Glück hat, fotografiert die eindrucksvolle Fahrt über fünf 126 Meter hohe Pfeiler des Viadukts hinein in den Tunnel. Das ganze Spektakel dauert nur etwa 30 Sekunden, obwohl die Bahn hier ihre Fahrt abbremst. Glück hat, wer im Zug in Fahrtrichtung rechts sitzt und in einem älteren Wagon unterwegs ist, wo sich die Fenster öffnen lassen. Danach darf man wieder entspannt das Bergpanorama betrachten.

mehr dazu: www.rhb.ch

 

Wo die Zuckerbäcker sich Paläste bauten

Umsteigen in St. Moritz, wieder geht es mit dem „Poschti“ weiter. Diesmal über Maloja weiter die Serpentinen hinunter nach Vicosoprano. Der Blick hinunter ins Tal über die schier endlosen Schleifen verursacht ein Kribbeln unter der Haut. Die Straße ist eng und immer wieder ertönt das Horn des Postautos. Merke –  das Poschti hat immer Vorfahrt.

Als ich in der Backstube von Patric Gonzalez und seinem Vater ankomme, muss ich erst einmal selber ran den Teig, bevor ich seine herrlichen Kastanientörtchen kosten darf. Das macht Spaß, bin ich doch wenig mit Backglück gesegnet, doch dank guter Vorbereitung ist auch mein Kastanientörtchen prächtig geworden. Es wird sofort verschlungen. Warum warten?

In Stampa wartet bereits der Apéro, in einem alten Patrizierhaus, das zu einem stylishen Refugium für Kunst und Gastfreundschaft umgebaut wurde. Ursprünglich erbaut hat es der Zuckerbäcker Pontisella aus Italien. Heute ist dürfen sich die Gäste des Bed&Breakfast auf ein kuschliges Ambiente freuen. Die wenigen Zimmer sind individuell eingerichtet, im Erdgeschoss kann man Kunst und Handwerk betrachten. Ein absoluter Geheimtipp!

Nicht weit davon entfernt schmiegt sich ein für diese Gegend eher fremd anmutender venezianischer Palast an den Berghang. Wieder ein Zuckerbäcker, der in diesem schönen Tal seine Residenz baute. Auch wenn sie so gar nicht zum Rest drumherum passt. Eindrucksvoll ist es schon irgendwie.

Alpenglühen hinter dem Pontisella Bed & Breakfast

eher wenig typische Architektur

In Stampa

da entlang

wo die Kannen stehen

 

Panetteria Pasticceria Gonzalez
Strada principale
7603 Vicosoprano
+41 81 822 11 85
www.labregaglia.ch

 

Pontisella Bed & Breakfast
Strada Principale
141 7605 Stampa
+41 81 852 30 56
www.pontisella-stampa.ch

Kastanienfest im Val Bregalia

Anfang Oktober beginnt die Zeit der Esskastanien im Tal. Hier findet man eine der größten Kastanienselven Europas. Eine Selva ist ein Hain und tatsächlich ist es schier unglaublich, wie viele Kastanienbäume hier stehen. Ich lerne, wie man Maronen von Esskastanien unterscheidet (man muss sich den unteren Teil der Kastanie anschauen, bei Maronen ist er eher eckig), und dass es ganz verschiedene Sorten hier gibt. Manche sind tropfenförmig und rund, andere dagegen teilen sich den Platz in der Kastanie und sind eher flach. Aus den Kastanien wird Mehl gemacht, sie werden kandiert, werden in allerlei Gerichten und Gebäck verarbeitet und kommen sogar ins Bier.

Es werden tolle Wanderungen durch die Kastanienselven angeboten, wo an bestimmten Tagen (unbedingt vorher erfragen und ein Ticket kaufen) lokale Geschäfte, Imker oder Metzger entlang der Strecke kleine Stände aufbauen, wo man was probieren kann (Salami mit Kastanien ist herrlich) und wo mir ein ganz herzlicher Metzger eine Wurst mit Alpenkräutern schenkt. Die war mein absoluter Favorit. Tausend Dank dafür! Hier werden dann auch zur Feier des Kastanienfestivals die Pizzoccheri mit Kastanienmehl im Nudelteig gemacht, es gibt gehaltvolle, köstliche Kastaniensuppe und zum Abschluss einen Kastanienschnaps. Der kleine Ort Castasegna ist entzückend und wer mag, kann einfach mal rüber nach Italien spazieren. Und weil es noch so viel mehr zu entdecken und erkosten gibt, werde ich ganz bestimmt wiederkommen. Diese Ecke der Schweiz hat mein Herz erobert.
Viva!

Marone oder Esskastanie?

Patric Gonzales, sein Vater und die Kastanientörtchen

Hüttenzier

In den Kastanienselven

Herbststimmung im Laubengang

zwischendrin moderne Architektur (Hotel Garbald)

Pizzoccheri (mit Kastanienmehl)

der Weg hinunter nach Val Bregalia

Kastaniensuppe

Kastanienbier

der netteste und beste Metzger Renato Chiesa aus Vicosoprano

Übernachten:
Villa Garbald (tolle Architektur, sehr empfehlenswert)
Siska Willaert und Arnout Hostens
Via Principale 9
7608 Castasegna
+41 81 838 15 15
www.garbald.ch

Essen:
La Stala Bistro d’Arte
Franca Iseppi-Pool und Regula Pool-Sighinolfi
Coltura
7605 Stampa

mehr zum Kastanienfest:
www.bregaglia.ch/de/kastanienfestival

 

Offenlegung: Die Reise wurde unterstützt von Graubünden Ferien, Viamala Tourismus, Bregaglia Tourimus und der Casa Caminada. Meinen herzlichen Dank dafür. Es gibt noch ganz viel zu entdecken!

 

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