Vor einer Woche habe ich bereits von meinem erfolgreichen Entdeckungszug auf der Biofach und der Entdeckung von Umami Salz berichtet. Beim Thema Umami, dem fünften Geschmack, zuckt vielleicht der eine oder andere und ordnet es gedanklich sofort neben das kristalline Pulver Glutamat, das für das Chinarestaurant Syndrom steht, eine allergische Reaktion, steht. Gemeint ist damit in erster Linie Mononatriumglutamat (E 621) und nicht das natürliche Glutamat, das in vielen Lebensmitteln vorkommt (z.B. Walnüsse, Tomaten, Käse, Rindfleisch).
Umami Salz ist weit vom „bösen“ Glutamat entfernt. In Asien wandert es täglich in die Töpfe und somit war dieses Glas, das ich auf der Messe bekommen habe, ein willkommener Anlass, mich näher damit zu beschäftigen.
In Japan „Shio Koji“ genannt, wird der mit dem Pilz Aspergillus oryzae fermentierte Reis seit Jahrhunderten in der Küche als gesunde Alternative zu Salz und Soja Sauce eingesetzt und ist somit vergleichbar mit dem Einsatz von Bakterien und Hefe, wie sie in unserer westlichen Küche bei der Herstellung von Käse, Bier und Wein verwendet werden.
„Koji“, der Pilz, wurde vor mindestens 2000 Jahren entdeckt, kultiviert und seitdem für die Herstellung von Sake, Mirin, Reisessig, Soja Sauce und Miso eingesetzt. Doch nicht nur in Japan wird er hoch geschätzt, auch in China und Korea. Beide Länder pflegen die Kultur des Fermentierens seit langer Zeit.
Die Sporen dieser Pilze werden in gedämpften Reis gemischt und dürfen sich dann über Tage bei einer Temperatur von ungefähr 50° entfalten. Sie verwandeln die Stärke des Reises in Zucker (den Prozess nennt man Saccharifikation) und setzt eine Reihe von Fettsäuren und Aminosäuren, darin Glutamat, die Basis des „fünften Geschmacks“ frei. Diese Mischung wird in Japan „Kome-Koji“ genannt.
Wird diese Mischung in der weiteren Verarbeitung mit etwas Meersalz angereichert, entsteht Shio Koji. Nach dem Hinzufügen des Salzes, lässt man das entstehende Umami Salz einige Tage in einem normal temperierten Raum sich entwickeln. Die normale Zimmertemperatur und das Salz lassen den Zucker, nicht jedoch die Amino Säuren, sich weiter entwickeln. Die Paste ist jetzt also eine Umami-Bombe geworden. Der enthaltene Zucker und das Salz bringen den Geschmack des Essens stärker hervor. Es wird lecker (umami).
In Japan wurde es in den letzten Jahrhunderten hauptsächlich dazu verwendet, Gemüse einzumachen, sogenannte Pickles. Bis es vor einigen Jahren von der japanischen Foodbloggerszene Einzug fand und seitdem sich explosionsartig in der Netzwelt und auch in den Príntmedien ausgebreitet hat.
Diesem Phänomen widmete dann auch die Japan Times einen Artikel und stellte die Frage, was der Hintergrund dieses schier unaufhaltsamen Trends sein mag und kommt zu dem Schluss, dass ein Grund dafür die verringerte Salzzufuhr sein mag. Das ist gesund. Und auch hier essen wir alle zu viel Salz, wenn es nach der Meinung von Ernährungswissenschaftlern geht. Ich schließe mich da vollumfänglich mit ein. Der Salzstreuer ist meist das erste, was ich in einem Restaurant vermisse, wenn er nicht auf dem Tisch steht.
Umami Salz kann für alles verwendet werden. Fleisch, Fisch und sogar Tofu und Gemüse können damit mariniert und verfeinert werden. Doch nicht nur beim Marinieren kommt es zum Einsatz. Warum also nicht auch in Tomatensauce oder Müsli?
Das will ich jetzt also herausfinden. Noch bin ich skeptisch.
Auf dem Plan stehen Rinderfilet, Hühnchenbrust, Azukibohnen und Kürbis. Das Fleisch wird damit eingerieben und etwa 2 Stunden darin mariniert. Der Kürbis wird zerteilt und darf sich in einer Plastiktüte für einige Stunden zusammen mit der Paste entwickeln. Der Plan sieht weiterhin vor, Azuki Bohnen in einer Brühe mit Lauch und Radieschen zu kochen um anschließend mit dem Umami Salz „veredelt“ zu werden.
Kürbis:
Den Hokkaidokürbis schälen und in Spalten schneiden. Mit dem ½ EL Umami Salz in einen Plastikbeutel geben und 2 Stunden marinieren. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen mit etwas Olivenöl besprenkeln und für 20 Min bei 180° in den Ofen.
Azukibohnen:
Die Bohnen über Nacht wässern. Eine Stange Lauch in feine Ringe schneiden und zusammen mit den Bohnen und so viel Wasser, dass sie gut bedeckt sind und 1 EL Umami Salz und etwas Hatcho Miso kochen lassen. Nach einer halben Stunde 5 geviertelte Radieschen dazugeben. Mit frischem Koriander servieren
Rinderfilet:
Das Rinderfilet mit dem Umami Salz 2 – 3 Stunden bei Zimmertemperatur marinieren. Das Salz danach grob entfernen und in einer Pfanne in neutralem Pflanzenöl von allen Seiten scharf anbraten. In Alufolie wickeln und in den warmen Ofen legen. Mit frischem Pfeffer bestreuen.
Hühnerbrust:
Ebenfalls mit dem Umami Salz einreiben und 2 -3 Stunden marinieren lassen. Im Ofen bei 60° 30 min vorgaren. Das Salz dabei nicht entfernen. In einer Pfanne in Öl anbraten.
Der Kürbis und das Huhn waren mein Highlight. Der Kürbis war intensiv und würzig. Das Salz hat mit dem Öl eine sensationelle Kruste gebildet. Noch genialer schmeckte das Huhn. Nicht nur, dass das Fleisch zart wie Butter war, es schmeckte großartig. Die Azukibohnen sind süß besser, was vermutlich einzig der Gewohnheit gutgeschrieben werden muss, wobei auch sie durch den Lauch und die Radieschen ein tolles Aroma bekommen haben. Das Rinderfilet war zart, sehr fleischig und mit dem Pfeffer ausgesprochen delikat – aber mit dem bekannten geschmacklichen Dimensionen eines guten Filet Steaks.
Mein Experiment hat mich total begeistert. Ein wenig ist es, als habe der Eigengeschmack einer jeden Zutat weit die Arme ausgebreitet und mich darin aufgenommen. Shio Koji – schön, dass du hierher gefunden hast. Du bist eine Bereicherung.
Und hier noch einige weiterführende Links:
Umami Salz selber machen:
http://www.kojiya.jp/shiokoji/making.html
noch mehr zu Shio Koji:
Lesenswerter Artikel aus der Effilee zu Glutamat:
http://www.effilee.de/rubriken/buffet/halbwissen/lecker-ist-auch-nur-ein-weises-pulver-3282
wo bekommt man es hier?
z.B. http://www.koji-shop.de/
http://www.muso-intl.com/
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- The Soy-Boy: Markus Shimizu macht Miso in Berlin | lokalverstärkung - […] hat auf ihrem sehr lesenswerten Blog: “Dinner um acht” auch ein Shio Koji-Rezept beschrieben. Außerdem war sie im Schwarzwald…
Liebe Claudia,
wir haben uns auf der Buchmesse in Frankfurt kurz im Gespräch mit Cathrin Brandes unterhalten.
Guter Artikel über Shio Koji, danke sehr! Bei meiner Recherche zu meinen Blogposts über Kojiferment hat der mir geholfen – auch kulinarisch – aber eben auch mit Hintergrundinfos.
Vielen Dank! Habe nämlich neulich einen Misoworkshop in Berlin gemacht – und mich außerdem mit Markus Shimizu unterhalten – er macht Koji-Ferment in Berlin selber, dito hervorragende Miso – und alles in Bioqualität! Die Produkte vom Koji-Shop sind ok, aber nicht beste Qualität!
Bei Kojiferment ist die frischgemachte Option immer die bessere – wie so häufig. Das gibt der Miso und dem Shio Koji gleicht noch einen Boost! Und – ja – Shio Koji ist such in meiner Küche eine Bereicherung!
Herzlichen Dank für deinen tollen Blog und die die großartigen Bilder, schönste Grüße – Nicole
Liebe Nicole, ich danke Dir! Auf diesen Workshop bin ich jetzt sehr neugierig geworden. Hab nur dummerweise auch das Entfernungsproblem. ;-)
Liebe Grüße
Claudia
Ich habe von Umami bislang nur gehört, es aber noch nie probiert. Du machts mich neugierig,liebe Claudia – besonders Dein Kürbis-Experiment mit Salzkruste klingt absolut verlockend!
Hallo Claudia,
ich bin grade über Facebook auf deinen Blog gestolpert und schon vom ersten Artikel absolut begeistert. Als Ökotrophologie-Studentin höre ich gefühlt jede zweite Woche, dass der Salzkonsum in Deutschland zu hoch ist und habe mich auch schon intensiv mit dem Thema Umami beschäftigt. Dein Artikel ist wirklich spannend geschrieben und super interessant, vielen Dank dafür!
Liebe Grüße, Mia
Hallo,
ein sehr interessanter Artikel, wobei ich deinen Ausführungen zum „bösen“ Glutamat nicht folgen kann. Mononatriumglutamat wird in der Herstellung, wie „dein“ Umami-Salz, über Fermentation hergestellt. Selbst in der industriellen Großproduktion werden hierfür Bakterien verwendet. Zwar nicht aus Pilzen, wie in diesem Fall, aber z. B. aus Tapioka oder Zuckerrüben. Der Prozess ist dabei derselbe, das Ergebnis auch.
Ich bin dabei kein bekennender Verfechter des Glutamats, kann die kategorische Ablehnung allerdings nicht nachvollziehen und empfinde die Experimente einiger Sterneköche mit Glutamat sogar als spannend. Wie in den meisten Fällen geht es vor allem um die Dosierung. So soll die Zutat natürlich vor allem den Geschmack der Hauptzutaten verstärken, nicht aber die Hauptzutaten überhaupt erst lecker machen. Und nicht umsonst nutzt die original-chinesische Küche sehr häufig Glutamat, obwohl sie ja dennoch hoch gelobt wird.
Warum das so ist wird in diesem sehr lesenswerten Beitrag zu dem Thema bei den Sternefressern von Prof. Vilgis erklärt:
http://www.sternefresser.de/specials/gastbeitraege/gastbeitrag-vilgis-glutamat/
Viele Grüße
Hallo Glenn, du hast absolut recht. Fermentation ist immer die Basis. Das „Böse“ soll die isolierte Form beschreiben, das nicht natürlich dosierte, denn auch wenn man, warum auch immer im Zusammenhang mit Glutamat nicht von einer allergischen Reaktion spricht, sondern einer Überempfindlichkeit, bezeichne ich das isolierte Vorkommen in kristalliner Form nicht als „natürlich“, wie es in Tomaten, Nüssen etc vorkommt. Und herzlichen Dank für den Link. Das ist ein spannendes Thema.
Liebe Grüße
Claudia