Kulinarischer Gedankenaustausch in der Manufaktur Jörg Geiger, ein Nachmittag unter Apfelbäumen und noch mehr Ideen zu alkoholfreier Menübegleitung – kurzum, ein toller Tag!
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Stachelbeere, mit Douglasienspitzen und unreifem Apfel, das Ganze prickelnd, wie klingt das? Oder lieber Mostbirne mit Wacholder und Schlehe? Wer ein Menü eindrucksvoll begleiten will, muss nicht zwangsläufig auf Alkohol setzen. Schon länger ist es in der gehobenen Gastronomie angekommen, dass „ohne“ eben nicht Sprudel oder Softdrink heißen muss. In der Manufaktur Jörg Geiger ist man da schon längst soweit. Deshalb gehört Geiger auch zusammen mit Slow Food zu den Mitbegründern der Wiesenobst e.V., eine Vereinigung die kleine und kleinste landwirtschaftliche Betriebe in der Region unterstützt, dass es sich lohnt, auf die alten Apfel- und Birnensorten zu setzen und ihnen gute Preise dafür zu zahlen.
Dass die Kreativität der Manufaktur nur so sprudelt, zeigt das mittlerweile breite Angebot an Priseccos (so heißen die moussierenden Obstkreationen), stillen Cuvées, Kompositionen mit Prozenten und nicht zuletzt die Destillate. Wer den Hofladen der Manufaktur besucht, kommt so schnell nicht mehr raus. Ich zumindest tue es nicht, ich bin hingerissen von den einzigartigen Schöpfungen.
Gemeinsam denken und kochen
Jörg Geiger ist gut vernetzt. Bereits zum vierten Mal finden sich junge Köche aus der Spitzengastronomie zusammen unter dem Motto „Beyond sweetness“. Hinterm Fruchtsafthorizont geht’s weiter. Die Idee? Nimm mehrere Teams, schicke ihnen vorab ein paar Flaschen von einem Cuvée und lass sie dann an einem passenden Gang dazu tüfteln. Und dazu noch eine alternative Begleitung entwickeln. Wer mitmacht, macht das aus Leidenschaft, opfert dafür auch gerne mal die Freizeit. Das ist wie bei einer Jamsession, wenn Musiker sich zusammenfinden, um einfach so mal mit einander zu spielen, zu jammen, den Funken zu erleben. In diesem Fall geht es um Genuss. Bereits am Vorabend sind die Teilnehmer angereist, man tauscht sich aus, hilft sich gegenseitig bei der Vorbereitung, tüftelt gemeinsam. Ich darf einfach nur dabei sein, darf lauschen und kosten.
Die Manufaktur
Bevor es in die Küche geht und ans kosten der einzelnen Beiträge, gibt es erst einmal eine Führung durch die Manufaktur. Wir probieren ein paar eindrucksvolle alte Schaumweine aus der Champagner Bratbirne, die auch nach über zehn Jahren in der Flasche nichts von ihrer Frucht verloren haben. Mit Haarnetzen ausgestattet dürfen wir mitten in das kreative Herz der Produktion. Hier lagern hunderte verschiedener Botanicals, Pflanzen- und Blütenessenzen, die es braucht für die „Geiger-Kreationen“. Denn längst verbergen sich hinter den Nummern der einzelnen Kreationen nicht nur die zwei oder drei Zutaten, die auf dem Etikett angegeben sind. Zwischen 20 und 70 einzelne Komponenten braucht es, um eine der einzigartigen Cuvées zu kreieren.
Wie schmeckt eigentlich ein Stein?
Wenn ich mir vorstelle, wie ein Stein schmecken könnte, dann denke ich an einen Schotterweg im Sommer. Den ganzen Tag brannte die Sonne darauf, plötzlich kommt ein Gewitter und dann kann man sie riechen die Steine. Beim Wein fällt es uns oft auf, dass eine mineralische Note mit dabei ist, doch wie bekommt man eine Essenz dieser Mineralik? Ich muss unweigerlich an das Buch „Das Parfum“ denken, wo es auch um Gerüche aus Lehm, Erde und Steinen geht. Das Geheimnis heißt Hydrolat. Zermahlener Stein wird mit Wasser destilliert. Das bei der Wasserdampfdestillation entstehende Kondensat ist nur sehr kurze Zeit haltbar, doch es hat das festgehalten, was man festhalten wollte. In diesem Fall den Stein. Und dieses Hydrolat braucht man um den Fruchtkreationen eben jene Mineralik einzuhauchen.
Alles, nur nicht süß – die Kreationen und ihre Begleitung
Sven Nöthel und Tobias Weyers vom Restaurant am Kamin machen den Anfang mit einer Taube. Mit dabei: Kohle, Selleriecreme, die nicht süß ist, Mandel und Senfkohl. Korrespondiert mit der Prisecco Still Kreation Nr. 4.5 aus Trauben und Lapsang Souchon Tee. Selbst haben die beiden noch ein Getränk aus Stachelbeere, Rauch und Verbena entwickelt. Wir alle probieren, teilen unsere Eindrücke, analysieren, was denn jetzt besser dazu passt. Die Taube ist wunderbar. Beide Getränke dazu sind wunderbar. Es ist schwer zu sagen, was jetzt besser ist. Aber es geht ja auch nicht um besser oder schlechter, sondern vielmehr um das Erleben, was warum in der Speise einen Widerhall oder einen Kontrast findet.
Bereits in der Küche bin ich immer wieder um Dennis Quetsch, Souschef aus der Weinbar Lars Rutz rumgeschlichen, denn das was er vorbereitete sah einfach unglaublich spannend aus. Eine gebackene Rote Bete, dehydriert, rehydriert, zu einem pflaumengroßen Geschmacksbällchen zusammengeschrumpelt, glasiert und anmutig dekoriert. Im Mund ein absolutes Wow-Erlebnis und mal wieder ein schönes Beispiel, wie unendlich viel Aufwand in einem einzigen Bissen stecken kann. Auch hierzu gibt es wieder zwei Begleitungen. Die Eigenkreation von seiner Kollegin Nancy Grossmann ist ein Getränk mit Roter Bete, milchsauer, aber trotzdem schmeckt es nicht wirklich nach Roter Bete. Es schmeckt großartig, so dass selbst die Rote Bete Verweigerer in der Gruppe vorbehaltlos zugeben müssen, dass das richtig geil schmeckt. Frisch, leicht und von toller Frucht und minimal moussierend. In dem Fall mein Favorit. Die Alternative von Geiger: Rote Beete, Zweigelt und Lemberger – zugegeben auch toll. Ein bisschen hübscher im Glas.
Dann gibt es noch eine leichte sommerliche „Staudensellerie Kaltschale mit Roter Bete und Schmand“. Eine spontane Gemeinschaftsaktion mit frisch gesammelten Kräutern, weil einer der Teilnehmer ausgefallen ist. Zusammen hat man schnell noch ein bisschen getüftelt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Dazu serviert Timo Weisheidinger vom Restaurant Lukas ein selbstgebrautes Gewürzmalzbier mit Fenchel, Kamille, Schafbarbe und Dill als Gegenvorschlag zur Geiger PriSecco Cuvée 27 Birne/Gurke/Quitte. Wieder ein echtes Kontrastprogramm.
Zum Schluss gibt es von Peter Heinlich Müller (der Gutsbesetzer) noch einen großartigen Schafskäse aus dem Burgenland mit Leinöl, Apfel, Leinsamen und Kohlrabi in zweierlei Variationen (fermentiert und gebraten). Wieder mit unterschiedlicher Begleitung. Als Eigenkreation hat er einen „Ayran ohne Ayran“ mitgebracht. Der Ayran ohne Ayran bestand aus Kohlrabisud mit Apfelsaft (tolle Säure, die sehr schön mit dem Käse korrespondierte).
Einzigartig ebenfalls dazu: Inspiration 4.1 Apfel/Vogelmiere/Meersalz. Das mit dem Meersalz hat besonders schön korrespondiert.
der gemütliche Teil
Das Wetter ist großartig, es ist lange hell und deshalb machen wir einen Spaziergang raus in die Apfelwiesen. Entlang des Weges blühen Kräuter, es summt, zirpt. Es ist eine perfekte Obstwelt. Riesige alte Apfel- und Birnbäume stehen hier. Geschichten der Champagner-Bratbirne und der grünen Jagdbirne werden erzählt, wir sitzen mitten in den Obstwiesen und trinken jetzt zum ersten Mal an diesem Tag auch die prickelnden Kreationen mit Alkohol. Ich will nirgendwo sonst sein in diesem Moment, als genau hier. In dieser heilen Welt, wo riesige grüne Walnüsse am Baum hängen, eine Hornisse ganz entspannt an uns vorbei fliegt und eine Eidechse sich schnell wieder hinter einem Stein verkriecht. Es ist schon ein kleines Paradies hier, wo all die guten Sachen für die Priseccos herkommen. Und nur noch mit dem absolut grandiosen gegrillten Schweinebauch zu übertreffen, den wir danach in der Scheune essen. Ich will noch bleiben, weiter reden mit diesen großartigen Menschen, will alle Destillate durchprobieren, will noch einmal in den Kräutergarten, alles, nur nicht heimfahren. So schön war es.
Manufaktur Jörg Geiger GmbH
Reichenbacher Straße 2
73114 Schlat / Göppingen
www.manufaktur-joerg-geiger.de
Onlineshop:
shop.manufaktur-joerg-geiger.de
Hinweis: zu dieser Veranstaltung wurde ich eingeladen. Meine Begeisterung für die Priseccos habe ich lange zuvor entdeckt und meine Meinung bleibt von dieser Einladung unbeeinflusst. Ich wollte das schon immer mal erleben und bin dankbar, dass ich dabeisein durfte. Einen Karton mit tollen Kreationen habe ich mir selbst gekauft.
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