6. Juni 2020

Mihara Tofuten, Bangkok – Gaggan Anands Traum vom perfekten Tofu

3 Kommentare

Gaggan Anand jüngstes Restaurant widmet sich ganz der Kunst des japanischen Tofumachens. Ein Tofu-Menü in 10 Gängen.

Wer noch nie in Japan Tofu gegessen hat,  mag vielleicht keine Vorstellung davon haben, in welche Genussdimensionen man bei Tofu vordringen kann. Nicht vergleichbar mit dem, was man hier im Bioladen oder Supermarkt bekommen kann. In Japan ist Tofu beinahe eine Kunstform, die jahrelang, manchmal ein Leben lang erlernt werden will. Der Tofu dort ist frisch, meist nur ein paar Tage haltbar und von einer umwerfenden Seidigkeit. Manchmal ist er geradezu cremig, nussig, stets kühl und elegant, und er bereitet die allergrößte Freude, wenn er knusprig frittiert wird. So ähnlich muss es auch Gaggan Anand ergangen sein, der bekannte indisch stämmige Küchenchef, dessen Restaurant in Bangkok 2019 zum besten Asiens gekürt wurde, als er vor einigen Jahren Japan besuchte und sich dort in Tofu verliebte.  Mihara Tofu kommt aus der Kleinstadt Kashima in der Saga Präfektur, wo die Tofumanufaktur 1957 gegründet wurde und deren Tofu aus lokalen Zutaten und vor allem in Handarbeit hergestellt wird. Er hatte den Plan zusammen mit Khun Tan, dem Küchenchef von Mihara, ein Tofu-Omakase Restaurant in Bangkok zu eröffnen. Das Mihara Tofuten.

Ein Restaurant rund um Tofu. Wo selbst Tofu hergestellt wird und wo das Wasser für die Herstellung eigens aus der Quelle in Kashima importiert wird.

Ich kenne guten Tofu aus Japan. Ich war in mehreren Restaurants, die sich ausschließlich auf die Zubereitung von Tofu spezialisiert haben, wo sich manchmal 12 Gänge nur um Tofu drehen, und wo es nie langweilig wird, die vielen Schichten von Tofu zu entdecken. Ich vermisse diese Restaurants. Man kann vieles aus Japan hierherholen, die Zutaten, Würzmittel, die guten Soja Saucen, man kann damit herrliche Ramensuppen kochen, Yakitorispieße grillen, doch eines bekommt man nicht aus Japan. Tofu. Einzig in London gibt es einen japanischen Supermarkt (und dieser Markt ist wirklich super), der jede Woche frischen Tofu aus Japan importiert. Um diesen zu kaufen, braucht man eine gewisse Schmerztoleranz, denn ja, es tut weh, wenn man für ein kleines Stück frischen Momentofu stolze 8 Pfund hinblättern muss. Als ich Anfang Februar nach Bangkok reiste, wusste ich bereits, dass ich einen Abend im Mihara Tofuten verbringen würde. Endlich wieder in Tofu schwelgen. Ein halbes Jahr lang hatte ich mich danach gesehnt. Und vielleicht müssen sie es dort gespürt haben, wieviel mir dieser Besuch bedeuten würde, denn meine Reservierung wurde nicht abgesagt. Obwohl an diesem Abend eine geschlossene Gesellschaft im oberen Teil des Restaurants feierte. Den gesamten Tresen unten hatte ich ganz für mich allein. 10 Gänge sollten es werden. Das ganze „Tofu Tasting Menü“. Als mich das Taxi im Sonnenuntergang zum Restaurant fährt, spüre ich schon diese fiebrige Vorfreude. Ich hatte große Erwartungen.

frisch importiert aus Japan. Verschiedene Tofusorten, Sojamilch und Okara

Das Menü

Zuerst bekomme ich eine kleine Einführung in das Thema Tofu. Ich verschweige, dass ich mich bereits auf bekanntem Terrain bewege und feiere innerlich ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Zarte Yuba (Tofuhaut) die in Sojamilch schwimmt, Kinugoshi Tofu (Seidentofu) und Momen-Tofu (mittelfester Baumwolltofu), aber auch Zaru-Tofu, eine Art luftiger Tofukuchen, der im Bambuskörbchen hergestellt wird.

Zum Auftakt gibt es ein Schälchen mit Yuba, Uni (Seeigel), frisch geriebenem Wasabi, Kaviar und einer Béchamel. Yuba und Bèchamel! Eine geradezu hinreißende Kombination.

Weiter geht es mit einer Variation aus verschiedenen Tofusorten. Tofu-Snacks heißt es auf der Karte und es sind verschiedene warme Pralinen aus Sesam-Tofu, Tofupudding und einer Krabbenfleisch-Tofucreme. Meine Blicke bleiben an den kleinen Kunstwerken hängen, den schönen kleinen Schälchen in denen sie präsentiert werden und die ich am liebsten sofort mitnehmen würde. Viel zu schnell sind sie gegessen.

Der nächste Gang ist ein japanischer Klassiker. Sashimi, also roher Fisch. Ich bekomme eine wunderbare Makrele mit Passionsfrucht und Rogen mit einer Tofucreme.

Die Gerichte werden direkt vor meinen Augen zubereitet, wie es in Japan üblich ist. Ich bestelle mir Sake. Ich habe Lust auf guten Sake. Und obwohl ich ganz allein am Tresen sitze, fühle ich mich wohl. Es ist wie in Japan.

Der nächste Gang sind Gyoza. Gyoza, denke ich, sind ja ganz nett, aber Gyoza sind ja doch eher Izakaya-Food, was Schnelles, was man im Pub bestellt. Diese Gyoza, eigentlich sollte ich hier von einem oder einer Gyoza sprechen, ist jedoch mit Foie Gras und Seidentofu gefüllt und so umwerfend fein aromatisch, dass ich kurz meine Augen schließe. Es ist das Fett, die Zartheit des Tofus und die Aromen, die mich nicht anbrüllen, sondern beinahe sanft in mich hineinkriechen. Eine großartige Kombination!

Vor dem nächsten Gang frage ich Küchenchef Yushi Takayama, wie es sich denn so in Thailand mit Tofu verhält. Mögen die Thais eigentlich Tofu? Nein, meint er. Tofu sei hier kein weit verbreitetes Lebensmittel. Aber wer denn dann die Gäste seien, die hierherkommen, will ich wissen. 60 % Thais, 30 % Besucher aus Singapur und Hongkong und die restlichen 10% sind westliche Besucher wie ich.

Weiter geht es mit Zaru Tofu, dem im Bambuskörchen frittierten Tofu. Dazu gibt es Muscheln und eine selbst gebraute Shiitake-Shoyu.

Der nächste Gang wird wieder kühl. Somen-Nudeln in Sojamilch und Dashi, dazu Tempura von der Jakobsmuschel begleitet von einem kleinen „Algen-Pesto“.

Amadai, ein Fisch aus der Familie der Torpedobarsche, wird auf einer Soja-Senfsauce mit Sansho-Pfeffer serviert. Sanshopfeffer ist jener Pfeffer, der auf der Zunge kribbelt und sie leicht betäubt. Wegen seiner zitronigen Noten ist er in Japan sehr beliebt.

Als mir klar wird, dass ich jetzt unweigerlich auf den Hauptgang zusteuere, würde ich am liebsten nochmal bei der Gyoza haltmachen und die Stopp-Taste drücken. Doch da ist er schon. Der einzige Nicht-Tofu Gang. Wagyu Steak mit frittierten Lotuswurzeln und einer Miso-Sauce. Beinahe bin ich ein wenig traurig. Das Fleisch erscheint mit trotz seiner überragenden Qualität ein wenig profan im Vergleich zu den vorherigen Gängen. Dazu gibt es noch eine gewürzte Sojamilch mit Lachsrogen. Der Eindruck hätte genau an dieser Stelle kippen können, wären da nicht die verschiedenen Tofu-Schokoladen, die vor mich hingestellt werden. Vergiss Nougat, denke ich. Das schlägt jede noch so cremige Schokolade um Längen. Weiße Schokolade mit Tofu und Matcha ist mein Favorit.

Dann noch etwas Tofu-Eis, eine Tofucreme mit gezuckerten Kirschblüten und es ist vorbei. Zehn Gänge liegen hinter mir. Ich darf wieder auftauchen aus meiner japanischen Blase, darf zurück ins wuselige Bangkok. Noch wehre ich mich ein wenig und kann nicht so recht loslassen. Und während ich im Taxi zu meinem Hotel sitze, hämmert in meinem Kopf nur eine Frage. Wann endlich bekommen wir ein Tofu-Restaurant auf diesem Niveau in Deutschland? Ich wäre sowas von bereit dafür!

das nächtliche Bangkok

 

Mihara Tofuten
159/3 South Sathorn Road
Tungmahamek Sathorn Bangkok
Thailand 10120

miharatofutenbangkok.com

Offenlegung: Der Besuch des Mihara Tofuten war selbst organisiert und bezahlt. Es war jeden Baht wert.

 

3 Kommentare

  1. Epic Silken Tofu Fail
    Wie das mit dem Silken Tofu ist, wollte ich auch schon lange einmal wissen. Und das als nichtmotorisiertes, remotes Land- Ei in der „Bermuda“-Mitte Bayerns (wo es so scheint, als wäre das nächste Thai- oder sonstige Asia-Restaurant… in Fernost).
    Also Onlinebestellung von Rohware und selber mal probieren. Es kam ein kleiner 300g- Block, Made in Singapur, mit der Packungsspezifikation „Ideal for Soup or Steaming“ – und das als Mitteilung an eine männliche Silken Tofu- Jungfrau (dem da dann nichts anderes übrigbleibt als „Schaugnmermal“).
    Bereits beim Öffnen des verschweissten Plastikschälchens mit einem schmalen und scharfen Messerlein entpuppte sich die Konsistenz des Silken Tofu als nicht stichfester denn vielleicht Creme Fraiche, Sauerrahm, oder bestenfalls Schmand. Und ich wollte den doch (mit einem kardamomgewürzten Weizen-und Maismehl-Panat) in kleinen Würfeln „crisp“ fritieren…
    Die Masse als Ganzes aus dem Container zu stürzen ging noch, aber das Zerschneiden ging schon nicht mehr. Man hätte wohl einen dünnen Draht oder so etwas nehmen müssen.
    Die aus meinen höchst sensiblen Bemühungen resultierenden Brocken und Bröckchen sahen sich das auf sie wartende Panat an und lachten mich aus; ja, sie weigerten sich sogar, es auch nur im Entferntesten anzunehmen.
    Wie ich den folgenden Fritierversuch dennoch unternahm, kann ich mir jetzt auch nicht mehr erklären; wollte wohl einfach nicht gleich alles wegwerfen.
    Das Ergebnis habe ich bereits oben in der ersten Zeile zusammengefasst.
    (Vielleicht hätte ich den ganzen, unberührten Block zuerst steamen sollen-?)
    Unverzagte liebe laienkulinarische Grüße
    -p

    Antworten
  2. Meine liebe …ich liebe deinen Blog…..und deine art zu kochen…und deine art hier die kulinarischen Köstlichkeiten aus allen Ecken dieser Welt zu zelebrieren…..ich verbeuge mich vor dir ……harry ??
    Eine frage noch …ich leide weil ich hier in Deutschland keinen zarten leckeren tofu bekomme….aber ich habe ein klitzekleines Thai-Restaurant….gefunden wo ich ein Gericht mit zartem gerösteten tofu bekomme…..nur wo soll ich für mich Zuhause einen guten Tofu finden…….harry

    Antworten
    • Hey Harry,
      herzlichen Dank für das Lob. Darüber freue ich mich sehr.
      Hast du in deinem Thai Restaurant mal gefragt, wo die ihren Tofu herbekommen? Vielleicht verraten sie es dir.

      liebe Grüße
      Claudia

      Antworten

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