Zwei Wochen wohnte ich fast neben dem Boeing Testgelände außerhalb von Seattle. Es war eine trostlose Gegend umso mehr, da ich mit zermürbender Regelmäßigkeit zwischen Drei und Vier Uhr in der Nacht aufwachte und an weiterschlafen nicht mehr zu denken war. Die einzige Freude am Morgen, der Blick auf die Olympic Mountains. Ich war nicht zum Spaß dort. Ich musste arbeiten. Nach fünf Tagen hatten meine Kollegen dort Mitleid mit mir und luden mich in ein Restaurant im Zentrum Seattles, ganz in der Nähe des alten Marktes, ein. Und dort aß ich den besten „Black Halibut“ meines Lebens. Da war ich dann plötzlich hellwach. Das andere woran ich mich erinnere, ist das Erdbeben. Da hockte ich dann zuerst unterm Schreibtisch, floh mit den anderen nach draußen und sah verwundert, wie die Bäume sich seltsam wiegten. Es war kein Laut zu hören. Selbst die Vögel waren verstummt. Ach ja, und es regnete kein einziges Mal in diesen zwei Wochen, was insofern bemerkenswert ist, da Seattle immer als Stadt mit dem höchsten Niederschlag bezeichnet wird.
So Seattle, und jetzt haben wir uns also wieder wiedergetroffen, also nicht so richtig, nur so ein bisschen, es gab auch keinen Schwarzen Heilbutt, aber dafür gab es Wein. Wein aus Washington State. Dass ich damals vor etwa fünfzehn Jahren Wein gehabt haben könnte, daran kann ich mich nicht erinnern.
Bestimmt hatte ich diesen, aber vermutlich eher erst im Flugzeug nach Hause, worüber ich endlos glücklich war, denn meine Startbahn war nicht dem Erdbeben zum Opfer gefallen. Mein Flieger war überhaupt einer der Ersten, die an diesem Tag Seattle verließen und somit lief ich auch als erstes einer Schar Reporter in die Arme, die in Kopenhagen beim Zwischenstop darauf lauerten, die Fluggäste aus Seattle zu befragen.
Also Seattle, kommen wir zum Wein.
Ich bin eingeladen vom Tourismusverband Seattle und es geht um die Weine aus Washington State, einem Gemeinschaftsprojekt mit einem deutschen Winzer und der Küche von Starkoch Ethan Stowell, der in Seattle mehrere Restaurants betreibt. Beginnen wir also mit Eroica. Nicht jenes Sinfoniekonzert von Beethoven, sondern dem „Joint Venture“ Eroica. Die Chateau Ste. Michelle Winery und der bekannte Winzer Ernst Loosen von der Mosel haben in Zusammenarbeit diesen Riesling entwickelt. Als Reminiszenz an die Weinphilosophie der Alten Welt in Verbindung mit den Reben der Neuen Welt, ist dieser Riesling unter den Top Hundert der Welt gelistet. Süße Limette und Mandarinen mischen sich hier im Geschmack mit einer feinen Mineralik. Zusammen mit einer Auster ist das ein fulminanter Auftakt.
Lange Zeit war ausschließlich Kalifornien für guten Wein bekannt, doch Washington holte auf. Mein Favorit des Abends (und kongenialer Begleiter des Lachses auf Maisgemüse) war der 2013 Chardonnay von Chateau Ste. Michelle. Er schmolz mir auf der Zunge dahin. Feine Noten von Holz und eine wuchtige Kraft, machten ihn zu meinem Liebling des Abends.
Ich mag es kräftiger, dagegen bin ich machtlos.
Und weil das alles so schön zusammen passt, meine Erinnerungen an Seattle, mein vielleicht bevorstehendes Wiedersehen mit Seattle, der schwarze Heilbutt und der Mais, habe ich einfach alles zusammen komponiert. Das mache ich gerne nach einem schönen Abend. Ich nehme mir ein Stück Erinnerung und packe die einfach auf meinen Einkaufszettel. Schwarzer Heilbutt war allerdings nirgends zu bekommen. Dann eben Zander. Und dazu den Eroica.
Das mit dem Mais ist eindeutig der Inspiration von Ethan Stowell geschuldet, der das Menü für den Abend kurzerhand ein wenig umdisponieren musste, weil der Zoll einige seiner wunderbaren mitgebrachten Lebensmittel einfach nicht einreisen ließ. Dafür kennt er jetzt aber den Viktualienmarkt. Und schwärmt davon. Kein Wunder, wer tut das nicht?
Zander mit Mais und Koriander-Kartoffelpüree
Für Zwei
300 g Zanderfilet mit Haut
1 TL Butter
Meersalz
400g Kartoffeln
1 Maiskolben
3 Rosenkohle
50 ml Sahne
100 ml Milch
1 ½ TL Butter
2 Zweige Koriander, die Blättchen fein gehackt
Salz
Den Mais säubern und mit einem Messer die Körner abschneiden. Den Rosenkohl in Blättchen teilen.
In einer Pfanne beides mit ½ TL Butter einige Minuten dünsten, 1 EL Sahne dazugeben und salzen. Beiseite stellen.
Die Milch mit der Sahne erwärmen und kräftig salzen.
Die Kartoffeln kochen, pellen und mit einer Gabel zerdrücken, die heiße Milch-Sahne unterrühren.
Mit dem Mais-Rosenkohl Gemüse und dem Koriander mischen.
In einer Pfanne die restliche Butter aufschäumen und den Zander auf der Hautseite anbraten. Die Temperatur reduzieren und den Zander vorsichtig umdrehen. Die Pfannen von der Hitze nehmen und den Zander noch eine Minute darin ruhen lassen. Mit Meersalz bestreuen.
Das Püree auf Tellern anrichten und den Zander darauf setzen.
[fblike showfaces=“false“ width=“450″ verb=“like“ font=“arial“ locale=“de_DE“]
0 Kommentare