Schönsein bei Sonnenschein kann jede Landschaft. Doch bei bedecktem, grauem Himmel offenbart sich die wahre, raue Schönheit, dann wenn der Horizont sich auflöst im Nebel, wenn die Farben düster werden. Wenn alles einen morbiden Charme bekommt.
Drei Tage strahlte die Sonne in Nova Scotia, die Blaubeeren leuchteten in den Feldern, doch dann schlug das Wetter um. Genau an jenem Tag, als es an die Küste Richtung Peggys Cove ging. Bestimmt wäre es auch zauberhaft gewesen bei Sonnenschein auf den großen, flachen Steinen zu sitzen, die Wärme dieser Steine zu spüren und das Kribbeln des Lichts auf der Haut zu spüren, doch bei grauem Himmel offenbart dieser Ort seine wirklich Magie. Alte Fischerboote liegen im Wasser, überall findet man alte Reusen, die dazu dienten die Lobster zu fangen, die leuchtend roten Hagebutten sind die einzigen Farbkleckse und das Ufer ist zwischen den Steinen gesäumt von Doldenblüten in gedämpften Farben.
Es gibt hier zu wenig Menschen
Damit sind nicht die Touristen gemeint, die tagein tagaus diesen Ort besuchen. Sie laufen über die Felsen, kaufen Andenken in den Souvenirläden und dann fahren sie wieder weiter. Was damit gemeint war, und wohlgemerkt, diese Aussage stammt nicht von mir, sondern von einem der hier lebt, ist, dass zu wenig Menschen hier in dieser Region leben. Die Jungen zieht es in die Städte. Die Gegend braucht aber genau sie. Und vielleicht ist das auch einer der Gründe, weswegen ich mich hier ein wenig fühle, als habe die Zeit angehalten. Überall auf der Welt haben es ländliche Regionen nicht gerade leicht. In Japan werden Familien, die bereit sind aufs Land zu ziehen ganz besonders gefördert.
Während ich aufs Wasser starre, stelle ich mir die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, hier so abgeschieden zu leben. Vielleicht würde ich meine eigenen Lobster fangen. Vielleicht würde das genügen. Sehr wahrscheinlich würde es das aber nicht.
Lobster Galore
Mein Ziel war es, jeden Tag in Nova Scotia Lobster zu essen. Ich hänge hinterher. Es gab Blaubeeren, Scallops, Pancakes, frittierten Haddock und Sandwiches. Aber keinen Lobster. Kaum bin ich hier in Peggys Cove, ist für mich sofort klar – hier muss ich Lobster essen. Fangfrischer Lobster in einem luftigen Brötchen, das mit flüssiger Butter bestrichen und dann getoastet ist, mit etwas selbstgemachter Mayonnaise und vielleicht noch ein bisschen frisch gemahlenem Pfeffer. Dazu einen Krautsalat und ein Gürkchen.
Das kleine rote Haus am Ortsanfang lockt mit seinen Lobster Rolls. Es ist verdammt lang her, dass ich eine gute Lobster Roll hatte. Ganz klar, ich muss jetzt und sofort eine probieren. Ich setze mich an einen der kleinen Tische vor dem Haus und warte geduldig auf meine Lobster Roll. Ich habe Zeit. Hier am Meer hat man immer Zeit. Doch lange muss ich nicht warten, bis die freundliche Dame mir meine „Classic Lobster Roll“ reicht. Üppig belegt mit richtig viel Lobster. Diese Roll ist pures Vergnügen. Eindeutig, es hat sich gelohnt, nicht im Hotel zu frühstücken.
Doch dass es noch besser geht, das lerne ich kurze Zeit später als wir, mit wir meine ich wunderbaren Blogger-Buddies* die mich auf dieser Reise begleiten, in einem kleinen Fischerort in ein eher unspektakuläres Restaurant kommen. Hier kommen die Einheimischen her, wenn sie guten Lobster wollen. Und das Lobster-Sandwich, das ich mir bestellt hatte, toppt alles bisher gegessene. Der Lobster ist noch aromatischer, noch raffinierter gewürzt. Er ist einfach umwerfend. Wen juckt es da, dass es ein wenig regnet, es gibt ja schließlich Schirme und man kann weiter dabei aufs Wasser schauen.
Ich habe mich in diese karge Landschaft verliebt, in die Holzhäuschen und das ruhige Meer. Und während ich das schreibe, muss ich daran denken, wie grandios es wäre, jetzt nochmal in so ein gegrilltes Lobster Sandwich zu beißen. Wenn ich mich anstrenge, dann kann ich es noch ein bisschen schmecken.
Adressen:
Shaws Landing (bestes Lobster Sandwich)
6958 Peggys Cove Road, West Dover, NS B3Z 3S8, Kanada
auf Facebook: Shaws Landing
Maritime Pasty Co.
110 Peggys Point Rd, Peggys Cove, NS B3Z 3S2, Kanada
auf Facebook: Lobster Lane & Dee Dee’s Icecream
Offenlegung: zu dieser Reise wurde ich eingeladen von der Wild Blueberry Association Nova Scotia. Die Eindrücke sind meine eigenen.
Wie immer wunderschöne Fotos. Mit Lobster kriegt man mich immer. Eine Freundin hatte an der amerikanischen Ostküste eine Gastprofessur. Einmal pro Woche schickte sie mir eine Karte mit Lobster jeder Art und Rezeptur. Es war eine Qual.
Ja, manchmal kann Einsamkeit sehr schön sein. Aber ich bin vom Landei zur Großstädterin mutiert und könnte mir nicht vorstellen, da zu leben. Aber ein paar Wochen Urlaub…
Liebe Thea,
wie wunderbar! Ich würde mich auch über Lobster-Karten freuen. Was für eine schöne Qual.
Und ja, ich sehe es wie du. 6 Wochen wären prima in der Einsamkeit. Zum Buchschreiben vielleicht.
Liebe Grüße
Claudia