6. November 2014

ganz nah dran ist es am schönsten..

6 Kommentare

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Einmal ganz dicht dran sein. Am Herd, am Pass, einfach da wo alles passiert. „Chef’s Table“ – so wird der Tisch genannt, der in der Küche steht. Wo Freunde und besondere Gäste des Küchenchefs bekocht werden. Wo keine sanfte klassische Musik ertönt, sondern das geschäftige Treiben der Küche. Hier kann man mitbekommen, wie gezaubert wird, wie angerichtet wird und erlebt Freud und Leid der Köche hautnah mit. All das eben, was einem sonst im Gastraum vorenthalten bleibt. Und das in einer Messehalle? Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu. Meterhohe Decken, wenig schmeichelnde Beleuchtung, viel Improvisation. Diesen Mut hat Wolfgang Ponier. Dem vielseitigen Küchenchef und Ausbilder gelingt es nicht nur namhafte Sterneköche von überall ins beschauliche Dornbirn im österreichischen Vorarlberg zu locken, sondern auch, dass sämtliche der Chef’s Table Sessions im Nu ausverkauft sind.

Ich darf mit dabei sein. Und so düse ich am Samstag nachmittag über die Autobahn in Richtung Bodensee. Ich fahre ein wenig früher, denn ich will noch ausreichend Zeit für die „Gustav“ haben, wo sich alles versammelt, was das Leben schöner macht. Weinbauer sind da, Schnapsbrenner, Kaffeeröster, aber auch Keramik, Lederwaren und Käse. Eine fröhliche Mischung. Es ist voll und bedarf einer wilden Entschlossenheit, sich hier mit ins Getümmel zu werfen. Noch dazu, wo draußen spätsommerliche Temperaturen locken und ein strahlend blauer Himmel. Das beeindruckt die Vorarlberger überhaupt nicht. In Scharen sind sie gekommen.

Ich kämpfe mich tapfer zu den Weinständen durch, mache ein paar schöne Entdeckungen, doch es dauert nicht lange, da zieht es mich zu der kleinen Zwischenhalle, wo die lange Tafel und die Küche aufgebaut ist. Hier wird schon gegrillt, gebrutzelt und fröhlich gefuttert. Zwischendurch immer wieder fröhliche Geschäftigkeit eines Ameisenhaufens, dann wenn der nächste Gang angerichtet wird. Da hält es die Gäste nicht auf ihren Stühlen, da wollen alle ganz dicht dran sein. Darum geht es ja. Dass Wolfgang Ponier Stress hat, ist nicht zu übersehen, er ist überall. Aber er strahlt. Es läuft.

Gerade rockt Mathias Seidel vom Arlberg Hospitz Hotel die Kochbühne. Gernot Bischofsberger vom Grandhotel Belvédère in Davos war schon dran, Johann Lafer von der Stromburg kommt morgen. Tom Heinzle, Grillkönig und Vizeweltmeister ist gleich mehrmals am Start. Ich warte auf Dieter Koschina. Der kocht normalerweise in der Vila Joya an der portugiesischen Algarve und ist mit nicht weniger als zwei Michelin Sternen dekoriert. Ganz große Küche also – ganz große Vorfreude.

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Bis der Tisch wieder neu eingedeckt ist, gibt es einen Cocktail an der Bar. Mit einem strahlenden Lächeln serviert. Der beste Auftakt, den man sich wünschen kann. Wir sind ein wenig in Verzug, doch so richtig kümmert das hier keinen. Dann trinkt man eben noch ein Gläschen und redet miteinander. Ich bin allein gekommen und rede einfach mit. Die Vorarlberger sind da nicht nur gleich beim Du, sondern auch ganz besonders herzliche Menschen. Ich bin die Claudia. Schön!, setzt dich zu uns Claudia. Natürlich bin ich auch neugierig, was für Menschen es sind, die es hier auf diese Veranstaltung zieht. Sind das jetzt eher so die vornehmen „Ich-esse-nur-Sterneküche“ Typen oder eher lockeres Volk? Direkt neben mir sitzt ein junger Mann, der schon an der Algarve bei Dieter Koschina gegessen hat. Er hat seinen Papa mitgebracht. Der soll das auch mal erleben. Auf der anderen Seite eine bunte Mischung. Viele aus der Gegend, die ihren „Dieter“ scheinbar auch schon kennen, was nicht verwunderlich ist, denn Koschina stammt aus dem Vorarlberg. Natürliche, freundliche Menschen, die sich auch nicht daran stören werden, wenn man ihren Teller fotografiert.

Das Menü wird eröffnet mit einer Erdnuss. Einer was? Was auf dem winzigen Tellerchen liegt, ist keine Erdnuss, es sieht nur so aus. Es knackt ein bisschen beim Draufbeißen, ist dann cremig, salzig und tatsächlich ein bisschen erdnussig. An der Anrichte Station wird konzentriert der nächste Gang vorbereitet. Eine Praline von der Entenleber mit Apfel gefolgt von einem Cornetto mit Lachs und Tobiko Kaviar. Das ist alles noch das Vorspiel. Auch das Mais Cannelloni. Richtig zur Sache geht es mit dem Kaviar auf Tortilla, einem Reischip mit Steinpilz und einer Champagnersuppe zum Niederknien. Ich verfolge das Anbraten der Langoustinen für den nächsten Gang und stelle fest, dass die Zeit hier wie im Flug vergeht. Hübsch sind sie, die Langoustinen, die gleich mit einem Grapefruitschaum und einem Algensalat auf den Tisch kommen werden.

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Die Spannung baut sich weiter auf, als drei üppige Trüffel aus Alba präsentiert werden. Jeder darf mal schnuppern und vorfreudige Gänsehaut kriegen. Großzügig werden sie über ein eineinhalb Stunden Ei (Sous-vide) mit Petersilienschaum und Cavolo Nero gehobelt.

Beim nächsten Gang, einem Lammlachs mit Senfkruste liegt der der eigentliche Hauptdarsteller auf einem Tellerchen daneben. Ein Rösti, das mit Lammbauch und Filet gefüllt wurde und über das wir alle am Tisch in Begeisterung ausbrechen. Dazu Wein aus der riesigen Flasche und ein Service, der dem Anspruch der Speisen mehr als gerecht wird.

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Das Dessert esse ich mit ganz besonderer Andacht. Ich habe live miterlebt, wie die kleinen Himbeeren ihre knusprige Hülle erhielten und auch den Schmerz als dem jungen Koch, die glühend heiße Textur auf die Finger spritzte. Er hat tapfer gelächelt.

Eine Arie aus Sponge Cake, Lychee Sorbet und weißer Schokolade in Form von Korallen beendet das köstliche Mahl. Dieter Koschina setzt sich zu uns auf ein Glas Wein. Alle haben wir ein Lächeln im Gesicht. Das freut ihn.

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Dieter Koschina von der Vila Joya

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Im Hintergrund geht es schon wieder weiter. Es wird noch einen Late Night Chef’s Table geben. Auch Wolfgang Ponier ist wieder mittendrin.

Das mit Licht und der Halle ist noch nicht optimal, meint er. Da müsse man noch dran arbeiten. Ich für meinen Teil finde alles optimal an diesem Abend. Das Essen, der Wein und nicht zuletzt die hinreißende Tischgesellschaft und eben genau die Guerilla Atmosphäre. Genau so weitermachen, bitte.

Im nächsten Jahr bin ich wieder mit dabei, wenn die Sterneköche auf der Gustav zu Tisch bitten.

Mehr Informationen zur Gustav und den Chef’s Tables:

Gustav: http://www.diegustav.com/ Sa 24. bis So 25. Okt. 2015

Internationaler Salon für Konsumkultur

Chef’s Table: http://www.diegustav.com/besucher/programm/chefs-tables.html

 

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6 Kommentare

  1. Das liest sich sehr spannend und sieht auch so aus – die Atmosphäre dort stelle ich mir ganz besonders vor.

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    • Falls du nächsten Herbst also mal quer durch die Republik reisen magst…. ;-)
      Aber glücklicherweise gibt es ja auch in Berlin ganz tolle Feste.

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  2. Sehr schön, sehr lecker und großartig.
    Ich weiß, es ist etwas pingelig aber der Chef’s Table ist eher der Tisch an dem sich die Küchenbrigade (Demi chef, chef de partie etc.) zum Essen niedergelassen haben. Ein Ort des gemeinsamen Essens, Vorbereitung auf den zu erwartenden Ansturm oder Enstspannung nach diesem oder auch ein Ort der Kreativität und des Austauches.

    Trotz alledem…. wunderbar.

    Herzlichen Gruß

    Thomas

    Antworten
    • Ach was, das ist gar nicht pingelig. Du hast ja recht – genau dafür war er gedacht. Und gute Freunde des Hauses durften sich irgendwann mit dazu setzen. Wir sind uns ja absolut darin einig, dass es der spannendste Ort ist.
      liebe Grüße
      Claudia

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  3. Liebe Claudia,

    das sieht ganz fantastisch aus und liest sich noch besser!
    Schade, dass wir es heuer „nur“ auf die Messe geschafft haben und auf die Chef’s Tables verzichten mussten – und schade auch, dass wir uns nicht über den Weg gelaufen sind! Aber es gibt ja vielleicht ein nächstes Jahr :)

    Viele Grüße
    Caro

    Antworten
    • Vielen Dank, liebe Caro
      ganz bestimmt klappt das im nächsten Jahr. Echt schade, dass wir uns verpasst haben. Dann machen wir ein Blogger treffen auf der Gustav.
      Freu mich!

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