15. August 2014

Weißwurst und Brezn selber machen – Initiationsritual für eine „Zuagroaste“

1 Kommentar

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Das Glück ist eine ofenwarme Breze und eine Schüssel voller frischer Weißwürste

Ich habe sie über die Landesgrenzen gebracht, habe sie nach dem obligatorischen Zwölf Uhr Läuten verspeist und es als meine heilige Mission betrachtet, der besten Weißwurst Münchens hinterher zu jagen. Sie ist schon ein köstliches kleines Stück Glück, wie sie da auf dem Teller liegt. Und zusammen mit einer Breze und einem frischen Weißbier ist sie das wohl am meisten beachtete bayerische Kulturgut. Mahlzeit!

Und daran wage ich mich nun heran. Das tue ich natürlich nicht daheim in der Abgeschiedenheit meiner Küche, sondern in den Hermannsdorfer Landwerkstätten. Hier in Glonn, vor den Toren Münchens, hat sich Karl Ludwig Schweisfurth bereits 1986 der ökologischen Landwirtschaft zugewandt und das Gut Hermannsdorf aus der Wiege gehoben. Heute kennen viele seine glücklichen Schweine, trinken sein vorzügliches Bier und kaufen in den Hermannsdorfer Läden, die es an vielen Orten in München gibt, Fleisch bei dem man kein schlechtes Gewissen haben muss.

In der frisch renovierten Genusswerkstatt werden neuerdings auch Kurse angeboten. Hier kann man lernen, wie man eine gute Bratwurst selber macht oder wie Brot und Brezen ohne Zusätze ganz einfach hergestellt werden können. Und eben auch wie Weißwurst gemacht wird. Zusammen mit meinen Bloggerfreunden Petra, Harald und Dorothée begebe ich mich auf eine Landpartie. Die Sonne lacht, der bayerische Himmel erstrahlt in royalem Blau und kaum sind wir auf dem Hof angekommen, möchte ich schon eines der getupften Ferkel vom Schwäbisch-Hällischen adoptieren. Neugierig trabt es mir in dem offenen Stall entgegen und reckt mir seine feuchte Schnauze entgegen. Ich würde dich gerne streicheln, denke ich. Doch die Gesundheit der Tiere ist hier oberstes Gebot, daher hüte ich mich davor. Dies ist schließlich kein Streichelzoo.

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v.l. Metzgermeister Johannes Kratzer, Bäckermeister Mike Plötzl und Braumeister Alfred Riedl

Dann geht es unter Anleitung von Metzgermeister Johannes Kratzer auch schon zügig zum Wursten. Speck wird gewolft (mein Lieblingsjob), Gewürze gewogen und alles zusammen mit dem „Warmfleisch“ in den Kutter geworfen. Warmfleisch ist schlachtfrisches Fleisch, welches ohne Phosphatzusätze verarbeitet werden kann. Eigentlich macht also der Kutter die ganze Arbeit und das Brät bekommt immer wieder Eis zugeführt, damit das Eiweiß im Fleisch nicht gerinnt. Ich hacke derweil Petersilie und koste schon mal das Bier.

Wie die Herstellung der Weißwurst ohne die technischen Möglichkeiten von heute früher abgelaufen ist, wage ich mir kaum vorzustellen. Das war Knochenarbeit. Und ich erfahre auch eine neue Version, weswegen eine Weißwurst nie das Zwölf Uhr Läuten hören sollte. Die Weißwurst war dereinst eher ein Essen der Arbeiter. Diese sollten bis zur Mittagszeit aus den Wirtshäuser wieder draußen sein, damit die gehobene Bürgerschaft, die ja mehr bezahlen konnte, zum Mittagessen ihren Platz bekommen sollte. Leuchtet ein irgendwie.

Beim Breznteig hilft uns die Küchenmaschine. Ein ebenfalls probates Hilfsmittel ist das  gute alte Handrührgerät. Das wichtigste ist eh das Bearbeiten des Teigs mit den Händen. Hier muss der Kleber im Weizen gut ausgezogen werden. Bäckermeister und Leiter der Hermannsdorfer Bäckerei Mike Plötzl zeigt uns wie das geht. Ist ein zäher Teig und da schau ich dann auch gerne zu, wie die Adern im Unterarm vom Hermannsdorfer Braumeister Alfred Riedl ordentlich anschwellen.

Das mit dem Drehen ist eigentlich auch ganz einfach – wenn man ungefähr 10 vergebliche Anläufe gemeistert hat. Irgendwann sieht das vor mir dann auch wie eine Breze aus.

Während die Brezen noch ein wenig ruhen dürfen vor ihrem Bad in der Lauge, füllen wir das Wurstbrät in den Darm. Abdrehen und fertig. Sehnsüchtig harren wir dem Vertilgen entgegen. 12 Minuten sind die Brezen im Ofen. Diese Zeit kann man nutzen, die Gläser mit dem süßen Senf zu öffnen und ein frisches Bier einzuschenken.

Sie sind herrlich, unsere selbstgemachten Weißwürste, die Brezen sind warm und knusprig. Glücklich und satt setzen wir uns an die Sonne und atmen tief die würzige Landluft ein. Später führt uns Gudrun Schweisfurth noch über den Hof und zeigt uns die Schweine, die in glücklicher Eintracht mit den Hühnern leben. Die niedlichen Esel interessieren sich gar nicht für uns. Alles wirkt hier tiefenentspannt und überall wachsen wilde Kräuter. Es ist ein kleines Paradies und als wir in die Stadt zurückfahren fühle ich mich ein bisschen wie im Urlaub. Dabei war ich wirklich fleißig. Und bin an diesem Tag ein bisschen mehr mit Bayerns Traditionen vertraut geworden.

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Bloggerfreundin Petra hat nach der getanen Arbeit sichtlich ihren Spaß.

Und wer jetzt auch Lust bekommen hat mal richtig gute Landluft zu schnuppern, oder selbst mal Wurst machen möchte, der findet alle Informationen über die Hermannsdorfer Landwerkstätten hier:

Herrmannsdorfer Landwerkstätten Glonn GmbH & Co. KG
Herrmannsdorf 7
D-85625 Glonn
http://www.herrmannsdorfer.de

1 Kommentar

  1. Sehr sehr schöner Bericht… Weißwurst selber machen wäre ja auch mal was. Jetzt brauchen wir nur noch einen Kutter… :-) Meine Küche wird zu klein.

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