Vegetarische Köstlichkeiten

Der lang ersehnte Nachfolger zu »Genussvoll vegetarisch«
Autor Yotam Ottolenghi
Verlag DK
Erscheinungsdatum 2014

Aufregende Gemüseküche mit orientalischem Twist.

Das erste Kochbuch von Yotam Ottolenghi, das ins Deutsche übersetzt wurde, war eigentlich schon sein Zweites. Als einer der ersten widmete er sich ganz der aufregenden Kombination von orientalischen, mediterranen und asiatischen Aromen und hatte damit riesigen Erfolg. Es folgte das vielgerühmte Buch „Jerusalem“, welches er zusammen mit Sami Tamimi geschrieben hatte. Ottolenghi wuchs im jüdischen Teil Jerusalems, Tamimi im arabischen Teil auf  – gemeinsam suchten nach den kulinarischen Wurzeln ihrer Kulturen.

Nun ist also die Fortsetzung des vegetarischen Kochbuchs erschienen und es ist zu erwarten, dass es ähnlich erfolgreich wird wie sein Vorgänger. Weil der Originaltitel „Plenty more“ sich nicht wirklich gut übersetzen lässt, hat man ihm den Titel „Vegetarische Köstlichkeiten“ gegeben. Das hilft sicherlich, es im Buchladen in die richtige Ecke zu platzieren, wird ihm aber nicht so wirklich gerecht, denn Ottolenghi selbst wollte nie Vegetarier sein. Er liebt einfach Gemüse. In seiner ganzen Vielfalt. Mehr noch als Fleisch und die geliebten Würste, sind es Zitrusfrüchte, Rüben und die Pflanzen und Kräuter des Mittelmeerraums, die ihn inspirieren. Wo er in mutiger Cross-Over Manier Aromen aus den verschiedenen Küchen kombiniert. Asien trifft Orient und feiert in Italien ein Fest. So könnte man die Küche von Ottolenghi am besten beschreiben. Er will also nicht zu fleischfreiem Genuss aufrufen, sondern will einfach nur mit Aromen begeistern.

In der Art, wie das neue Buch aufgemacht ist, ist er seiner Art treu geblieben. Jedes Mal, wenn ich mir die Bilder anschaue, höre ich den Appell meiner Mutter „Sitz aufrecht, Kind!“. Gefühlt hänge ich hier in minimalem Abstand über dem Teller. Kann es förmlich riechen, noch einen Zentimeter weiter und die Nase hängt im Essen. Die Bilder in diesem Buch brauchen Raum. Stets eine ganze Seite. Und weil das mit dem „nah-dran“ irgendwie wild und ein bisschen wollüstig ist, reißt es mich sofort in seinen Bann.

Noch am gleichen Tag, an dem ich das Buch bekommen habe, wird es gespickt mit Lesezeichen. Grundsätzlich schreibe ich auch immer gerne Kommentare in Kochbücher, male etwas dazu oder vermerke mir Hinweise. So etwas nach Jahren mal wieder zu lesen macht großen Spaß.

Was an dem Buch sofort auffällt ist, dass auf den klassischen Aufbau verzichtet wurde. Zuerst ein paar Häppchen, dann ein Salat, ein Süppchen, Hauptgang, Dessert – Pustekuchen. Auch das erinnert daran, dass es hier nicht darum geht, einen Vegetarier mit Menüvorschlägen glücklich zu machen. Hier geht es um Zubereitungsarten. Schnelles Mischen, sanft dämpfen, Blanchieren, Schmoren, Grillen, Braten & Frittieren, Pürieren und Gratinieren. Nur das Kapitel „Süß und Fruchtig“ hat da wohl nicht so ganz reingepasst. Macht aber nichts. Damit sind die Desserts wieder am Ende des Buches. Gerade diese Aufteilung der Kapitel ist es, die es so lustvoll macht, in diesem Buch zu blättern. Je nach Laune kann ich mich entscheiden. Der Ofen ist bereits mit einem anderen Gang oder Gericht belegt? Prima, dann eben aus dem Topf. Das Buch lädt dazu ein, sich von der klassischen Menüfolge zu lösen. Alles auf einmal oder schön hintereinander. Ganz wie es beliebt. Eines fällt allerdings auf – die Menge an Zutaten für ein Gericht kann nicht wirklich als klein und kompakt bezeichnet werden. In der Regel darf man hier bei Kräutern und Gewürzen aus dem Vollen schöpfen. Unter zehn Zutaten geht hier wenig.

Nachdem ich ja von ihm erfahren habe, wie sehr ihm die Zitrusfrüchte am Herz liegen, ganz besonders die Zitronen, habe ich darauf geachtet. Richtig – er hat ihnen wirklich einen besonderen Raum gegeben. Sei es beim Zitronenreis mit Curryblättern, beim Tomatensalat mit gerösteter Zitrone, bei den pikanten weißen Rübchen, wo eingelegte Zitrone dazu kommt oder beim Rosenkohl-Risotto. Hier wandert gleich die ganze Schale in den Topf. Es gibt viel Grapefruit, Pomelo und auch Yuzu  – eine asiatische Verwandte der Zitrone – und Orangen. Auffallend auch, wie sehr es ihm die Linse angetan hat. Die tritt sowohl elegant und frisch als Zutat für Salat in Erscheinung, wie auch als Basis für seidige Suppen.

Dass ihm das mit dem Kombinieren der unterschiedlichen Länderküchen gut gelingt beweist er gleich beim ersten Gericht, das ich nachkoche. Thailändische Rote Linsensuppe mit einem selbstgemachten Chili-Gewürzöl. Die ist feurig, raffiniert und herrlich samtig. Genau das richtige für so einen grauen Tag. Als nächstes steht der Rosenkohl mit Pomelo auf den Plan.

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