16. Oktober 2016

Einstimmung auf Japan mit herbstlicher Miso Ramen Soup und wie es ist, wenn man plötzlich ohne Geld am Gate steht

4 Kommentare

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Da war dieses vorfreudige Kribbeln, als endlich der letzte Punkt von der Liste gestrichen wurde. Müll raustragen – erledigt. Die Koffer stehen schon fertig gepackt neben der Eingangstür. Die Handtasche ist gepackt, wichtige Dokumente vorne, Buch und Kopfhörer im Hauptfach. Alles schon hundert Mal gemacht. Am Vorabend nochmal den Kühlschrank durchforstet, genau wie geplant. Der kleine Butternutkürbis musste noch weg, ein paar Frühlingszwiebeln und die Hühnchenbrust. Ich zelebriere die letzte Misosuppe, mit dem allerletzten Löffel weißem Miso, dann ist auch diese Packung leer. Schließlich gibt es ja bald Nachschub. Ein Grund, weswegen Kyoto das erste Ziel auf meiner Japan Route sein wird. Kyoto ist berühmt für sein weißes Miso. Es ist süß und doch würzig.
Und während ich meine letzte Suppenschüssel vor der Reise löffle, sehe ich schon die die Märkte vor mir, die Misoläden, wo es offen in Holzbottichen verkauft wird. Kombu Algen werde ich dieses Mal auch mitnehmen.
Am Vormittag habe ich noch etwas Zeit um etwas einzukaufen, auch das war genau so geplant. Kurz nach Mittag werde ich abgeholt. Freunde bringen mich zum Flughafen. Wir sitzen auf dem Balkon, trinken ein Glas Prosecco, dann geht es los. Umarmungen am Flughafen, keine Schlangen am Check-In Schalter, mit einem strahlenden Lächeln schiebe ich meinen Pass über den Counter. Sicherheitskontrolle. Alles zügig. Ich habe Lust, mir noch etwas Schokolade für den Flug zu kaufen, was ich eigentlich am Vormittag hätte machen können und wofür ich nun sicherlich mehr bezahlen müsste. Egal – ich bin Hochstimmung. Ich reise nach Japan!
Zusammen mit ein paar Zeitschriften stehe ich an der Kasse, die Bordkarte wird eingescannt. Elf Euro (in diesem Moment muss ich schmunzeln, denn ich kaufe mir immer irgendwelche Zeitschriften, die ich dann oft schon im Flieger vergessen habe). Das Schmunzeln gefriert in dem Moment, als ich bemerke, dass der Geldbeutel nicht in meiner Tasche ist. Hektisch werfe ich den gesamten Inhalt auf den Tresen. Ladekabel, Powerbank, Buch, Handy, Dokumente, Reisepass – aber kein Geldbeutel. Es ist der Moment, wo sich das Gesichtsfeld plötzlich verengt, wo das Hirn fieberhaft arbeitet, der Mund trocken ist und alle Gedanken nur noch um die Frage kreisen – wo in aller Welt ist dieser verdammte Geldbeutel?
Hektisch krame ich das Handy raus, meine Finger zittern. Ich bin kaum in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Was soll ich tun in diesem Moment? Es erscheint mir unmöglich, dass mir der Geldbeutel gestohlen wurde, völlig ausgeschlossen, dass ich ihn zuhause habe liegen lassen. In knapp zwei Stunden startet mein Flieger. Der Koffer ist ja bereits eingecheckt. Soll ich fliegen, ohne Bargeld, ohne Kreditkarte? In Japan ankommen und nicht mal ein Busticket kaufen können? In meinem Kopf läuft ein Film ab. Ich müsste zu einer Botschaft. Es gibt keine Botschaft in Kyoto. Die ist in Tokio. Alle möglichen Optionen schießen in diesem Moment durch meinen Kopf. Wie lange würde es dauern, im Ausland eine Ersatzkarte zu bekommen? Verzweifelt google ich nach einer Hotline des Kreditkartenanbieters. Doch was soll ich sagen? Sie ist ja nicht gestohlen oder verloren? Sie liegt zuhause, wo auch immer. Es hilft alles nichts, sämtliche Möglichkeiten führen ins Ungewisse. Will ich das wirklich ernsthaft ausprobieren, wie es ist, wenn man in Kyoto ohne einen Pfennig Geld in der Tasche ankommt? Nein, das will ich nicht. Man verzeiht vieles, aber die eigene Schussligkeit nagt am allermeisten. Würde ich es noch schaffen, wenn ich jetzt sofort aus dem Terminal stürme, mich in ein Taxi setze, mich nach hause fahren lasse, den Geldbeutel suche (ich habe da genau drei Möglichkeiten analysiert) und sofort wieder herbringen lasse? Es ist wie immer Stau auf dem mittleren Ring und die Autobahn sieht wegen Baustellen auch nicht viel besser aus. Die Antwort ist NEIN. Ich würde es nicht schaffen. Ich habe nur noch eine einzige Option. Umbuchen. Ich haste zum Schalter am Gate. Erkläre meine Situation. Wäre es möglich einen Tag später zu fliegen? Gleicher Flug, gleiche Zeit? Ja, wäre es – es kostet natürlich Umbuchungsgebühr. Verdammt. Meine Frustration steigt ins Unermessliche. Wieso nur habe ich nicht nochmal alles kontrolliert? Diesen Vorwurf wiederhole ich gefühlt tausend Mal. Es hilft nichts, der Koffer muss ausgeladen werden. Ich habe nicht mal Geld für die S-Bahn nach Hause. Eine liebe Freundin erbarmt sich und holt das Häufchen Elend, das vor dem Terminal neben ihren zwei Koffern sitzt wieder ab. Und sie sagt den entscheidenden Satz: Was, wenn du das erst bei deinem Zwischenstop in Dubai bemerkt hättest?
Ja, genau. Dann wäre ich vermutlich noch panischer gewesen.
So kläre ich also alles am Ticketschalter, werde umgebucht auf 24 Stunden später und fahre nach Hause. Gehe nicht auf Los. Mensch ärgere dich nicht!
Der Geldbeutel lag dann auf dem Beifahrersitz im Auto in der Garage. Es gehört schon ein nicht unbeachtliches Maß an Schusseligkeit dazu, ihn genau dort liegen zu lassen. Trotzdem bekommt er einen Kuss, als ich ihn in der Hand halte.
Vermutlich hat jeder Reisende so seine Rituale vor dem Abflug, wenn alles nochmal kontrolliert wird. Meine haben seit diesem Tag eine neue Sicherheitsstufe erreicht (Mama meint, mein Opa hätte sich darüber gefreut, der hatte auch einen leicht zwanghaften Hang, alles fünfmal zu kontrollieren).

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Der Garten am Meji Schrein in Tokio.

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Herbstliche Miso Ramen Suppe mit Butternutkürbis und Hühnchen

Für Zwei
100 g schwarze Reisnudeln
1 kleiner Butternut Kürbis
4 Frühlingszwiebeln
6 Shiitake Pilze
1 halbe Hühnchenbrust
1 TL Togarashi (japanische Gewürzmischung, bekommt man im Asia Markt)
1 TL schwarzer Sesam
1 EL Öl
600 ml Wasser
3 EL weißes Miso
1 TL Instant Dashi (eine Mischung aus Kombu Algen und Bonitoflocken)
2 TL Mirin (japanischer Reiswein, alternativ Sherry)
½ Bund frischer Koriander
Salz
2 Wachteleier (2 min gekocht)

1. den Butternutkürbis schälen, halbieren, mit einem Löffel entkernen und würfeln.
2. die Pilze in Streifen schneiden, dabei den Stiel abschneiden und entsorgen. Die Frühlingszwiebeln in Röllchen schneiden.
3. In einer kleinen Pfanne 1 EL Öl erhitzen und den Butternutkürbis anbraten. Mit dem Mirin ablöschen und bissfest garen. Leicht salzen. Warm stellen.
4. In die gleiche Pfanne das restliche Öl geben und die Pilze mit den Frühlingszwiebeln anbraten.
5. Die Reisnudeln nach Packungsanweisung kochen und abseihen. Auf die Schüsseln verteilen.
6. In einem Topf das Wasser mit dem Miso und dem Dashi erhitzen und die Hühnchenbrust darin 6 – 7 Minuten garen lassen. Die Brühe sollte dabei nicht kochen sondern nur sieden. Das Hühnchenfleisch herausnehmen und in Streifen zupfen. Die Brühe kosten und nach Bedarf noch etwas Miso zufügen. Sie sollte würzig schmecken.
7. Das gezupfte Fleisch in die Schüsseln geben. Daneben den Kürbis mit den Pilzen anrichten und alles mit der heißen Brühe übergießen.
Mit Koriander, Sesam und Togarashi bestreuen und die gekochten und halbierten Wachteleier darauf legen.

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4 Kommentare

  1. Oh man, dies wäre mein persönliches Horrorszenario. Wenn ich fliege, dann kontrolliere ich alles mehrfach und trotz alledem vergesse ich hin und wieder einmal was.
    Bisher waren es nur Kleinigkeiten, die ich vergessen hatte, aber Geld oder Kreditkarte wäre eine Katastrophe und ich würde durchdrehen.

    Lieben Gruß
    Toto

    Antworten
    • Lieber Toto, das Wort Horrorszenario trifft es ziemlich genau auf den Punkt. Das Schlimmste ist die Wut auf sich selbst. Aber die vergeht. Bin halt einen Tag später geflogen.
      Liebe Grüße
      Claudia

      PS: Shampoo hab ich auch vergessen. Aber das kann man ja zum Glück kaufen. ;-)

      Antworten
  2. Boah, ich bekomme ja schon Herzrasen, wenn ich das lese!
    Aber du hast es gut gemeistert! Ich bin schon auf deine Japanposts gespannt. Japan liegt auch ganz oben auf meiner Reisewunschliste <3!

    Liebe Grüße
    Lena

    Antworten
    • Liebe Lena,
      Ja das war ein Krimi. Aber jetzt bin ich hier und später geht es auf den berühmten Nishiki Markt.
      Liebe Grüße
      Claudia

      Antworten

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