1. Dezember 2016

[Südkorea] Seoul, Mingles – Mingoo Kangs umwerfende „new asian cuisine“

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Zwei Tage bin ich eingetaucht in die Märkte von Seoul, habe Teigtaschen in allen Variationen gekostet, habe kein Kimchi, kein Bulgogi ausgelassen und nun erst einmal genug davon. Also nicht, dass ich mich daran überessen hätte, es ist nur so, dass ich irgendwie Sehnsucht verspürte. Ich war seit über drei Wochen unterwegs und begann, meine Freunde daheim zu vermissen. Es nagte, kein so ein Nagen, das mit einem kleinen Pfannkuchen aus Mungbohnen wegzuwischen war.
Es saß tiefer.
Hinzu kam, dass eine sibirische Kälte über Nacht über die Stadt hergefallen ist. Zum ersten Mal strahlender Sonnenschein, aber eisige Temperaturen. Ich brauchte Seelenfutter. Und da kam Mingles ins Spiel. Natürlich war ich vorbereitet, als ich Seoul erreichte, wusste genau wo, was, und vor allem wer die kulinarischen Hotspots der Stadt waren. Einer davon heißt Mingles. Das Restaurant von Mingoo Kang, das vor gut eineinhalb Jahren eröffnet wurde, rangiert auf der Liste der besten Restaurants Asiens auf Platz 15. Der Plan hieß also Mingles.
Mit der U-Bahn fuhr ich in den noblem Stadtteil Gangnam. Breite Straßen, edle Geschäfte, sogar der Himmel schien blauer, als im restlichen Teil Seouls. Ich hatte keine Reservierung, ich musste also auf die „Show-Up“-Karte setzen, was angesichts von Jeans und Fleecejacke sicherlich ein nicht leichtes Unterfangen werden würde. Gut, es war Lunchzeit, trotzdem war alles, was in meinem Koffer als elegant durchgehen könnte, entweder dreckig oder viel zu dünn für dieses Wetter. Es hing also alles an meinem Lächeln und der freundlichen Bitte, einen Platz zu bekommen.
Und ich bekomme einen Platz. Sogar einen ganz tollen Platz, direkt vor der Küche. Hätte ich wählen können, ich hätte keinen anderen Platz gewollt.

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„New Asian Cuisine“

Was genau verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung? Ich stelle mir traditionelle Zutaten vor, jedoch auf neue, unkonventionelle Art interpretiert. Ich wähle das Lunch Menü mit Getränkebegleitung. Zum Auftakt bekomme ich ein Glas Champagner. Die Sehnsucht und das Heimweh werden besänftigt, sie trollen sich und überlassen dem Genuss das Spielfeld.
Als zusätzliche Aufmunterung schickt die Küche, also die winzig kleine Küche, die ich direkt vor mir sehe, ein kleines Glas mit koreanischem Kombucha, getoppt von einer Creme mit dezentem Räucherfisch Geschmack und einem kleinen Fischcake. Eine kühne Kombination, frisch säuerlich, mit deutlichen Fermentationsaromen trifft auf rauchige Noten. Weiter geht es mit einem gefüllten Ei. „Sein Signature Amuse“, flüstert mir der Kellner mit einem wohlwollenden Zwinkern zu. Und ja, nachdem ich den kleinen Löffel darin versenkt habe und ihn dann auf meiner Zunge platziert habe, verstehe ich warum. Eine geradezu überirdisch luftige Creme, deren zarte Aromen sich in mehreren Schichten vor mir öffnen, füllt meinen Mund. Am liebsten hätte ich diese Köstlichkeit sofort noch dreimal bestellt, aber es geht schon weiter mit der dritten Aufmerksamkeit aus der Küche; eine Stück frische Feige auf einem herbstlichen Pesto mit Süßholz. Auch das wieder wunderschön präsentiert in einer Schale gefüllt mit schwarzen Bohnen.
Was mir außerdem besonders gut gefällt ist, dass man hier nur lauwarmes Wasser serviert. Nichts, erschreckt die Zunge. Alles ist harmonisch.
Und weil vier Amuse immer besser sind als drei, bekomme ich noch ein bisschen rohen Fisch auf einem zitronigen Gelee.

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Gerichte: Korean Kombucha mit Räucherfischcreme (mitte oben) Egg custard (mittlere Reihe links, koreanisches Sashimi (rechts), Jacobsmuschel mit Yams (unten links), Vanilla Dumpling (mitte), Silver Cod mit Miso Schaum (rechts)

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Gerichte: Feige mit herbstlichem Pesto (oben rechts), Pralinenvariationen (Mitte), koreanisches Wagyu mit Trüffel-Miso Sauce (unten rechts)

Dann erst geht es los. Eine Jacobsmuschel mit koreanischer Yams, Yuzu Gelee, schwarzem Sesam und verschiedenen lokalen Wurzeln betritt meine kleine Bühne am Tresen. Leicht, luftig und von ausgewogenem Zusammenspiel zwischen erdig und säuerlich. Sehr nach meinem Geschmack. Dazu bekomme ich einen Reiswein, der sich anmutig über diese Aromen legt.
Es folgt ein Vanille Dumpling mit Huhn und Topinambur. Für die Brühe seien 16 verschiedene Wurzeln verkocht worden. Es ist eine atemberaubend würzige Brühe, die ganz besonders schön die leichte Vanille akzentuiert. Das Huhn ist knusprig und zart. Ein wirklich wunderschöner Gang.

Dass ich eine gerade obsessive Hingabe zu Miso hege, dürfte jedem klar geworden sein, der meinen Blog aufmerksam liest. Ich liebe Miso. Umso begeisterter war ich, als zum Fischgang ein Silver Cod auf einem Daenjang (koreanisches Miso) Schaum serviert wurde. Mit ein wenig Zucchini und frischem Sancho Pfeffer. Wieder Vanillearomen dazu, doch diesmal im dazu servierten Weißwein. Ziemlich genial, die Kombination.
Die wunderbare Bloggerin Miss Boulette hat mir so viele Tipps zu Seoul gegeben, dass ich ihr unendlich dankbar dafür bin. Sie hat mir auch von dem Kobe-gleichen Fleisch berichtet. Die Königin unter den koreanischen Fleischsorten. Und von dem angeblichen besten Metzger „Born & Bred“, den sie mir beschrieben hat, kommt das Fleisch für meinen Hauptgang. Gegrillt mit einer Trüffel-Miso Sauce, Karottencreme, die wie Ayvar schmeckt und aufregend gewürzt ist. Und ja, liebe Miss Boulette, dieses Fleisch war den Aufpreis zum Menü mehr als wert. Es ist so zart, dass ich es fast an der Zunge zerdrücken kann. Nicht so überladen wie Kobe. Einfach nur göttlich. Und nicht sous vide zubereitet, sondern nur gegrillt. Dazu ein kleiner Gratin-Würfel aus Wurzelgemüsen. Die Weinbegleitung zaubert ein paar Lakritzaromen dazu. Miso und Lakritz, was für eine Entdeckung!

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Mit einem seligen Grinsen im Gesicht linse ich über den Tresen und verfolge das geschäftige Treiben in der Küche, nippe an meinem Rotwein. Ich fühle mich wunderbar in diesem Moment.
Das Dessert greift noch einmal auf eindrucksvolle Weise das Thema, das Credo – neue asiatische Küche – auf und präsentiert sich als Kastanien – Makgeolli Eiscreme (Makgeolli ist trüber koreanischer, eher bäuerlicher Reiswein) zu einem kleinen Kuchen mit fermentierter Ananas. Süß, salzig, ein Hauch bitter. Dazu bekomme ich einen ganz besonders üppigen Reisschnaps, nur einen kleinen, aber groß genug, um noch einmal meiner Einkaufsliste einen Posten hinzuzufügen. Ich werde ihn nur nicht bekommen. Aber das erfahre ich dann auch erst später.

Es ist ein Gefühl von vollkommener Zufriedenheit, als ich bei einer Tasse Wurzeltee und kleinen Pralinen feststelle, dass dieses Menü, dieser Besuch hier, mich irgendwie gerettet hat an diesem Tag. Es hat Seoul für mich vollkommener gemacht und nein, das lag nicht an der Getränkebegleitung. Es war einfach ein ganz tolles Erlebnis. Der ausgezeichnete Service gehört hier auch dazu.
Vielen Dank, liebes Mingles!

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Gangnam – es leuchtet der Herbst

Mingles
94-9 Nonhyeon-dong, Gangnam-gu, Seoul
02-515-7306

www.restaurant-mingles.com

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1 Kommentar

  1. Dein Buch ist fanstastisch…..

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