24. Juli 2017

„Die grüne Stadtküche“ und warum eine Pastinakensuppe auch im Sommer schmeckt [Rezension]

2 Kommentare

Ich hatte meine Gründe, weswegen ich ausgerechnet aus dem frisch erschienenen Kochbuch „die grüne Stadtküche“ von Claudia Hirschberger und Arne Schmidt die eher winterliche Pastinakensuppe ausprobieren wollte. Ich verrate sie auch. Es lag an dem Lakritzpulver. Claudia und ich haben hier eine Vergangenheit. Zusammen kochten wir 2014 ein wunderbares Gericht mit Pilzen, Wodka und Lakritz auf der Frankfurter Buchmesse. Alle waren begeistert davon. Während wir noch auf der Bühne mit den Elementen, sprich, den ungewohnten Küchengeräten kämpften, wurden die ersten Kostproben schon sehnsüchtig erwartet. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Claudia und Arne leben in Berlin und teilen seit einigen Jahren auf ihrem Blog „Food with a view“ ihre kulinarischen Erlebnisse und ganz besonders Fotos von berauschender Intensität. Und so liegt es nahe, dass dieses Buch prall gefüllt ist mit wunderbaren Fotos. Auch die Rezepte sind einzigartig. Sie beschreiben die zutiefst empfundene Sehnsucht der Städter nach dem Land. Die kenne ich und ich teile dieses Gefühl. Ändern möchte ich jedoch ebenso wenig etwas an meiner Wohnsituation, wie es die beiden tun. Man kann prima in der Stadt leben und sich ganz mit der Natur verbunden fühlen, kann seinen eigenen kleinen Garten oder Küchengarten haben, und dennoch die Fluchten aus der Stadt in die Natur immer wieder aufs Neue inszenieren. Und genau das tun die beiden in ihrem Buch. Sie nehmen einen mit durch die Jahreszeiten. Man bekommt das Gefühl, gemeinsam mit den beiden den kleinen Dingen mehr Achtsamkeit zu schenken, Neues und Bekanntes zu entdecken, innezuhalten beim Anblick einer wunderbaren Gartengurke.

Alles, nur kein Fleisch

Natürlich leben die beiden das, worüber sie auch schreiben. Sie essen kein Fleisch und meist auch keine tierischen Produkte. Dafür schwelgen sie in sämtlichen Küchen der Welt, servieren Hoisin-Tempeh und marokkanische Chermoula, alpine Rote-Bete Burger und Buchweizen Galettes. Süßes, Herzhaftes, kleine Gerichte, winterlichen Fruchtpunsch und Bowle. Ein Rausch an Aromen und Farben. Da kann ich gut mitgehen, denn wer vermisst schon etwas, wenn Gemüseküche alles bietet, was das kulinarische Herz begehrt? Eben.

Jetzt, im Sommer

gibt es Salat mit Brombeeren und Pfifferlingen. In den habe ich mich ein bisschen verliebt. Und es gibt Schmorgurken auf Bramata (grober Maisgrieß). Wir wollen nach draußen, wollen an lauschigen Plätzen unsere Decken ausbreiten, eine Terrine aus gegrillten Auberginen mit einer Mirabellen-Rohkostkonfitüre kosten, das Flirren eines Sommerabends beobachten und erleben, wie die Hitze des Tages sich langsam senkt. Dann fahren wir wieder zurück in die Stadt und machen uns vielleicht noch Schlutzkrapfen mit dicken Bohnen und süßsauren Aprikosen.

Gutes braucht Weile

Ahornsirup kennt jeder für seine Pfannkuchen, doch warum nicht mal einen Schlehensirup probieren? Zugegeben, die Zubereitung ist ein wenig aufwendig. Immer wieder werden die Früchte in ihrem Sud aufgekocht, dazwischen durch ein Sieb gegeben und nochmal aufgekocht. Insgesamt viermal. Der Lohn ist bestimmt ein wundervoller Sirup, doch für all jene, die sich ein schnelles Resultat wünschen vielleicht nicht geeignet. Man kann diesem Buch mit gutem Gewissen eine Lehrfunktion in Sachen Achtsamkeit und Hingabe bescheinigen, denn viele der Gerichte brauchen Zeit. Und eine nicht unbeachtliche Menge an Zutaten. Doch hier wird eben nicht mit fertigen Strudelteigblättern gearbeitet, sondern der Teig, ebenso wie die Vanille Sauce werden selbstgemacht.

Was mir besonders gut gefällt

Ich liebe ungewöhnliche Kombinationen wie Emmer Tagliatelle mit Schwarzkohl und Buchweizen-Shiitake oder eine Schokoladen-Avocado Tarte mit Trauben und Feigen. Meine Sinne wollen gekitzelt werden mit aufregenden Kombinationen. Dieses Verlangen deckt dieses Buch in jeder Hinsicht.

Wer wird dieses Buch lieben?

Jeder, der diese Sehnsucht nach Natur, nach natürlichen Produkten und kreativer, vegetarischer und veganer Küche teilt. Wer die zack-zack Küche, schnell und easy will, dem bleiben immerhin die vielen wundervollen Bilder, in denen man versinken kann.
Wir sehen uns auf dem Wochenmarkt!

Pastinakensuppe mit Melde und Lakritz-Haselnüssen

Für 4
800 g Pastinaken
3 El Sonnenblumenöl
3 Schalotten, grob zerhackt
2 Knoblauchzehen
1 getrockneter Shiitake Pilz (ich habe Shiitake Pilzpulver verwendet –Mitbringsel aus Korea)
1,25 L Gemüsebrühe
Meersalz
200 ml Reismilch (ich hatte nur Cashew-Milch, geht damit auch prima)
1 TL Quatre-Épices Gewürzmischung
schwarzer Pfeffer

50 g frisch geröstete Haselnüsse
½ TL Lakritzpulver (ich hab noch einen Hauch Salz dazugetan und die Hälfte fast schon vorher weggeknabbert)

Garnitur
eine Handvoll frischer Portulak (ich konnte leider nur rote und grüne Melde bekommen – köstlich!!)
etwas Orangenabrieb
1 TL Crema die Balsamico
1 EL Walnussöl
Meersalz
Pfeffer

Die Pastinaken schälen und grobe Würfel schneiden. In einem Topf die gehackte Schalotte mit den Knoblauchzehen im Öl anbraten, bis sie duften.
Mit der Brühe ablöschen und die Pastinaken und den Shiitake Pilz dazugeben. 15 Minuten weich köcheln lassen.
Die frisch gerösteten Haselnüsse halbieren und mit dem Lakritzpulver mischen.
Den Orangenabrieb mit Walnussöl und Crema di Balsamico mischen, salzen und pfeffern.
Die Melde/Portulak darin vermengen.
Die Suppe in einem Mixer oder mit dem Pürierstab pürieren und dabei die Reismilch und das Quatre-Épices Gewürz dazugeben. Mehr Milch nehmen, wenn die Mischung zu dickflüssig ist.

Auf Tellern verteilen, mit den Haselnüssen bestreuen und die Melde/Portulak daraufsetzen.

„Die Grüne Stadtküche, Sehen, Sammeln, Gemeinsam Essen“ von Claudia Hirschberger und Arne Schmidt ist im Knesebeck Verlag erschienen.

Hinweis: Links sind Affilitate Links

2 Kommentare

  1. eine wunderbare Rezension und ein wunderbares Rezept! Ich freue mich schon darauf in dem Buch zu blättern.

    Antworten
  2. Liebste Claudia, Deine Rezension berührt uns sehr – tiefer kann man in die Stimmung, aus der heraus dieses Buch entstanden ist, kaum eintauchen und es in schöneren Worten beschreiben. Wir fühlen uns sehr „gesehen“ und verstanden in dem, was wir Der grünen Stadtküche mit auf den Weg geben wollten. 1000 Dank – und wir werden eines Tages wieder zusammen kochen, ganz gewiss, ob in Frankfurt oder anderswo. Dass es für diesen Post die Lakritznüsse geworden sind, ist jedenfalls eine wunderschöne Reminiszenz und Anknüpfung :-).
    Herzlichste Grüße und noch viel Freude mit dem Buch,
    Arne & Claudia

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